Schule und Islam: Wiesinger wird Ombudsfrau

Die Lehrerin und Buchautorin Susanne Wiesinger wird Ombudsfrau für Wertefragen und Kulturkonflikte im Bildungsministerium. Sie soll als weisungsfreie Anlaufstelle Lehrer, Direktoren, Eltern und Schüler beraten.

In ihrer neuen Funktion will sie zunächst bei einer „Zuhörtour“ Probleme erheben, hieß es am Donnerstag. Mit ihrem Buch „Kulturkampf im Klassenzimmer“ hat die an einer Neuen Mittelschule (NMS) in Wien-Favoriten unterrichtende Pädagogin eine Debatte über negative Auswirkungen eines konservativen Islam auf die Schulen ausgelöst - mehr dazu in Politdebatte zu Buch über Integration.

Faßmann, Susanne Wiesinger

APA/Helmut Fohringer

Wiesinger löste mit ihrem Buch eine Diskussion über Islam an Schulen aus

Probleme dürfen nicht „relativiert“ werden

Nun will sie in ihrer neuen Funktion vor allem „genau hinschauen“. Probleme müssten angesprochen werden. „Es hilft nichts, wenn man sie ständig relativiert und als Einzelfälle abtut.“ Ihren Wechsel vom Klassenzimmer in die neue Ombudsstelle begründete sie damit, dass sie „nicht nur Staub aufwirbeln“ wollte: „Ich bin auch an Lösungen interessiert.“

ÖVP-Bildungsminister Heinz Faßmann bezeichnete Werte- und Kulturkonflikte im Klassenzimmer als „fast zwangsläufige Konflikte in einer Einwanderungsgesellschaft, die zuletzt pluralistischer geworden ist“: „Unterschiedliche Vorstellungen, was gut und was schlecht ist, treffen aufeinander.“ Durch die Ombudsstelle solle den Lehrern der Rücken gestärkt werden.

Schule und Islam: Wiesinger wird Ombudsfrau

Die Lehrerin und Buchautorin Susanne Wiesinger wird Ombudsfrau für Wertefragen und Kulturkonflikte im Bildungsministerium.

Güngör fertigt Studie an

Wie bereits angekündigt, habe er außerdem beim Soziologen und Politikberater Kenan Güngör eine Studie über Werte- und Kulturkonflikte in Auftrag gegeben. Mittels einer Onlinebefragung und Fokusgesprächen soll dieser herausfinden, wie oft es tatsächlich zu solchen Konflikten komme. „Ich möchte eine solide empirische Grundlage haben.“ Dabei gehe es etwa um die Teilnahme am Turnunterricht, an Klassenfahrten oder auch die Beurteilung des Nahostkonflikts oder Antisemitismus.

Wiesinger solle selbstständig, unabhängig und weisungsfrei arbeiten, betonte Faßmann. Sollte sie bei etwaigen Mediationsverfahren die Hilfe des Ministeriums benötigen, werde sie diese erhalten. „Mir war wichtig, dass ich parteiunabhängig arbeite“, betonte auch Wiesinger. „Ich bin eine Rote, sogar eine linke Rote. Und das werde ich auch bleiben.“

Faßmann, Susanne Wiesinger

APA/Helmut Fohringer

Wiesinger soll laut Faßmann weisungsfrei handeln können

Will alle Schultypen einbeziehen

In ihrer Tätigkeit will sie sich nicht nur auf NMS konzentrieren, sondern alle Schultypen einbeziehen. Die Lehrer sollen dabei ermutigt werden, Probleme anzusprechen. „Mit dem Schweigen hat man nur die Rechten gestärkt, weil die haben es angesprochen - zurecht.“

Mögliche Ergebnisse ihrer Tour wollte sie nicht vorwegnehmen. „Vielleicht muss man die Verteilung der Ressourcen ändern bzw. wo man das Geld einsetzt.“ Generell müsse man auch stärker bei den Eltern ansetzen, etwa mit einem Netzwerk an Kulturvermittlern. Eventuell müsse man auch auf verpflichtende Elternschulungen setzen - „es kann aber auch etwas anderes sein“.

Psychologen müssen Muttersprache beherrschen

Die immer wieder angesprochenen zusätzlichen Sozialarbeiter und Psychologen seien natürlich auch wichtig, meinte Wiesinger. „Die müssen dann aber auch die Muttersprache der Eltern bzw. Kinder können, sonst verpufft das.“ Davor brauche man aber vor allem mehr Lehrer - zumindest müssten jene Ressourcen, die da sind, auch tatsächlich besetzt werden. Außerdem müssten die Jugendämter besser ausgestattet werden: „Die müssen die Familien wieder begleiten und nicht nur Gefährdungsmeldungen aufnehmen.“

Darüber hinaus wird im Bildungsministerium 2019 eine eigene Abteilung für Schule und Integration eingerichtet. Außerdem soll die Schulaufsicht für den Religionsunterricht stärker in den Pädagogischen Dienst der mit Jahresbeginn neu entstehenden Bildungsdirektionen eingebunden werden.

Breite Zustimmung

Der Wiener Bildungsstadtrat Jürgen Czernohorszky und der Bildungsdirektor Heinrich Himmer (beide SPÖ) begrüßen die Einrichtung der Ombudsstelle: „Alles, was einem besseren Miteinander in der Schule dient, ist positiv“, werden die beiden Politiker in einer gemeinsamen Aussendung zitiert. Auch die Wahl von Wiesinger sehen sie positiv: „Sie verfügt über konkrete Erfahrungen aus dem Schulalltag und kennt die Herausforderungen von Schule im urbanen Raum.“

Auch der Bildungs- und Jugendsprecher der Wiener FPÖ, Maximilian Krauss, sprach von einer „weiteren sinnvolle Maßnahme in die richtige Richtung“. Auch mit der neu geschaffenen Abteilung Schule und Integration im Ministerium und einer gestärkten Schulaufsicht setze man „Schritte, die Rot-Grün seit Jahren verabsäumt haben“. NEOS-Bildungssprecherin Bettina Emmerling lobte am Rande des Gemeinderats: „Es kann nie genug Angebot geben, deshalb begrüßen wir das, wenn es nun eine zweite Stelle gibt.“

Vorsichtige Töne bei Grünen

Einzig der Klubobmann der Grünen Wien, David Ellensohn, zeigte sich noch skeptisch: „Der Bund hat jetzt eine neue Stelle, das ist ein Schnellschuss, wir werden sie erst bewerten können, wenn wir sehen, was sie genau macht.“ Die Stadt will jetzt jedenfalls eine eigene Wiener Bildungsanwaltschaft einrichten, so SPÖ und Grüne.

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