Ärzte haben kaum Zeit für Hausbesuche

In Wien liegen derzeit viele Menschen mit Grippe oder grippalem Infekt im Bett. Viele sind über ihren Hausarzt verärgert, weil dieser einen Hausbesuch ablehnt. Per Kassenvertrag ist er dazu aber verpflichtet.

Es ist kein Entgegenkommen eines Hausarztes, dass er einen Hausbesuch durchführt, sagt Patientenanwältin Sigrid Pilz. Jeder praktische Kassenarzt ist dazu laut Vertrag mit der Wiener Gebietskrankenkasse WGKK sogar verpflichtet. „Als Patient hat man die Möglichkeit darauf zu pochen, dass der Arzt den Hausbesuch macht. Man muss es ihm deutlich machen, dass man es ohnehin nur dann beansprucht, wenn man es braucht“, so Pilz. Verweigert er dennoch die Visite, solle man sich bei der Patientenanwaltschaft beschweren.

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Jeder Hausarzt ist per Kassenvertrag verpflichtet, kranke Patienten zu Hause zu behandeln

50.000 Hausbesuche weniger als noch vor fünf Jahren

Die Hausbesuche sind laut Wiener Gebietskrankenkasse in den vergangenen fünf Jahren von 508.000 auf 451.000 gesunken. Die Gründe dafür sind für die WGKK nur schwer erklärbar. Ein Teil des Rückgangs könnte auf die im April 2017 gestartete telefonische Gesundheitsberatung 1450 zurückgeführt werden.

Unter dieser Telefonnummer erhalten Patienten Hilfe bei gesundheitlichen Fragen. In manchen Fällen würde sich herausstellen, dass ein Besuch beim Hausarzt nicht notwendig sei und eine Selbstversorgung ausreiche, so die Kasse - mehr dazu in Neue Gesundheitshotline: Täglich 100 Anrufe.

Mehr Honorar bedeutet nicht mehr Hausbesuche

Auch für die Wiener Gebietskrankenkasse ist auffällig, dass die jüngeren Ärzte durchschnittlich weniger Visiten durchführen, als jene, die bereits seit vielen Jahren ihre Vertragsarzttätigkeit ausüben. Finanzielle Anreize sollen die Bereitschaft zur Visitentätigkeit stärken. Man setze bereits seit Jahren finanzielle Anreize, um die Anzahl zu steigern, so die Kasse.

Aktuell beträgt das Honorar für eine Visite im häuslichen Bereich 47 Euro, etwaige Einzelleistungen, sofern diese bei der Visite erforderlich sind, werden separat honoriert. Hinzukommen können noch die Fallpauschale und der Hausarztzuschlag, falls es sich um den ersten Kontakt im Quartal handelt. Mit der Ärztekammer für Wien wurde im letzten Honorarabschluss eine neuerliche schrittweise Steigerung des Honorars für Visiten vereinbart, ab 2020 gibt es 55 Euro.

Hausärzte sind laut Kammer überlastet

Der Wiener Ärztekammer ist bewusst, dass immer mehr Hausärzte keine Hausbesuche durchführen. Für Kammeramtsdirektor Thomas Holzgruber ist der Mangel an Hausärzten daran schuld. Die Ärzte seien überlastet, weil sie zu viele Patienten haben und ihre Ordinationen überlaufen sind, „und daher natürlich die Patienten in der Ordination machen, länger in der Ordination sitzen und dadurch weniger Zeit haben, Hausbesuche zu machen“, meint Holzgruber - mehr dazu in Hausärztemangel immer größer.

Hilfreich wäre es laut Holzgruber, wenn es den Hausärzten ermöglicht werde, ein Parkpickerl zu beantragen, damit sie vor der Ordination parken können, „dies würde vieles erleichtern“. Generell gibt es aber ein europaweites Phänomen, dass Patienten auch weniger Hausbesuche anfordern und sich meist selbst ins Auto setzen, um zum Arzt oder in die Spitalsambulanz zu fahren.

Petra Jezek, wien.ORF.at

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