Blick ins eigene Archiv: Schiele im Belvedere

„Wege einer Sammlung“ werden aktuell im Unteren Belvedere nachgezeichnet: In der dortigen Orangerie widmet man sich nämlich anlässlich des 100. Todestags dem Werk von Egon Schiele in einer gleichnamigen Ausstellung.

Der Fokus liegt dabei auf den Werken aus dem eigenen Haus. Dass diese Auswahl eine oft wechselvolle Geschichte vorzuweisen hat, ist nicht die einzige Tatsache, an die herangezoomt wird. 20 Werke, darunter 16 Gemälde, umfasst die Belvedere-Sammlung zum Jubilar. Zudem war die Österreichische Galerie das erste heimische Museum, das ein Werk Schieles angekauft hat.

„Fact-Finding-Mission“ zu 90 Objekten

Was seitdem mit seinen Werken passiert ist, dem hat sich Kuratorin Kerstin Jesse über mehrere Jahre hinweg gewidmet. So begegne man in der Schau auch „der Sammlung einst und heute“, wie Generaldirektorin Stella Rollig betonte. „Man kann es wie eine Fact-Finding-Mission sehen, die akribisch recherchiert wurde und in vielerlei Hinsicht neue Erkenntnisse gebracht hat.“

Unter den mehr als 90 Objekten finden sich naturgemäß Gemälde wie „Hauswand (Fenster)“, „Tod und Mädchen“ oder auch „Mutter mit zwei Kindern III“. Aber man erfährt als Besucher auch, welche Arbeiten sich vormals im Besitz des Belvedere befanden. Als prominente Leihgaben sind in der dicht gehängten Präsentation das „Bildnis Wally Neuzil“ oder „Kardinal und Nonne (Liebkosung)“, beides aus dem Leopold Museum, auszumachen. Weiters hat die Albertina Werke beigesteuert und auch einige private Leihgeber konnten vom Vorhaben überzeugt werden.

Geschichte von Tausch und Restitution

Denn Egon Schiele und das Belvedere, das ist auch eine Geschichte von Ankauf, Verkauf, Tausch und Restitution. Besonders die Tauschgeschäfte hätten in diesem Zusammenhang das Interesse von Jesse geweckt. „Sie muten heute etwas merkwürdig an, waren aber bis in die frühen 1990er Jahre ein Thema im Belvedere und wurden damals teils noch durchgeführt.“ In den Vorbereitungen hat die Kuratorin auch Kontakt zur Familie von Herbert Reiner aufgenommen, den Schiele als „Reinerbub“ 1910 porträtiert hat - und erfahren, dass der Name bisher meist falsch als Rainer geschrieben wurde.

Ergänzt wird die Ausstellung durch etliche Vitrinen mit Archivalien, die hinter die Kulissen des Museums blicken lassen. Quittungen und Korrespondenzen überbrücken dabei einen Zeitraum von beinahe 100 Jahren, wurde doch zuletzt 2003 ein Schiele vom Belvedere erworben. Unter Gerbert Frodl kam damals das „Bildnis Dr. Franz Martin Haberditzl“ ans Haus, also das Porträt jenes Direktors, der wiederum 1917 das erste Werk des Künstlers angekauft hat. Aber nicht nur bei dieser Arbeit schließt sich gewissermaßen ein Kreis, auch andere Sujets werden mit Vorarbeiten und Skizzen ergänzt oder von korrespondierenden Bildern anderer Künstler begleitet.

Röntgenbilder der Werke

Ganz tief hinein führen die Besucher schließlich auch maltechnische Untersuchungen, die extra für die Schau von den Belvedere-Schieles angefertigt wurden: Seit 2016 hat das Museum nämlich eine digitale Röntgenanlage, die nun auch bei diesen Werken Anwendung fand. „Es haben sich sehr spannende Ergebnisse gezeigt, die auch für die Restaurierung selbst wichtig sind, um den Zustand der Bilder zu sehen oder auch kompositorische Änderungen zu erkennen“, erläuterte Jesse. Den meist großformatigen Schiele-Gemälden sind nun diese Details zur Seite gestellt, lenken den Blick auf sonst unersichtliche Details und sind auch im Wechselspiel mit Makro-Aufnahmen eine mehr als interessante Ergänzung.

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