Caner: Laut Anklage floss Geld in Villen und Jacht

Der Betrugsprozess um die Milliardenpleite des Immobilienkonzerns Level One Group unter Cevdet Caner 2009 ist am Dienstag fortgesetzt worden. Laut Anklage floss das Geld in „Autos, Villen, Jachten, einen Privatjet“.

Befangenheitsvorwürfe gegen den Sachverständigen wurden abgewiesen.Die Staatsanwältin Martina Semper wirft dem Hauptangeklagten, dem früheren Level-One-Chef Caner, und den fünf Mitangeklagten schweren gewerbsmäßigen Betrug, betrügerische Krida, Verabredung zu einer kriminellen Organisation und Geldwäsche vor. Dadurch sollen Banken und Anleihezeichner um insgesamt 145 Mio. Euro geschädigt worden sein. Für alle Beschuldigten gilt die Unschuldsvermutung.

Staatsanwältin: „Loch auf, Loch zu“

Semper wirft den Angeklagten vor, von Anfang an nach dem Prinzip „Loch auf, Loch zu“ agiert zu haben. Sie hätten sämtliche Immobilienkäufe fremdfinanziert und das Risiko zur Gänze an die Banken und Anleihengläubiger abgewälzt. Sie hätten von Anfang an höhere Kredite aufgenommen als für den Erwerb der Liegenschaften notwendig gewesen wäre.

Die Differenzbeträge seien in die Taschen der Angeklagten gewandert und für „tolle Autos, Villen, Jachten, einen Privatjet“ ausgegeben worden. Bestehende Kredite seien durch neue, höhere Kredite refinanziert worden. Daneben seien Level-One-Anleihen vertrieben worden, wobei den Anlegern suggeriert worden sei, dass die Investitionen grundbuchbesichert und risikolos seien. Zinsen seien nicht aus Erträgen ausgeschüttet, sondern mit Geld von neuen Anlegern finanziert worden.

Verteidiger: „Projekt wegen Krise gescheitert“

Caner sei der „Kopf der Organisation, Entscheidungsträger und letzte Instanz“ gewesen, führte die Staatsanwältin aus. Die Mitangeklagten seien Teil der „kriminellen Vereinigung“ gewesen, sagte Semper. Für Anwalt Michael Rohregger war Caner jedoch kein Täter, sondern ein Opfer, dem die internationale Finanzkrise der Jahre 2007/2008 kurz vor dem geplanten Börsengang einen dicken Strich durch die Rechnung gemacht hat. „Ja, das Projekt ist wegen der Wirtschaftskrise gescheitert, aber das ist nicht strafbar“, sagte Rohregger.

Ohne die Finanzkrise wäre das Immobilienportfolio der Level One heute ein Vielfaches wert und niemand hätte Geld verloren. Nach Ausbruch der Krise sei Level One in Finanzierungsschwierigkeiten geraten und die Gläubigerbank Credit Suisse habe das Unternehmen zerschlagen.

Anträge gegen Sachverständigen abgewiesen

Anträge der Anwälte von Caner und der fünf Mitangeklagten auf Nichteinbeziehung des Sachverständigen Martin Geyer wegen Befangenheit und auf eine Verschiebung der Hauptverhandlung wurden zu Beginn der Sitzung am Dienstag vom Gericht abgewiesen. Der Sachverständige Geyer habe bei den Ermittlungen gegen die angeklagten Level-One-Manager nicht eigenständig gehandelt, sondern unter Anleitung der Staatsanwaltschaft und sei daher nicht befangen, begründete der vorsitzende Richter Michael Tolstiuk die Entscheidung.

Die ebenfalls beantragte Verschiebung wegen einer möglichen Anklage gegen einen weiteren mutmaßlichen Mittäter hätte das Verfahren ebenfalls zu sehr verzögert, die Republik Österreich sei am 20. September 2018 bereits vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte wegen überlanger Verfahrensdauer zu einer Geldstrafe verurteilt worden, sagte Tolstiuk.

Fortsetzung am Donnerstag

Noch keine Entscheidung gibt es über den von Caners Anwalt Rohregger gestellten Antrag auf sofortigen Freispruch mit der Begründung, dass es bereits in Deutschland Ermittlungen in der Sache gegeben habe, die von der Staatsanwaltschaft Berlin allerdings rechtskräftig eingestellt worden seien. Hierzu will das Gericht noch Auskünfte von der Staatsanwaltschaft Berlin einholen. Die Verhandlung wird am Donnerstagvormittag fortgesetzt.