Tourismus-Kampagne verdeckt „Kuss“

Selfies hier, Selfies da, Fotos, bis das Essen kalt ist: Ein großer, roter Hashtag verdeckt für die aktuelle Werbekampagne von WienTourismus Klimts „Kuss“ im Belvedere. Es ist eine Aktion gegen Selfiewahn und für genussvolleren Tourismus.

„Wien bietet die Erlebnisse einer Metropole ohne die Stressfaktoren einer Metropole, das zeichnet uns im Vergleich zu unseren Mitbewerbern aus“, betonte Tourismusdirektor Norbert Kettner. Mit der Aktion sollen Besucherinnen und Besucher angeregt werden, die Stadt und ihre Attraktionen bewusster und mit allen Sinnen zu genießen. Mit einer Portion Humor stellt die Kampagne Wiens Zugang zur Digitalisierung dar, „bei der wir nach wie vor den Menschen, seine Erlebnisse und Genussmomente in der Destination in den Mittelpunkt stellen“.

WienTourismus-Direktor Norbert Kettner vor Klimt-Kopie mit Hashtag

WienTourismus / Paul Bauer

WienTourismus-Direktor Norbert Kettner vor Klimt-Kopie mit Hashtag

Was die Aktion keinesfalls sein soll, ist eine Kampagne gegen Selfies, sagte Kettner auch. „Unsere Kampagne soll wohlgemerkt kein Fingerzeig und erst recht kein Plädoyer gegen die Sozialen Medien sein. Wir nutzen sie im Tourismusmarketing ja selber sehr intensiv für unsere Botschaften, selbst im Rahmen dieser Aktion.“ Selfies & Co sind also gerne weiter gesehen, vielleicht aber etwas weniger oft und souveränder im Gebrauch.

„Digitale Entgiftung“: Wien hinter den Fotos erleben

Der große, rote Hashtag verdeckt im Belvedere für drei Tage lang eines der berühmtesten Bilder des Landes: Gustav Klimts „Kuss“. WienTourismus ruft mit seiner aktuellen Kampagne in Deutschland und Großbritannien zum genussvollen Reisen auf und greift damit auch den weltweiten Trend zur „digitalen Entgiftung“ auf. Sich vor dem weltberühmten Bild in Pose zu stellen, fotografieren, Aufnahme überprüfen, nochmal fotografieren, einen digitalen Filter darüber legen, Hashtag und teilen - sieht das ideale Urlaubserlebnis im Jahr 2018 tatsächlich so aus?

Out of Home Kampagne Deutschland (Checkpoint Charlie Berlin)

WienTourismus/Sebastian Woithe

Out of Home Kampagne Deutschland (Checkpoint Charlie Berlin)

Die Botschaft, die die Werbekampagne verbreiten will, ist eine andere: Sie zeigt Reisende, die mehr mit ihrem Smartphone denn der eigentlichen Attraktion beschäftigt sind. Im Hintergrund der Sujets sind klassische Wien-Attraktionen zu sehen, ins Bild gesetzt wird aber die skurrile Situation des Fotografierens. Ein großer Hashtag in der Bildmitte verstellt zusätzlich die Sicht und steht pars pro toto für eine verlorengegangene Freiheit, den Urlaub in all seinen Facetten uneingeschränkt genießen zu können.

# (Hashtag)

Ein Hashtag ist ein mit Doppelkreuz versehenes Schlagwort, das dazu dient, Nachrichten mit bestimmten Inhalten oder zu bestimmten Themen in sozialen Netzwerken auffindbar zu machen - mehr dazu in # hashtag (Wikipedia)

Die Botschaft lautet: „Wien sehen – nicht #Wien. Genieße die Stadt hinter Deinen Fotos!“. Sie ist in Deutschland auf rund 700 City Lights, auf Plakaten in Londons U-Bahn und großflächig in der Waterloo- sowie Liverpool-Station und am Cover des Monatsmagazins „Balance“ zu sehen. Online wird die Zielgruppe auf Instagram, Facebook und per Bannerwerbung erreicht. Auf unhashtag.vienna.info wird Wiens Botschaft vertieft.

„Vienna, not #Vienna“

Neben der Kampagne im Ausland gibt es für Wien-Besucher auch eine spezielle Sofortbildkamera-Aktion in der Tourist-Info. Bei der Ankunft am Flughafen Wien werden Reisende auf den Bildschirmen der Gepäckabholung begrüßt: „Welcome to Vienna. Not #Vienna“. Bei der Tourist-Info am Albertinaplatz können sie den gesamten November über kostenlos Sofortbildkameras ausborgen und ihrem Handy eine Pause gönnen. Bei nur zehn möglichen Aufnahmen bleibt ausreichend Zeit, Wien in vollen Zügen zu genießen.

Klimts "Kuss" mit Hashtag überklebt

WienTourismus / Paul Bauer

Echtes Wien statt digitalem Wien

Und selbstverständlich können Besucher auch Klimts „Kuss“ im Original bewundern. Denn verhängt ist nur eine Kopie, das an der Stelle des Originals im Belvedere aufgehängt wurde. Das Original hängt unverdeckt nur einen Raum weiter. Mitarbeiter von WienTourismus stellen sicher, dass niemand den echten „Kuss“ versäumt.

„Wir machen bei dieser Aktion mit, weil wir uns als Museum genau im angesprochenen Spannungsfeld zwischen digitaler Kommunikation und Kunstgenuss bewegen. Wir ermöglichen das Fotografieren in unseren Ausstellungsräumen und freuen uns über Social Media Beiträge, gleichzeitig ist uns wichtig, dass unsere Besucher die Kunstwerke in Ruhe erleben können. Hier eine Balance zu finden, ist eine tägliche Herausforderung“, sagte Stella Rollig, Generaldirektorin Belvedere.

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