Zweigelt soll „Blauer Montag“ werden

„Abgezweigelt“ heißt die Aktion, mit der das „Institut ohne direkte Eigenschaften“ den Zweigelt in „Blauer Montag“ umbenennen will. Hintergrund ist die nationalsozialistische Vergangenheit Friedrich „Fritz“ Zweigelts.

Dem aus der Steiermark stammendem Zweigelt gelang 1922 die Kreuzung der Sorten St. Laurent und Blaufränkisch. Die Züchtung nannte er in der Folge Rotburger. Im Jahr 1975 - Zweigelt war zu diesem Zeitpunkt bereits tot - erhielt die Rebsorte durch die Qualitätsweinrebsorten-Verordnung den Namen ihres Schöpfers.

Die Initiatoren der Umbenennung konstatierten am Montag bei einer Pressekonferenz in Wien „eine traurige Wahrheit“: Die österreichische Weinwirtschaft schweige sich wie kein anderer Wirtschaftszweig über die nationalsozialistische Vergangenheit aus. Schließlich sei Zweigelt ein „glühender Nazi“ und seit dem April 1933 NSDAP-Mitglied gewesen. Dass die Namenswahl trotz Zweigelts Vergangenheit auf ihn fiel und zudem seit 2002 jährlich der Dr.-Fritz-Zweigelt-Preis verliehen wird, stößt den Initiatoren sauer auf.

Historische Auseinandersetzung noch ausständig

Historiker Robert Streibel, Autor des Buches „Wein des Vergessens“, gab zwar zu, dass eine großangelegte historische Auseinandersetzung mit der Person Zweigelt noch ausständig sei, aber: „Eine Person, nach der man eine Weinsorte benennen sollte, ist er sicher nicht.“ Laut Recherchen warfen Mitglieder einer lokalen Widerstandsgruppe um den Klosterneuburger Chorherrn Roman Scholz Zweigelt vor, er hätte eine Auslieferung eines antifaschistischen Aktivisten an die Gestapo verhindern können.

Im Jahr des „Anschlusses“ Österreichs an Deutschland soll Zweigelt zudem folgende Aussage gemacht haben: „Der böse Traum wurde fortgescheucht von den dröhnenden Schritten deutscher Soldaten. Jüdischem Spekulationsgeist ist für alle Zeiten der Boden entzogen.“ Zweigelt war nach Kriegsende wegen Volksverhetzung eingesperrt worden, wurde aber bereits nach sechs Monaten wieder aus der Haft entlassen.

Österreich Wein: Bisher zu wenig Fakten

Man wolle die Angelegenheit keinesfalls unter den Teppich kehren, nur seien derzeit zu wenige Fakten bekannt - das bekräftigte Wilhelm Klinger, Geschäftsführer von „Österreich Wein Marketing“, am Montag in einer Aussendung. „Die Frage, ob am Ende dieses Prozesses ein Umbenennung stehen soll, oder nicht“ soll „erst nach Vorliegen unserer Beiträge und einer sachlichen und ehrlichen Diskussionsphase“ entschieden werden, so Klinger.

Derzeit entsteht auf Initiative von „Österreich Wein Marketing“ eine „Geschichte des österreichischen Weins“ von der Urzeit bis zur Gegenwart. 35 Autoren, darunter die in den jeweiligen Epochen kompetenten Historiker, sind in der Abgabephase ihrer Beiträge. Die Zeit von 1938 – 1945 wird von Ernst Langthaler bearbeitet, der sich 2010 mit seiner Habilitationsschrift über Landwirtschaft im Reichsgau Niederdonau 1938 bis 1945 an der Universität Wien im Fach Wirtschafts- und Sozialgeschichte habilitiert hat.

Zum Thema Zweigelt wird im Rahmen des Werks ein weiterer Experte genauere Forschungen anstellen. Unter anderem wird der Personalakt Zweigelt im Landwirtschaftsministerium ausgewertet und Zweigelt-Nachkommen werden persönlich befragt. Klinger betonte, dass der Aufsichtsrat der „Österreich Wein Marketing“ an einer Aufarbeitung der Causa Zweigelt in wissenschaftlich fundierter Form „großes Interesse“ hat und auch das dafür nötige Budget dafür bereits im Vorjahr genehmigt hat.

Premiere für „Blauer Montag“ im Februar

Historiker Robert Streibel meinte am Montag, dass weitere Details noch auf den Tisch müssten: „Wenn alles hieb- und stichfest ist, dann wird es für die Handelnden umso schwieriger, den Namen Zweigelt zu verteidigen.“ Bis es so weit sei, müsse die Diskussion über Zweigelts Person befeuert werden. Das „Institut ohne direkte Eigenschaften“ erhofft sich von der Aktion „Abgezweigelt“ zudem, dass Zweigelt endlich die wissenschaftliche Aufmerksamkeit zuteilwird, die „einem prominenten Protagonisten des Terrorregimes gebührt“.

Bisher haben sich zwei Winzer - Friedl Umschaid aus dem nördlichen Weinviertel und Maximillian Brustbauer aus der Wachau - gefunden, die den Wein künftig unter dem Namen „Blauer Montag“ in Verkehr bringen. Der erste Gastronomiebetrieb, der den „Blauen Montag“-Wein ab Februar 2019 anbieten wird, ist das Cafe Vindobona im 20. Bezirk. Dabei soll auch über den Hintergrund der Sorte aufgeklärt werden.

Institut will kein Verein werden

Das „Institut ohne direkte Eigenschaften“ sieht sich laut Homepage als „unhierarchisches, basisdemokratisches, auf Konsensbeschlüsse orientiertes Team“. Es bestehe kein Anlass zu einer Entwicklung zu eiem Verein im Sinn des Vereinsrechts, weil auf Kulturförderung verzichtet wird.

Das Institut sieht sich in der Tradition der Wiener Aktionisten. Beheimatet ist es in einem Keller im 20. Bezirk, der von Otto Muehl gemietet und bis 1970 dem Kreis um Günter und Anna Brus, Hermann Nitsch und Rudolf Schwarzkogler zur Verfügung stand. In diesem Jahr wurde Muehl mitgeteilt, dass der Keller vom Gesundheitsamt zwangsgeräumt worden war.

Zu den aufsehenerregenden Aktionen im Keller gehörte die „Blutorgel“. Dabei begaben sich laut Homepage Adolf Frohner, Otto Muehl und Hermann Nitsch in eine dreitägige Arbeitsklausur, indem sie den straßenseitigen Eingang des Kellers zumauerten. Nitsch setzte hier erstmals richtiges Blut als Malfarbe ein.

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