Pensionist als Terrorist verurteilt

Mit einem Schuldspruch ist in Wien ein eher ungewöhnlicher Terrorprozess zu Ende gegangen. Ein pensionierter Postbeamter ist zu zweieinhalb Jahren Haft verurteilt worden. Er soll auch radikalislamische Gruppen unterstützt haben.

Dem Mann wurde vorgeworfen, mit seinen Internetauftritten Werbung für das Terrornetzwerk al-Kaida und die radikalislamische Miliz Hajat Tahrir al-Scham (HTS), die vormalige Al-Nusra-Front, betrieben und auch zu Spenden im Kampf gegen Ungläubige aufgerufen zu haben.

Beim Beschuldigten handelt es sich um einen 59 Jahre alten pensionierten Postbeamten, den - wie er dem Gericht darlegte - während eines Türkei-Urlaubs ein religiöses Erweckungserlebnis ereilt hatte. Ein Taxifahrer habe ihn in eine Moschee gebracht: „Ich bin reingegangen und habe des Gefühl gehabt, ich bin zu Hause. Das war für mich ein Ankommen. Ich habe erstmals gebetet.“ Zurück in Wien, nannte sich der Österreicher fortan Erkan Said.

Untersuchungshaft nach E-Mail

Anfang 2018 wurde er in U-Haft genommen, nachdem er dem Sprecher der Initiative Liberaler Muslime Österreich (ILMÖ), Amer Albayati, eine E-Mail geschrieben und der Verfassungsschutz aufgrund dessen gegen ihn Ermittlungen aufgenommen hatte. In der Mail hieß es unter anderem „Allah möge euch richten“, weil die ILMÖ sich gegen das Kopftuchgebot ausgesprochen hatte. Albayati fasste das als Todesdrohung auf, was der Angeklagte und sein Verteidiger Christian Werner nicht gelten ließen.

„Unsere Gelehrten haben eine Kleidungsvorschrift erlassen. Erwachsenen Frauen ist es vorgeschrieben, die Haare zu bedecken“, dozierte der 59-Jährige. Gewalt sei ihm aber fremd, er habe Albayati nicht einschüchtern wollen.

Terroranschläge auf Website gut geheißen

Von der Anklage umfasst waren auch der Facebook-Account des Angeklagten sowie die Website „Pro-Islam-Austria“, die er seit 2015 betrieben hatte. Dort wurden unter anderem diverse Terroranschläge gutgeheißen, Österreich nach der Verurteilung des radikalislamischen Hasspredigers Mirsad O. als „Kuffar-Staat“ und Diktatur bezeichnet und Andersgläubigen die ewige Verdammnis gewünscht.

„Friedlich hört sich das für mich nicht an“, bemerkte die vorsitzende Richterin. Er habe nur das übernommen, was Gelehrte verfasst hätten, und auf seine Homepage gestellt, rechtfertigte sich der 59-Jährige.

Inkriminiert waren außerdem Äußerungen, die den Holocaust bezweifelten und den Wunsch äußerten, der Staat Israel möge „von der Landkarte verschwinden“, weshalb in dem Verfahren auch der Verhetzungsparagraf und das Verbotsgesetz zum Tragen kamen, das nationalsozialistische Wiederbetätigung untersagt. Der Postbeamte im Ruhestand hatte auch einen YouTube-Kanal unterhalten, wo er ein skurril anmutendes Video platzierte, das ihn mit Sonnenbrillen, einem Palästinensertuch auf dem Kopf und in einem eigenartigen Duktus zeigte.

Urteil nicht rechtskräftig

Ein Schwurgericht verhängte über den bisher unbescholtenen 59-Jährigen zweieinhalb Jahre unbedingte Haft. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Verteidiger Christian Werner erbat Bedenkzeit, die Staatsanwältin gab vorerst keine Erklärung ab.