Die wundersame Welt der Madame Baheux

„Frauenpower wäre eine Untertreibung“, befand die Fachpresse über die Wiener Band Madame Baheux. Die vier Musikerinnen "mit Balkanwurzeln“ stellen am Donnerstag im ORF-RadioKulturhaus ihre neue CD „Too Big to Fail“ vor.

Mit Zitaten aus allen Phasen der Rockgeschichte, punkigen Ausbrüchen der charismatischen Leadsängerin Jelena Poprzan, satirischen Songs, melancholische Balladen, wuchtigen Balkanparaphrasen, jazzinspirierter Kunstmusik: Mit ihrer zweiten CD liefert das Frauenquartett ein dichtes Werk ab, das sich kaum in eine Kategorie pressen lässt und auch seinen rechtmäßigen Platz in den Bereichen Underground, Independent oder Singer/Songwriter einnehmen kann.

Wiener Band Madame Baheux

Igor Ripak

Lina Neuner (Bass), Jelena Poprzan (Bratsche und Stimme), Maria Petrova (Percussion) und Ljubinka Jokic (Gitarre)

„Wir kennen nur ein Genre: Madame Baheux“

„Vielleicht könnte man für die Musik von Madame Baheux ja einen gänzlich neuen Begriff verwenden. Wie wäre es mit, Art-Worldmusic’?“ schlug entsprechend Michael Ternai vom Music Information Center Austrian (mica) vor. Dem schwedischen Musikjournalisten Alexander Agrell fiel bei ihrem Konzert in Malmö jüngst gar Frank Zappa ein. „Hochenergetisch und verrückt-virtuos“, nennt sie Silvia Handke vom „Deutschlandfunk“.

Cover der Wiener Band Madame Baheux

Igor Ripak

Das neue CD-Cover

Vor sieben Jahren brachten sie frischen Wind in die Szene – vier junge Migrantinnen (lediglich Bassistin Lina Neuner ist gebürtige Österreicherin), die ohne Scheu mit heimischen Codes spielen konnten, mit frechem Witz und mitreißender Dynamik aber zugleich ein Exempel statuierten, wie feminine Unangepasstheit aussehen kann. „Wir kennen nur ein Genre. Und das heißt Madame Baheux“, sagt Poprzan gegenüber ORF.at. „Musikern sind die Einordnungen nicht so wichtig wie den Journalisten und dem Musikvertrieb. Den Musikkonsumenten auch nicht.“

„Grenzen nur in den Köpfen“

Auffällig ist das Faible der bosnischen Gitarristin Ljubinka Jokic für 70er-Jahre-Sounds, Wah-Wah-Effekte und verspielte String-Orientalismen. Led Zeppelin lassen grüßen. Neuner steuert spannende Kompositionen mit starkem Jazzfeeling bei. Souverän an den Drums sowie diverser Percussion agiert die aus Bulgarien stammende Maria Petrova (bekannt durch die Wiener Tschuschenkapelle).

Frontfrau und Bratschistin Poprzan ist mit ihrem komödiantischen Talent und ihrer beeindruckenden Vokalakrobatik das stets zwinkernde Auge des „Live-Tornados“, den schon etliche Journalistinnen und Journalisten sowie Konzertbesucherinnen und Konzertbesucher beschrieben haben. Nicht nur ihre Kampfansage an den Ohrwurm („How Many Times I’ve Heard This Song“) oder der Text zur Lina-Neuner-Komposition „Technoidl“ beweisen dies.

Wiener Band Madame Baheux

Igor Ripak

„Die Grenzen sind in den Köpfen. Aber nicht in unseren.“

„Ich habe schon österreichische Jodler gesungen, persische, sephardische, griechische, iroschottische Musik interpretiert, ich spiele Neue Musik, Chansons von Charles Aznavour“, so Poprzan. „Ich weiß nicht, welche Kultur mir näher ist als eine andere.“ Es gebe keine Musik, die nicht Fusion war. „Das mit dem Grenzen überschreiten ist ein bisschen blöd. Die Grenzen sind in den Köpfen. Aber nicht in unseren. Folglich überschreiten wir auch keine“, sagt die serbische Musikerin.

Bahö heißt Aufruhr machen

Ein wichtiger Faktor ist Poprzans langjährige Zusammenarbeit mit ihrem Partner, dem Schriftsteller Richard Schuberth, der mit dem Titelsong „Too Big to Fail“ (einem Lied über die „Amour fou zwischen Staat und Finanzsektor“), einem „Mikl-Leitner-Blues“ (einer Leihgabe aus dem Bühnenerfolg „Traiskirchen. Das Musical“), der Polit-Swing-Hymne „We’ll Change the World“ und einer bulgarisch klingenden Instrumentalkomposition auf der neuen CD vertreten.

Hinweis:

Madame Baheux präsentiert ihre CD „Too Big to Fail“ am Donnerstag, 4. Oktober, um 19.30 Uhr im RadioKulturhaus.

Ob nun World-Music, Rock, Jazz, Singing-Songwriting oder Kunstmusik – Madame Baheux bringen frische Frauenpower in die heimische Musikwelt. Das drückt auch der Bandname aus: Baheux ist nichts weniger als die Französisierung des wienerischen Bahö. Und das kommt vom jiddischen Behole. Bahö heißt so viel wie Aufruhr machen. Selten klang ein Bahö spannender als bei Madame Baheux.

Armin Sattler, ORF.at

Links: