Grüne: Hebein neu an Spitze

Die neue Nummer eins bei den Wiener Grünen heißt Birgit Hebein. Sie konnte die parteiinterne Briefwahl für sich entscheiden. Damit steht nach der langjährigen Frontfrau Maria Vassilakou erneut eine Frau an der Spitze der Grünen.

Die 51-Jährige wird nicht nur Spitzenkandidatin für die Wien-Wahl 2020, sondern wohl auch neue Vizebürgermeisterin. Denn die Amtsinhaberin, Verkehrsstadträtin Maria Vassilakou, hat kürzlich angekündigt, sich bis zum Sommer kommenden Jahres zurückziehen und für den künftigen Spitzenkandidaten bzw. die Spitzenkandidatin Platz zu machen - mehr dazu in Vassilakou tritt nicht mehr an.

Birgit Hebein

APA/Harald Schneider

Hebein konnte sich gegen vier weitere Mitbewerber durchsetzen

Politikexperte: „Es wird möglicherweise krachen“

Für den Politikexperten Thomas Hofer ist Hebein eine „Kampfansage“ an den SPÖ-Koalitionspartner: „Es wird möglicherweise relativ bald krachen in der Koalition“ - mehr dazu in Politikexperte: Hebein „Kampfansage an SPÖ“.

„Volle Unterstützung“ von Vassilakou

Vassilakou sicherte Hebein am Dienstag „volle Unterstützung“ zu. „Mit Birgit Hebein setzen die Grünen ein starkes Zeichen für Solidarität und soziale Gerechtigkeit“, so Vassilakou. Die Spitzenwahl sei „eines der größten Demokratieprojekte der österreichischen Parteiengeschichte“ gewesen.

Hebeins Konkurrenten, Klubchef David Ellensohn und Gemeinderat Peter Kraus, gratulierten der neuen Grünen Nummer Eins noch in der Nacht auf Twitter. „Gratuliere Birgit! Danke für die fair geführte Spitzenwahl“, schrieb Ellensohn. „Ich konnte gerade Birgit Hebein zur gewonnen Spitzenwahl gratulieren. Danke an euch alle für die Unterstützung in den letzten Wochen. Ich bin unglaublich dankbar für die vielen tollen Menschen, die ich kennenlernen durfte“, twitterte Kraus.

Seit 2010 im Gemeinderat

Hebein (51) sitzt seit 2010 für die Grünen im Gemeinderat und ist dort Sprecherin für Soziales und Sicherheit. Davor war sie fünf Jahre lang Bezirksrätin und Klubobfrau in Rudolfsheim-Fünfhaus. Außerdem war Hebein von 2000 bis 2002 bei der Grünen Gewerkschaft AUGE aktiv. Vor ihrer politischen Karriere arbeitete die diplomierte Sozialarbeiterin unter anderem im Bahnhofssozialdienst der Caritas Wien und bei der Arbeitsgemeinschaft für Wehrdienstverweigerung.

Fokus auf Armutsbekämpfung

Ihren beruflichen Anfängen ist Hebein inhaltlich auch in ihrem politischen Leben treu geblieben. Sie legt ihren Fokus auf Armutsbekämpfung und soziale Gerechtigkeit. Als Beispiele für ihre Arbeitsschwerpunkte nennt sie die Ausbildung junger Menschen, den Umgang mit obdachlosen Menschen sowie die Mindestsicherung.

Denn als Sozialsprecherin war Hebein im vergangenen Jahr maßgeblich an den Verhandlungen über das neue Wiener Mindestsicherungsmodell beteiligt. Das von der SPÖ umgesetzte Alkoholverbot am Praterstern kritisierte sie scharf.

Selbstbild als „hartnäckige Verhandlerin“

Auch im internen Wahlkampf legte sie ihren Fokus auf die Sozialpolitik. „Ohne soziale Sicherheit gibt es keinen sozialen Frieden“, betonte sie. Als politisches Ziel rief sie aus, „den Menschen die Möglichkeit zu geben, ihr Schicksal selbst zu bestimmen“. Außerdem setzte Hebein auf die Tatsache, dass sie die einzige Frau unter den etablierten Kandidaten war: „the future is female“ lautete das Motto ihres Wahlkampfspots. Als „hartnäckige Verhandlerin“, zäh und erfahren beschreibt sie sich selbst.

Hebein wurde am 13. Jänner 1967 in Villach geboren. Ihre Jugend verbrachte die Tochter eines Maurers und einer Hausfrau in einem kleinen Dorf in Kärnten. Heute lebt sie mit ihren beiden Kindern im fünfzehnten Bezirk.

Präsentation am Dienstagvormittag

Die neue Spitzenkandidatin wird am Dienstag im Rahmen einer Pressekonferenz präsentiert, die für 11.00 Uhr in der Wolke 21 im Saturn-Tower angesetzt ist. Dort sollen dann auch die Details zum Abstimmungsergebnis verkündet werden. Denn die Grünen haben mit der brieflichen Abstimmung Neuland beschritten, wobei sie sich für einen relativ komplexen Modus entschieden.

Fünf Personen standen zur Abstimmung, neben Hebein waren dies Rathaus-Klubchef David Ellensohn, Gemeinderat Peter Kraus, der Meidlinger Bezirksrat Benjamin Kaan und die Ärztin Marihan Abensperg-Traun. Zwei Wochen lang hatten Parteimitglieder sowie registrierte externe Wähler Zeit, an der Wahl teilzunehmen. Stimmberechtigt waren rund 3.400 Personen.

2.600 abgegebene Stimmen

Wer persönlich sein Votum abgeben wollte, konnte dies am Montag in einem Wahllokal in der Parteizentrale in der Lindengasse tun. Wie die Partei am Montag mitteilte, haben sich letztendlich 2.600 Menschen an dem grünen Urnengang beteiligt.

Für den Sieg war eine einfache Mehrheit nötig - also mindestens 50 Prozent plus eine Stimme. Da dies auf Anhieb angesichts fünf Konkurrenten eher unwahrscheinlich zu schaffen ist, haben die Grünen in dem Modus eine Art Stichwahl eingebaut. In diesem als „Instant-Runoff“ bekannten System ist vorgesehen, dass Wähler nicht nur ihren Favoriten nennen, sondern auch die anderen Bewerber reihen.

Antrittsrede bei Landesversammlung am Samstag

Gibt es bei der Auswertung der Erststimmen keinen klaren Sieger, wird unter Berücksichtigung der nachgereihten Namen weiter ausgezählt - und zwar so lange, bis der Gewinner klar feststeht. Dieses System kam am Montag zur Anwendung, wie es auf APA-Anfrage hieß. Nähere Einzelheiten zum Ergebnis sollen am Dienstag bekanntgegeben werden.

Bisher erfolgte die Wahl stets durch das größte Parteigremium, die Landesversammlung. Eine solche findet kommenden Samstag statt, Hebein wird dort ihre Antrittsrede halten. Danach werden die Delegierten zur Debatte um das weitere Prozedere der Listenerstellung schreiten.

Denn der neue Modus betraf vorerst nur die Vorgangsweise für die Spitzenkandidatur. Ob ein ähnliches System auch bei der Reihung der restlichen Plätze zum Einsatz kommt bzw. wie dieses im Detail aussieht, wird erst entschieden.

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