Experten gegen härtere Drogenstrafen

Die Bundesregierung überlegt, Drogenkonsumenten schon beim ersten Mal, wenn sie beim Konsum von Suchtmitteln erwischt werden, zu strafen. Suchtexperten und Jugendrichter kritisieren diesen Plan.

In Wien gilt bisher die Maxime „Therapie statt Strafen“: Wer derzeit beim Rauchen eines Joints oder mit einer kleinen Menge anderer Drogen für den Eigenbedarf zum ersten Mal erwischt wird, hat strafrechtlich nichts zu befürchten. Denn bei Erstkonsumenten meldet die Polizei den Fall der Gesundheitsbehörde, dort entscheidet dann ein Amtsarzt, ob die Person eine Therapie oder regelmäßige Kontrolluntersuchungen braucht. Hält sich der Klient daran und wird bis zu zwei Jahre lang nicht noch einmal erwischt, gibt es keine Anklage.

Jugendrichterin Beate Matschnig

ORF

Die Jugendrichterin Beate Maltschnig hält den Vorschlag für „absurd“

Drogenanzeigen in zehn Jahren verdoppelt

Allein im vergangenen Jahr sind so über 8.500 Personen in Wien einer Vorstrafe entgangen. Für Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) der falsche Weg, wie er in der Zeit im Bild sagte: „Deswegen ist es vielleicht dann doch klüger, mit Strafmaßnahmen hineinzugehen, ohne den jungen Menschen das ganze Leben zu verbauen.“

Als Argument legt der Minister die Anzeigenstatistik vor. Auch wenn die Anzeigen nach dem Suchmittelgesetz heuer um sieben Prozent zurückgegangen sind, haben sie sich in den vergangenen zehn Jahren verdoppelt. Für den Wiener Drogenkoordinator, Ewald Lochner, ist das trotzdem kein Grund, etwas an der Drogenpolitik zu ändern: „Den Probierkonsum von Jugendlichen zu bestrafen ist in jeder Form abzulehnen. Das verändert Lebensläufe von Jugendlichen. Das bedeutet, dass junge Menschen weniger Chancen haben, und das kann nicht sein.“

Jugendrichterin: Pläne „absurd“

Auch die langjährige Jugendrichterin Beate Matschnig kritisiert Kickls Vorschlag: „Ich kann nicht verstehen, wie man jahrzehntelange wissenschaftlich fundierte Erkenntnisse einfach für nichtig erklärt. Noch dazu, wo das im ganzen Westen so ist: Überall ist klar, jemand der Suchtmittel nimmt, ist nicht kriminell, sondern krank.“ Sie hält die Überlegungen für „absurd“.

Kritik an Verschärfung des Drogengesetzes

Innenminister Herbert Kickl will „Drogen-Einsteiger“ härter bestrafen. Von Drogenkoordinatoren kommt Kritik.

Die Zahl der Drogenkranken in Wien liegt laut Stadt übrigens trotz der steigenden Anzeigen seit Jahren bei rund 14.000 - nur fünf bis acht Prozent davon sind minderjährig. Ab wann es für Drogeneinsteiger tatsächlich Strafen gibt, ist unklar. Der Innenminister will nächstes Jahr Gespräche mit Justizminister Josef Moser (ÖVP) führen und keinesfalls Gras über die Sache wachsen lassen.