Ludwig: SPÖ „immer vorbereitet“ auf Wahlen

Michael Ludwig (SPÖ) ist seit fast 100 Tagen Bürgermeister. Mit Alkohol- und Essverboten hat er erste Projekte umgesetzt. An der Koalition mit den Grünen hält er fest, sagt aber: „In Stein gemeißelt ist in der Politik gar nichts“.

„Ich gehe prinzipiell davon aus, dass sich alle Beteiligten an dem Regierungsübereinkommen orientieren“, sagt Bürgermeister Michael Ludwig im „Wien heute“-Interview anlässlich seiner ersten 100 Tage im Amt. Von vorgezogenen Neuwahlen geht er nicht aus. Die Suche nach einem Grünen Spitzenkandidaten hatte zuletzt für Unsicherheit gesorgt, David Ellensohn forderte etwa, dass Maria Vassilakou ihr Amt als Vizebürgermeisterin abgibt, falls sie die Grünen nicht in die nächste Wahl führt. Für Ludwig bleibt aber weiterhin Vassilakou die Ansprechpartnerin.

Michael Ludwig im Gespräch mit Paul Tesarek

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Michael Ludwig im Gespräch mit ORF-Wien-Chefredakteur Paul Tesarek

SPÖ ist „so gut vorbereitet, wie schon lange nicht“

Klar sei allerdings, „dass man sich auch entscheiden muss, ob man für die Oppositionsrolle oder für eine Beteiligung in der Stadtregierung steht“. Sollte es zu Neuwahlen kommen, wäre die SPÖ Wien allerdings „so gut vorbereitet, wie schon lange nicht“. Seit der internen Wahl zum Parteivorsitz hätte die Partei nach einer „tiefgreifenden Aussprache“ alle Möglichkeiten geschärft, wie Ludwig im Interview sagt.

Nachdem er zuletzt gemeinsam mit dem Präsidenten der Wiener Wirtschaftskammer (WKW), Walter Ruck, ein Programm zur Stärkung der Wiener Wirtschaft präsentiert hat, wurde über eine Annäherung zur ÖVP spekuliert. Ludwig schließt das im Interview nicht explizit aus, sagt aber: „Ich sehe da immer die Interessenslage. Der Präsident der WKW hat ein starkes Interesse, die Unternehmen und die Wirtschaft zu vertreten. Die Kooperation mit politischen Parteien erfolgt dann immer auf einer anderen Ebene.“

Alkoholverbot Praterstern

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Alkoholverbot am Praterstern, Essverbot in den U-Bahnen

In U-Bahnen „nicht ins Fett greifen“

In den ersten 100 Tagen haben vor allem Sicherheitsthemen, wie das Alkoholverbot am Praterstern und das Essverbot in den Wiener U-Bahnen, die politische Agenda des Bürgermeisters dominiert. Einen plötzlichen Wechsel zu einer „Law-and-Order“-Politik sieht Ludwig darin nicht: „Mir war immer schon wichtig, dass Ordnung und Sicherheit in einer Großstadt wie Wien eine große Rolle spielen.“ Er hätte auch schon als Wohnbaustadtrat mit der Videoüberwachung in Tiefgaragen umstrittene Projekte umgesetzt.

Er wolle, dass für die Bevölkerung im öffentlichen Raum und in öffentlichen Verkehrsmitteln eine angenehme Situation herrscht, und wenn man sich in der U-Bahn festhält, „dass man da nicht ins Fett greift oder Essensreste auf den Sitzen liegen“, sagt Ludwig. Der Plan für die kommenden Monate sei im Stadtsenat bereits fixiert worden. Neue Verbote seien nicht vorgesehen, der Fokus liege jetzt auf dem Wirtschaftsstandort Wien. In einer Regierungsklausur am 6. September sollen darüberhinaus gemeinsame Projekte der Stadtregierung erarbeitet werden.

Michael Ludwig

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Sicherheit sei nicht erst seit seinem Amtsantritt ein wichtiges Thema

Kein Fernbusterminal am Verteilerkreis

Ungereimtheiten könnte es da beim Thema Fernbusterminal geben. Erst am Dienstag hatte die Vizebürgermeisterin sich in Radio Wien erneut für den Verteilerkreis als Standort ausgesprochen. Ludwig schiebt dem nun einen Riegel vor: „Es ist ganz wichtig, die Bevölkerung miteinzubeziehen und ich höre da ganz stark auch auf die Meinung der Bezirksvorsteherinnen und –vorsteher. Deshalb ist der Verteilerkreis für mich keine Option.“ Der Favoritner Bezirksvorsteher, Marcus Franz (SPÖ), habe ihn mit Argumenten überzeugen können.

Wohin der Busterminal im Endeffekt kommen soll, lässt Ludwig aber offen: „Es gibt andere Standorte, die derzeit geprüft werden und ich bin sicher, dass wir eine Lösung finden.“ Zuletzt war auch der Standort Waldmanngründe beim Hauptbahnhof im Gespräch, welche Standorte geprüft werden, wollte der Bürgermeister aber nicht sagen, um keine unnötige Aufregung zu erzeugen, wie er sagt.

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Michael Ludwig im Interview

Anlässlich seiner ersten 100 Tage im Amt hat ORF-Wien-Chefredakteur Paul Tesarek den Wiener Bürgermeister, Michael Ludwig (SPÖ), zum Interview gebeten.

Kritik an Kinderbetreuungsplänen

Kein gutes Haar lässt Ludwig an den Plänen der Bundesregierung zur Kinderbetreuung: „Die Verknüpfung von finanziellen Leistungen mit inhaltlichen Themen, die nicht klar definiert sind, ist unzulässig.“ Er kritisiert, dass gerade die SPÖ-geführten Bundesländer aus den Vorbereitungsarbeiten ausgeklammert wurden. Zahlreiche Unklarheiten könnten daher nicht geklärt werden.

Die finanziellen Leistungen sind außerdem an andere Regelungen gekoppelt. Darunter fällt auch ein Kopftuchverbot in Kindergärten und ein „Wertekatalog“. Das missfällt Ludwig: „Die Verknüpfung von finanziellen Leistungen mit inhaltlichen Themen, die nicht klar definiert sind, ist unzulässig.“ Deswegen drängt er auf rasche, klärende Gespräche.

red, wien.ORF.at

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