Tag der Fremdenführer mit Premiere

An anderen Tagen zeigen sie Touristen die Stadt, am Welttag der Fremdenführer sind sie am Sonntag selbst sichtbar geworden. Kostenlose Führungen durch die Stadt und die Museen wurden angeboten, erstmals dabei war das Haus der Geschichte.

Der Welttag der Fremdenführer fand zum 30. Mal statt. Am 21. Februar 1985 wurde der Weltverband der Fremdenführervereine mit Sitz in Wien gegründet. Im Jahr 1989 beschloss der Verband dann den „Welttag der Fremdenführer“, der jedes Jahr rund um den 21. Februar abgehalten wird.

In Wien gab es kostenlose Führungen von rund 150 Guides in den Institutionen der Österreichischen Nationalbibliothek. Im Fokus stand diesmal das Haus der Geschichte, das erst im November des Vorjahres eröffnet worden ist - mehr dazu in Haus der Geschichte eröffnet.

Reiseführer mit Touristen in Wien

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Rund 900 Fremdenführer gibt es in Wien

Von Gruselgeschichten und Steuern in Wien

„Es hat sich einiges geändert. Damals haben sich die Leute an irgendwelchen Ecken der Stadt positioniert und gehofft, dass Leute für Führungen vorbeikommen“, erzählt Christa Bauer über ihre Anfänge. Bauer ist seit 18 Jahren Fremdenführerin in Wien und Präsidentin der geprüften Wiener Fremdenführer: „Es sind dann auch ein paar Leute gekommen, aber es war wirklich etwas anderes als heute.“

Welttag der Fremdenführer:

Treffpunkt für den Welttag ist die Österreichische Nationalbibliothek am Josefsplatz in der Innenstadt.

Insgesamt gibt es in Wien rund 900 Fremdenführer, die Führungen in insgesamt 40 verschiedenen Sprachen anbieten - ebenso unterschiedlich sind die Themen. „Es gibt etwa 400 Themenführungen. Am besten gehen die, die etwas mit Sensation zu tun haben. Also Gruselgeschichten, Kriminalitätsgeschichten oder auch erotische Geschichten, bei denen man die alten Lusthäuser in Wien abgeht“, so Bauer.

Wenn ihre Stammkunden spezielle Wünsche hätten, würde sie diese auch manchmal erfüllen. „Einmal wollte wer die Geschichte der Steuern als Führung haben. Es hört sich sehr trocken an, aber eigentlich ist das ganz spannend und ich habe es auch jetzt im normalen Programm drinnen und das geht gut“, erzählt Bauer.

Bus und Touristen

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Fremdenführer führen immer wieder auch Busreisen durch

Reiseprogramme sind „immer vollgestopfter“

Nach Bauers Schätzungen macht ein hauptberuflicher Fremdenführer mehr als 200 Führungen im Jahr. Sie selbst gibt etwa Führungen für Privatpersonen, Schulgruppen oder auch für Kreuzfahrtpassagiere in den Sprachen Deutsch und Englisch.

Über ihre 18 Jahre als Fremdenführerin ist Bauer noch eine Veränderung aufgefallen: „Mir kommt es so vor, als ob die Menschen immer weniger Zeit hätten. Es ist ja bewiesen, dass Reisen generell immer kürzer werden und die Menschen dafür mehr reisen. Die Reiseprogramme sind besonders in den organisierten Reisegruppen immer vollgestopfter. Wir versuchen dann, dass wir das ausgleichen und trotzdem noch den Flair der Stadt vermitteln.“

Das Gewerbe des Fremdenführers ist konzessioniert, darf also nur von staatlich geprüften Fremdenführern ausgeübt werden, die man an ihren Plaketten mit dem „austria guides“-Logo erkennen kann. Um staatlich geprüfter Fremdenführer zu werden, braucht man eine mehrsemestrige Ausbildung. Am Ende eines Kurses muss eine Berufsbefähigungsprüfung, bestehend aus einer theoretischen und einer praktischen Prüfung, in mindestens zwei Sprachen gemacht werden.

Zurzeit weniger Probleme mit lizenzlosen Guides

Immer wieder gibt es Probleme mit Fremdenführern ohne Ausbildung. „Das sind weniger die einheimischen Menschen, die sich ein bisschen was dazu verdienen wollen, sondern eher ausländische Fremdenführer, die mit großen Gruppen kommen“, so Bauer. Das sei in zweierlei Hinsicht ein Problem: „Natürlich ist es eine Konkurrenz für uns, wir haben eine teure Ausbildung gemacht und zahlen Steuern. Zweitens sind die Qualifikationen ein Problem. Was die manchmal erzählen, da sträubt es einem die Haare und das kann natürlich ein schlechtes Bild auf alle Fremdenführer werfen.“

Wenn man mit der Familie eine Tour macht ist das laut Bauer kein Problem. Sobald man aber ein Honorar ausmacht oder auch nur Trinkgeld annimmt, muss man ausgebildeter Fremdenführer sein. Andernfalls kann eine Strafe von mindestens 350 Euro drohen. Mehr dazu in Protest gegen Reiseführer ohne Lizenz.

Jetzt im Winter sind die lizenzlosen Fremdenführer laut Gerti Schmidt, Fachgruppenobfrau für Fremdenführer in der Wirtschaftskammer Wien, weniger das Thema: „Da ist einfach weniger los. Aber wir kontrollieren und versuchen dabei nicht mit aggressivem Verhalten Öl ins Feuer zu gießen. Viele Anbieter wissen gar nicht, dass es eine Lizenz braucht.“ Deswegen arbeite man mit Kommunikation, die Strafe sei das „allerletzte Mittel“.

Digitalisierung keine Bedrohung für die Branche

Kontrolliert werden die Reiseführer indem Mitarbeiter des Marktamts durch Wien gehen und Menschen, die offensichtlich eine Führung machen, ansprechen. „Jeder geprüfte Fremdenführer hat einen Ausweis und jene die keinen haben, müssen mit Konsequenzen rechnen. Auch Online-Anbieter überprüfen wir immer wieder“, sagt Schmidt.

Die Digitalisierung und Reiseführer-Apps sieht sie aber nicht als Konkurrenz für die Branche der Fremdenführer: „Es ist eher das Gegenteil. Je mehr digitalisiert wird, desto mehr wird die individuelle Betreuung von Mensch zu Mensch gesucht.“ Der Beruf des Fremdenführers sei stark nachgefragt. Die Anzahl der Menschen, die den Beruf machen wollen, steige parallel zu den Nächtigungszahlen.

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