Wurm als Zeichner in der Albertina

Erwin Wurms Schaffen ist nicht nur auf seine „One Minute Sculptures“ beschränkt, mit denen er international berühmt wurde. Die Albertina zeigt 300 Werke von Wurm, dem Zeichner.

„Eigentlich ist das nicht zum Lachen“, sagte Klaus Albrecht Schröder, der Direktor der Albertina. Weder die „One Minute Sculptures“ noch Werkgruppen wie die Asthma-Zeichnungen, die in der neuen Ausstellung „Peace & Plenty“ gleich im Entree versammelt sind. Lachen, so Schröder, „ist der letzte Selbstschutz“. Und für diese Schutzreaktion bringt der Albertina-Direktor durchaus Verständnis auf. Nicht jeder sei nun einmal bereit, „die sinnentleerte Welt zu erkennen“.

Männer, die auf Gurken starren

Für Wurm ist sie dagegen ein ständiger Begleiter, blinzelt unverhohlen aus jeder seiner kleinen, raschen Arbeiten auf Papier. Die Zeichnung „ist das täglich Brot des Künstlers“, so Wurm. „Das machen wir alle jeden Tag. Manchmal ist es bescheuert, manchmal etwas besser.“ Nur wenige der Blätter - Zeichnungen, aber auch Aquarelle - sind Skizzen und Studien für Skulpturen, die Mehrheit steht als autonomes Werk da. Kuratorin Antonia Hoerschelmann hat sie zwecks Erleichterung der Aufnahme thematisch gruppiert.

Das Selbstporträt dominiert unter den vielen Gesichtern, den großen, detaillierten Köpfen auf kleinen, grob skizzierten Körpern. Und andere große Männer, wenige Frauen nur, flankieren sie. Mahler, Brecht und Haneke, Politfürsten und Promis, Asthmatiker und Waffenträger, Gesichter mit verrutschten Augen oder aufgeblasenem Unterkiefer, singende Kinder, deren Mundöffnung bald das ganze Gesicht einnimmt, Männer, die auf Gurken starren und solche, denen Gurken von einem Ohr zum anderen reichen.

Schenkungen an Albertina

Das Gesicht, so Wurm, interessiere ihn am meisten. „Ich gehe an Gesichter heran wie an Landschaften.“ Furchen, Gebirge, Deformationen. Höchst persönliche Arbeiten sind sie aber nicht nur aufgrund der Motive: „Das sind die Arbeiten, die ich ausschließlich selbst, ganz allein mache“, sagte der Künstler, der für seine Skulpturen sonst meist auf Mit- und Zuarbeit angewiesen ist. „Deshalb gebe ich sie auch ungern her.“ Etwa 400 Stück bilden ein Künstlerbuch, das auch Ausgangspunkt der Schau war.

Die Albertina konnte 50 Stück aus den gezeigten Papierwerken frei als Schenkung auswählen. So blieben sie wenigstens zusammen und verschwänden nicht irgendwo im Privatbesitz. Um welche Arbeiten es sich handelt - Schröder betonte, man habe als einzigen Gesichtspunkt bei der Auswahl die Qualität berücksichtigt -, will man aber zunächst nicht verraten. „So funktioniert diese Ausstellung nicht“, so Schröder. „Es gibt keine Untertitel und keine Hinweise.“ Wurms Werk - für Schröder der Inbegriff eines „absurden Theaters“ in der Kunst - dürfe unkommentiert wirken. Lachenden wird mit Nachsicht begegnet.

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