Rechtsstreit um Anrainerparkplätze spitzt sich zu

Ein Rechtsgutachten der Bezirke Josefstadt und Innere Stadt kommt zu dem Schluss, dass die Öffnung der Anrainerparkzonen in Wien vor dem Verfassungsgerichtshof nicht standhielte. Unter anderem gebe es Verfahrensfehler.

Mit 1. Dezember werden Anrainerparkplätze in Wien untertags von 8.00 bis 16.00 Uhr auch für den Lieferverkehr und Sozialdienste geöffnet. Die Bezirke Innere Stadt und Josefstadt wehren sich vehement dagegen - mehr dazu in Anrainerparken: Öffnung für Lieferanten.

Die Bezirskvorsteher Markus Figl (1. Bezirk) und Veronika Mickel (8. Bezirk; beide ÖVP) haben sich dafür Unterstützung von Verfassungsrechtler Bernhard Raschauer geholt. „Jede Wette: Das hält vor dem Verfassungsgerichtshof nicht“, lautete sein Fazit am Donnerstag.

Verordnung könnte 2020 wieder aufgehoben werden

Raschauer, der von den beiden ÖVP-geführten Bezirken mit einem Gutachten beauftragt worden war, sieht die entsprechende Verordnung der Stadt aus mehreren Gründen als nicht rechtskonform an. So fehle etwa die Erhebung wichtiger Daten - etwa bezüglich Folgewirkungen auf die Parkplatzsituation für Anrainer durch die Öffnung. Angesichts des bevorstehenden „Systemwechsels“ brauche es aber eine derartige Grundlage.

Parkschild

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Das politische Gerangel um Anrainerparkplätze könnte für Chaos sorgen

Weiters führt der Jurist ein Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs (VfGH) ins Treffen. Dieser habe Ende 2016 festgehalten, dass es das Ziel von Anrainerparkzonen sei, der Wohnbevölkerung ausreichend Parkplätze in der Nähe ihrer Wohnung zu verschaffen und den Parkplatzverkehr zu reduzieren. Der Jurist glaubt, dass nach entsprechenden Gerichtsverfahren die gesamte Verordnung in eineinhalb Jahren aufgehoben wird.

Die bisher und aktuell noch geltende Regelung - also ohne die künftig vorgesehenen Ausnahmen für Lieferverkehr etc. - sei als „erforderlich“ beurteilt worden. „Wenn die Wirkung einer höchstgerichtlich als erforderlich anerkannten Maßnahme nachträglich (durch die Öffnung, Anm.) reduziert wird, so indiziert dies per se die Gesetzeswidrigkeit der Änderung“, heißt es auf Seite sechs des Gutachtens.

Gutachten gegen Anrainerparken

Der Streit um das Anrainerparken geht in die nächste Runde: Die ÖVP-Bezirke Josefstadt und Innere Stadt legen jetzt ein neues Gutachten vor.

Viele Anrainerparkplätze stehen untertags leer

Kritik mussten die beiden Bezirksvorsteher indes von Wiens schwarzem Wirtschaftskammer-Präsidenten Walter Ruck einstecken. „Interessant ist, dass die anderen Bezirke den Sinn und das große Ganze in dieser Maßnahme sehen“, zeigte Ruck in einem „Presse“-Interview am Donnerstag wenig Verständnis für die Ablehnung seiner beiden Parteifreunde.

Tagsüber seien viele Anrainerparkplätze sowieso unbenutzt. Sie könnten nun von Handwerkern und Zuliefern genutzt werden. Der Kammerchef hatte die Öffnung mit Vizbürgermeisterin und Verkehrsstadträtin Maria Vassilakou (Grüne) vor geraumer Zeit paktiert. Mickel konterte in der Pressekonferenz, in ihrem Bezirk gebe es schon jede Menge Ladezonen für die Wirtschaftstreibenden. Figl monierte, rund 1.500 Anrainerparkplätze in der City stünden dann etwa 20.000 parkberechtigten Unternehmern aus ganz Wien entgegen.

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