Hilde Zadek verstorben

Sie hat zu den großen Sopranistinnen des 20. Jahrhunderts gehört, ist als Jahrhundertsängerin bezeichnet worden und war jahrzehntelang künstlerisch und pädagogisch tätig: Hilde Zadek ist im Alter von 101 Jahren verstorben.

Als künstlerische Heimat von Hilde Zadek galt die Wiener Staatsoper. „Mit ihr hat uns nun eine weitere Staatsopernikone des 20. Jahrhunderts verlassen, eine bedeutende Künstlerin, die das Nachkriegsensemble der Staatsoper repräsentierte wie wenige, eine legendäre Pädagogin, die Generationen prägte“, so Staatsopern-Direktor Dominique Meyer am Freitag in einer Aussendung, "wir werden Hilde Zadek – unseren Sonnenschein, wie ich sie nennen durfte – vermissen.“ Hilde Zadek starb laut Aussendung am Donnerstag in Karlsruhe.

Hilde Zadek

Wiener Staatsoper

Hilde Zadek stand 786-mal auf der Bühne der Staatsoper

Premiere ohne Erfahrung auf der Bühne

Hilde Zadek stand in 39 Rollen geschlagene 786-mal auf der Bühne der Staatsoper. Am Beginn dieser Lebensbeziehung stand eine Blitzaktion: Die angehende Profisängerin lernte 1946 bei einer Bekannten in Zürich den damaligen Staatsopernchef Franz Salmhofer kennen und sang ihm in dessen Wohnung vor.

Wenige Monate später war Zadek in Wien und bekam eine Woche darauf das Angebot, im Ausweichquartier im Theater an der Wien in der „Aida“ einzuspringen. Sie sagte zu, ohne die Partie je zuvor studiert zu haben, ohne ein Wort Italienisch zu können, ohne eine einzige Probe zu bekommen und ohne je auf einer professionellen Bühne gestanden zu sein.

„So lernte ich die Aida von 27. Jänner bis 3. Februar 1947, sang sie in der Wiener Oper zum ersten Mal und mit großem Erfolg, und am 4. Februar unterzeichnete ich meinen Vertrag als Solistin“, erinnerte sich Zadek. Ihre Lebensrückschau ist unter dem Titel „Die Zeit, die ist ein sonderbar’ Ding“ erschienen.

Emigration nach Palästina

Die jüdischstämmige Hilde Zadek wurde am 15. Dezember 1917 im heute polnischen Bromberg geboren und wuchs in Stettin auf. 1935 musste sie nach Palästina emigrieren. In Jerusalem verdiente sie als Säuglingsschwester und Verkäuferin von Kinderschuhen im Geschäft ihrer Familie, die sie hatte nachkommen lassen können, das Geld für ihr späteres Gesangstudium, das sie erst im Alter von 22 Jahren begann.

Nach dem Kriegsende studierte Zadek mit Stipendium am Zürcher Konservatorium und erzog als Au-pair-Mädchen die späteren Regisseure Thomas und Matthias Langhoff, bevor sie schließlich auf Staatsopern-Chef Salmhofer traf.

Tragende Säule des Ensembles

Nach ihrem Engagement stieg sie in Wien rasch zu einer der tragenden Säulen des Ensembles und zu einer der renommiertesten Sopranistinnen ihrer Zeit auf. Ressentiments als Jüdin gegen das einstige Tätervolk hatte Zadek nicht, wie sie im Interview mit dem mdw-Magazin unterstrich: „Ich habe mich entschieden, das Wiener Publikum zu lieben, sonst hätte ich nicht für sie singen können.“

Zu ihren Glanzpartien zählten auch nach ihrem Ersteinsatz weiterhin Verdis Aida, aber auch die Leonore aus Beethovens „Fidelio“ und die Donna Anna aus Mozarts „Don Giovanni“. Sie sang aber auch in Uraufführungen, so etwa bei den Salzburger Festspielen in Carl Orffs „Antigonae“. Zadeks Repertoire, das alle großen Strauss-, Verdi- und Mozart-Rollen beinhaltete, umfasste rund 60 Partien.

Mehrere Würdigungen

1971 zog sich das Ehrenmitglied des Hauses am Ring dann von der Bühne zurück und war seitdem in den USA, Österreich und nicht zuletzt in Israel als Lehrerin engagiert. Von 1964 bis 1978 leitete sie die Gesangsabteilung am Konservatorium der Stadt Wien. Seit 1999 war ihr Name außerdem mit dem „Hilde Zadek Gesangswettbewerb“ verbunden, der alle zwei Jahre junge Gesangstalente ins Rampenlicht holt.

Diese beeindruckende Lebensleistung blieb nicht ungewürdigt. 2017 wurde sie Ehrenmitglied der Musikuniversität, zudem war Hilde Zadek Trägerin des Ehrenkreuzes für Wissenschaft und Kunst und der Wiener Ehrenmedaille - und seit 2012 stolze Besitzerin des Großen Ehrenzeichens für Verdienste um die Republik Österreich - mehr dazu in Ehrenzeichen der Republik für Hilde Zadek.

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