Lebenslange Haft für Mordversuch

14-mal soll ein Mann im Juli 2017 in Wien-Mariahilf auf seine schwangere Ex-Freundin eingestochen haben. Am Donnerstag wurde er dafür am Straflandesgericht Wien zu lebenslanger Haft verurteilt. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Es könne keinen Zweifel geben, dass mit einem Schuldspruch wegen versuchten Mordes vorzugehen sei, sagte die Staatsanwältin in ihrem Schlussplädoyer. Der Angeklagte habe in einem Blutrausch agiert: „Er hat sie blutend, ohnmächtig, sterbend zurückgelassen“, sagte die Staatsanwältin: „Es ist ein medizinisches Wunder, dass diese Frau überlebt hat.“

Dieselben Worte fand auch die Richterin in ihrer Urteilsbegründung: „Es grenzt an ein medizinisches Wunder, dass das Opfer die Attacke überlebt hat.“ Die Frau habe „viele Monate auf der Intensivstation verbracht“ und ihr Kind in der siebenten Schwangerschaftswoche aufgrund entzündlicher Veränderungen im Bauchraum verloren. „Die einzig angemessene Sanktion dafür ist die Höchststrafe“, verwies die Richterin auf den einstimmigen Schuldspruch wegen versuchten Mordes und Schwangerschaftsabbruchs.

Angeklagter, Kamerateams, Polizisten, Anwalt bei Prozess um Mordversuch

ORF

Höchststrafe für die Messerattacke auf die Ex-Freundin

Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung

Die Anwälte des Angeklagten meldeten Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung an. Am Beginn des Prozesses hatte sich der Angeklagte zu den Messerstichen geständig gezeigt. Er bestritt aber eine Mordabsicht. Sein Anwalt Mirsad Musliu sagte vor dem Prozess, sein Mandant habe „nie die Absicht gehabt, sie umzubringen. Zu verletzen ja, aber nicht, sie umzubringen.“ Angeklagt war der Mann wegen versuchten Mordes und dem Vergehen des Schwangerschaftsabbruchs.

Der zweite Anwalt des Angeklagten, Nikolaus Rast, betonte, wie sehr er das Schicksal der 32-Jährigen bedaure. Bei ihrer Zeugenaussage seien ihm die Tränen gekommen: „Das ist unbeschreiblich. Mir fehlen die Worte.“ Dessen ungeachtet habe sein Mandant sie nicht töten wollen: „Er wollte nichts anderes, als sie leiden sehen. Das ist widerlich und abscheulich, aber kein versuchter Mord. Er wollte sie schwer verletzen.“

Angeklagter im Prozess um Mordversuch

APA/Georg Hochmuth

In der Anklage ist von einem „regelrechten Blutrausch“ die Rede

Opfer sagt: „Ich habe kein Leben mehr“

Das Opfer sagte kurz vor Prozessende aus - unter Ausschluss der Öffentlichkeit, aber in bewusst gewünschter Anwesenheit des Angeklagten: Er sollte ihre Narben sehen. „Er hat mein ganzes Leben kaputt gemacht. Ich habe kein Leben mehr“, sagte die Frau. Das, was sie mitmachen musste, wünsche sie niemandem: „Ich habe das nicht verdient. Ich war immer ein guter Mensch.“

Die Phrase vom medizinischen Wunder des Überlebens war öfters zu hören. Gerichtsmediziner Wolfgang Denk erläuterte, dass das Opfer die Bluttat ohne außergewöhnlich rasche notfallmedizinische Hilfe nicht überlebt hätte. Einer der 14 Stiche war in die Herzgegend gegangen, eine Schnittwunde im Bauchbereich war zehn Zentimeter lang, was den Austritt von Darmschlingen bewirkte. Die Klinge des Messers durchtrennte außerdem die Rückenmuskulatur.

Aufgrund der erlittenen Verletzungen musste der 32-Jährigen der Dickdarm zur Gänze operativ entfernt werden, der Dünndarm, der Magen und die Milz wurden schwer beschädigt. Die Nieren haben ihre Funktionsfähigkeit komplett eingebüßt, sodass die Frau jeden zweiten Tag einer Dialyse bedarf.

Liebesschwüre und Drohungen

Der 37-jährige gebürtige Mazedonier war schon zuvor in seiner Heimat wegen versuchter Vergewaltigung vor Gericht gestanden. In Österreich gab es zwei nicht einschlägige Vorstrafen. 2014 begann die Beziehung zu der Kellnerin, 2015 wurde bereits wegen zweifacher Körperverletzung und fortgesetzter Gewaltausübung ermittelt. Weil er nach Mazedonien ausgeliefert wurde, um eine Strafe abzusitzen, sah man von weiteren Ermittlungen zunächst ab.

2017 kam der Angeklagte nach Österreich zurück. Die Kellnerin hatte sich in der Zwischenheit in einen Kaffeehausbesitzer, bei dem sie arbeitete, verliebt. Laut Anklage hat der 37-Jährige seiner Ex-Freundin online nachgestellt. Auf Liebesschwüre folgten Drohungen und Suizidankündigungen. „Seit er über die neue Beziehung Bescheid wusste, hat er Druck ausgeübt“, sagte der Kaffeehausbesitzer im Zeugenstand. Der 37-Jährige soll auch gedroht haben, die Frau umzubringen, indem er sie aus dem Fenster werfe.

14 Stiche mit Klappmesser

Das Geschehen eskalierte laut Staatsanwaltschaft am 23. Juli 2017 vor dem Wohnhaus der Frau in Mariahilf. Der Angeklagte lauerte ihr um 6.00 Uhr auf. Die Frau hatte ihren Lebensgefährten gebeten, sie nach Hause zu begleiten. Dann soll der Angeklagte beiden kommentarlos Pfefferspray ins Gesicht gesprüht haben. Der Lebensgefährte der Frau flüchtete aus Angst, er könnte das Ziel der Attacke sein, und bat zwei Passanten, die Polizei zu verständigen.

Der Angeklagte stach mit einem Klappmesser 14-mal auf die 32-Jährige ein - sogar noch, als sie bereits auf dem Boden lag. Auch dass sie ihn noch anflehte: „Hör auf, ich bin schwanger!“, soll ihn nicht gekümmert haben.

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