Sozialwohnungsverkauf in Wien wackelt

Im Streit über den Verkauf von 3.000 Wiener Sozialwohnungen an einen privaten Investor bezieht nun auch Wohnbaustadträtin Kathrin Gaal Stellung. Sie werde der Landesregierung vorschlagen, den Deal nicht zu genehmigen.

„Wir warten noch die Stellungnahme der Genossenschaft ab, aber nach momentanem Stand werde ich der Wiener Landesregierung vorschlagen, die Genehmigung zu den Anteilsübertragungen zu versagen“, so Wohnbaustadträtin Gaal in einer Aussendung am Mittwoch. Die Stellungnahmen von Revisionsverband (Verband gemeinnütziger Bauvereinigungen) und von der Finanzbehörde beinhalteten „gewichtige Bedenken gegen die Anteilsübertragungen“, begründete Gaal.

Kahtrin Gaal

SPÖ Wien/Christian Fürthner

Wohnbaustadträtin Kathrin Gaal könnte Immobiliendeal rückgängig machen

Streitpunkt eins: Kein Antrag bei der MA 50

Seit einem Jahr dreht sich die Debatte rund um 3.000 gemeinnützige Wohnungen in Wien mit niedrigem Mietzins, errichtet mit öffentlichen Fördergeldern: Der gemeinnützige Wohnbauträger WBV-GÖD (heute WBV-GFW, Anm.) wurde 2015 an die Schweizer Christian Hosp Beteiligungsgesellschaft verkauft.

Verkauf von 3000 Sozialwohnungen: Stadtrechnungshof eingeschaltet

ORF

In Wien errichtete der Gemeinnützige Wohnbauträger GFW 3.000 Wohnungen

Drei Gutachten sowie auch die Wiener Oppositionsparteien FPÖ und NEOS bezweifelten, dass die Anteilsübertragung an den jetzigen Eigentümer rechtmäßig abgelaufen ist. Ins Treffen wird unter anderem eine fehlende Genehmigung geführt. Für den Verkauf hätte ein Antrag bei der MA 50 gestellt werden müssen, dieser hätte von der Wiener Landesregierung abgesegnet werden müssen.

Wohnbaustadträtin: „Rechtslage war uneindeutig“

Die Rechtslage zum Zeitpunkt des Verkaufs sei uneindeutig gewesen, heißt es aus dem Büro der Wohnbaustadträtin und vom jetzigen Eigentümer. Der Bundesgesetzgeber habe die betreffende Gesetzeslage erst im Frühjahr nachgeschärft - weshalb nun der neue Eigentümer der Sozialwohnungen, Christian Hosp, nachträglich einen Antrag für den Verkauf bei der MA 50 eingebracht hat.

Der Antrag wird der Landesregierung, also allen Stadträten (inklusive den nicht amtsführenden), voraussichtlich im Herbst zur Abstimmung vorgelegt. Parallel dazu kündigte die FPÖ an, den Stadtrechnungshof die Causa prüfen zu lassen - mehr dazu in 3.000 Sozialwohnungen verkauft: Prüfer am Zug.

Wirbel um Verkauf von Sozialwohnungen

Jetzt soll der Stadtrechnungshof den Deal prüfen. „Wien heute“ hat von den zuständigen Personen Stellungnahmen eingeholt.

Streitpunkt zwei: Ist Eigentümer im Baugewerbe tätig?

Denn neben den Streitigkeiten rund um die fehlende Genehmigung wurde vom Revisionsverband auch festgestellt, dass der neue Eigentümer im Baugewerbe tätig sei, was gemäß Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz verboten ist. Der Eigentümer bestreitet das.

„Ich bin kein Angehöriger des Baugewerbes. Neben meiner hauptberuflichen Tätigkeit als Asset Manager nehme ich - und das ist durchaus üblich - unterschiedliche Kontrollfunktionen in Aufsichtsräten, Beiräten und vergleichbaren Gremien wahr. Eine dieser Funktionen betraf ein Unternehmen, das Aluminium-Profile herstellt“, teilte Christian Hosp, neuer Eigentümer der WBV in einer Aussendung am Dienstag mit. Zur Vermeidung jedes Zweifels habe er diese Funktion mittlerweile beendet.

NEOS: „In letzter Sekunde Vernunft eingekehrt“

Zufrieden zeigt sich NEOS-Wien-Wohnbausprecher Stefan Gara nach der Ankündigung von Wohnbaustadträtin Gaal, dem umstrittenen Verkauf von 3.000 Sozialwohnungen doch nicht zuzustimmen: „Es scheint in letzter Sekunde auch bei der Wiener SPÖ Vernunft einzukehren. Dass die Wohnbaustadträtin nach tagelanger Tauchstation nun endlich eine Reaktion zeigt, ist auf den massiven öffentlichen Druck zurückzuführen." Warum die Wiener SPÖ diesen Deal so lange geschützt habe, sei aber weiterhin ein Rätsel.

Auch vom Wiener FPÖ-Klubobmann Johann Gudenus heißt es am Mittwoch in einer Aussendung: „Dass es so viel Druck von allen Seiten gebraucht hat, damit gesetzeskonform gehandelt wird, ist ein Armutszeugnis für die Wiener SPÖ."