Pflegekräfte sollen Hausärzten helfen

Um den Mangel an Kassen-Hausärzten in Wien auszugleichen, brauche es eine Strukturänderung, sagt Sigrid Pilz. Die Patientenanwältin möchte, dass andere Gesundheitsberufe wie Pflegekräfte mehr Verantwortung bekommen.

„Warum soll nicht auch eine gut ausgebildete Pflegekraft, die mit einem Arzt oder einer Ärztin zusammenarbeitet, Hausbesuche machen, Wunden versorgen, Infusionen und Spritzen geben und Gespräche führen. Das wäre eine zukunftsfähige Entwicklung. Die ist in anderen Ländern auch schon Realität“, sagt Pilz im „Wien heute“-Interview.

Kassen-Hausärzte sollen „mit all denen zusammenarbeiten, die das gut können. Denn wir haben eine alternde Bevölkerung, die hat chronische Erkrankungen, da muss in der Primärversorgung viel mehr Zeit sein“, sagt Pilz.

Patientenanwältin Sigrid Pilz

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Pilz möchte mehr Primärversorgungszentren in Wien

Hausärzte gehen in Pension

741 Allgemein-Mediziner mit Kassenvertrag gibt es derzeit in der Stadt. 55 Prozent davon gehen aber innerhalb der nächsten zehn Jahre in Pension. Der Job des Hausarztes auf Kassenbasis scheint für junge Mediziner nicht sonderlich reizvoll zu sein. Immerhin können derzeit 14 freie Kassenverträge nicht nachbesetzt werden.

Patientenanwältin Pilz im Interview

Die Wiener Patientenanwältin Sigrid Pilz im Interview zum Hausärztemangel.

Für Pilz ist das wenig überraschend: „Sie sind vielleicht gar nicht mehr daran interessiert, dass sie in einer Wiener Gasse in einem Erdgeschoss einen Kredit aufnehmen, dort eine Ordination einrichten, mit der Perspektive 40 Jahre dort alleine zu arbeiten. Das ist nicht mehr zeitgemäß und nicht die beste Gesundheitsversorgung.“

Ärzte

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Mehr Gehalt und Primärversorgungszentren

Im Herbst haben sich die Ärzte mit der Gebietskrankenkasse auf eine Honorarerhöhung für die Allgemein- und Kinder-Ärzte von 30 Prozent in drei Jahren geeinigt. „Es wäre notwendig, das Honorar der Hausärzte um 40 Prozent zu erhöhen, damit es in die Größenordnung der Fachärzte kommt. Dann wäre es leichter, Kolleginnen und Kollegen zu motivieren“, sagt Thomas Szekeres, Präsident der Wiener Ärztekammer.

Denn für junge Ärzte sei es einfach viel verlockender eine Facharzt-Ausbildung zu machen. Weil Allgemein-Mediziner mit Kassenvertrag verdienen im Schnitt 5.000 Euro brutto, Fachärzte aber 10.000 brutto, also das Doppelte. Von der Gesundheitsministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) hat es zuletzt geheißen, dass eine Erhöhung der Hausarzt Honorare geprüft werden soll.

Primärversorgung als Lösung

Als mögliche Lösung werden immer wieder Primärversorgungszentren genannt - also Ärzte mit Pflegekräften zusammen an einer Adresse. Zwei solcher Zentren gibt es bereits in Wien. „Junge Ärzte wollen gerne im Team arbeiten. Das können sie in einer Primärversorgungseinheit, weil da gibt es drei bis vier Ärzte. Sie wollen auch eine geregelte Arbeitszeit haben und das können sich mehrere Ärzte auch gut einteilen“, so Ingrid Reischl, die Obfrau der Wiener Gebietskrankenkasse. Der Ausbau dieser Primärversorgungszentren verläuft aber schleppend - mehr dazu in Zweites Wiener PHC öffnet in der Donaustadt.

Wahlärzte sind keine Alternative, sagt Pilz. „Ich bin da sehr, sehr skeptisch. Denn Wahlärzte können sich nur die leisten, die Geld haben. (...) Und es ist vor allem eine Aushöhlung unseres solidarischen Gesundheitssystems. Wir zahlen unsere Krankenkassenbeiträge ein und wir sollen dafür auch gut versorgt sein.“

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