Forstamt will weichere Haftungsregeln

Waldbesitzer wie die Stadt Wien wollen, dass Haftungsregeln entschärft werden. Sie wollen unter anderem festgelegt wissen, dass Spaziergängern mehr Eigenverantwortung zugestanden wird. Darum geht es auch bei einer Fachtagung in Linz.

Drei Menschen sind vor etwas mehr als zwei Wochen in Hietzing verletzt worden, als in der Maxingstraße eine Schwarzkiefer auf einen vorbeifahrenden Autobus stürzte - mehr dazu in Baum stürzt vor Bus: Drei Leichtverletzte. Dieses Beispiel verdeutlicht, zu welcher Gefahr umstürzende Bäume und herabfallende Baumteile werden können. Das droht freilich weniger in der Stadt, als vielmehr in den Waldgebieten. Wien mit seinen rund zwei Millionen Einwohnern und seinem besonders hohen Anteil an Waldflächen nimmt hier einen herausragenden Platz ein.

Esche

APA/Herbert Pfarrhofer

Wiens Wälder sind seit 2005 vom Eschentriebsterben befallen

Deutlich wird die Problematik zahlreichen Spaziergängern im Wienerwald durch das Eschentriebsterben. Dabei werden die Bäume von einer aus Japan stammenden Pilzart befallen, die 2005 erstmals in Österreich nachgewiesen werden konnte - mehr dazu in Pilze aus Übersee befallen heimische Bäume. Eschen machen rund sechs Prozent des Baumbestands im Wiener Wald aus und wachsen bevorzugt entlang von Wegen und Waldrändern. Wird hier geschlägert, fällt das natürlich auch zahlreichen Menschen auf.

Drastische juristische Verschärfung 2011

Das Wiener Forstamt (MA 49) ist gesetzlich für die Erhaltung der Wegesicherheit zuständig. Kranke, abgestorbene Baumteile und tote Bäume müssen entfernt bzw. geschlägert werden. Festgelegt ist das nicht nur im Forstgesetz, sondern auch im Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch (ABGB). Die Haftungsbestimmungen dazu wurden im Jahr 2011 noch einmal verschärft. Während des Sturms „Emma“ war in Niederösterreich ein Ast auf ein Auto gefallen, ein Mensch kam dabei ums Leben.

Esche

APA/Herbert Pfarrhofer

Wanderwege und (Forst-)Straßen müssen sicher sein

„Und auch das öffentlich rechtliche Allgemeininteresse an der Erhaltung und Wahrung des Baumbestandes als Bestandteil der natürlichen Lebensgrundlage, steht einer derart restriktiven Haftung entgegen. Denn diese, von einem überzogenen Sicherheitsdenken getragene, Judikatur spiegelt sich in der Praxis in einer Zunahme an Baumfällungen wieder.“ (Projektstudie Umweltrechtliche Haftungsfragen 2016, Seite 182)

Das nahm der Oberste Gerichtshof (OGH) zum Anlass, eine ursprünglich nur für Gebäude geltende Bestimmung im ABGB auch auf Bäume auszudehnen. Ab diesem Zeitpunkt wurde die Spruchpraxis vollzogen, dass der Baumbesitzer grundsätzlich für die Sicherheit des Baumes zuständig ist. Ihn trifft die volle Haftung. Für Waldbesitzer eine einschneidende Entwicklung, oder wie es Wiens Forstamtsdirektor Andreas Januskowecz formulierte: „Damit hat sich die Welt von Waldbesitzern heftig geändert.“

Zwei Ziele der Waldbesitzer

Nun aber sieht man nicht nur beim Wiener Forstamt die Zeit für Änderungen gekommen: „Wir treten jetzt für Haftungserleichterungen im ABGB ein“, sagte Januskowecz. Der springende Punkt dabei ist es, den Schutz von Menschen und den Erhalt von Bäumen unter einen Hut zu bringen. Seit dem Vorjahr bemühen sich laut Januskovecz viele Kollegen in Wien, der Städtebund, der Gemeindebund, Ministerien und Waldbesitzer darum, zwei Ziele zu verwirklichen:

  • Es soll ein praktischer Leitfaden zur Unterstützung für Verantwortliche in Forstbetrieben von Städten und Gemeinden sowie Waldbesitzer erstellt werden.
  • Es sollen gesetzliche Regelungen und Judikatur geschaffen werden, die mehr Klarheit bringen bei der Erhaltung alter Baumbestände und die Eigenverantwortung für Wanderer erhöhen.

„Auf dem Weg zu einer Baumkonvention“

„Bäume und Wälder haben eine umfassende gesamtgesellschaftliche Bedeutung: zum Beispiel in Hinblick auf Biodiversität, Klima, Holzproduktion, Erholung und Tourismus. Viele Bestände geraten jedoch zunehmend unter Druck. Die aktuelle Judikatur zu den Haftungsbestimmungen des ABGB und des Forstgesetzes ist uneinheitlich und lässt einen Trend zu immer strengeren Haftungsmaßstäben für Baum- und WaldeigentümerInnen sowie sonstige Verantwortliche erkennen.“ So beschreibt das Linzer Baumforum zur österreichischen Baumkonvention die Lage.

Esche

APA/Burgut Egarter

Erhalten auf der einen Seite, Absichern auf der anderen Seite

Laut Januskowecz gab es im Vorjahr in Wien keinen Unfall mit Körperverletzung durch umstürzende Bäume oder herabfallende Baumteile. Was es sehr wohl gab, waren Sachschäden, zum Beispiel Baumstürze auf ein Kleingartenhaus und parkende Autos. Schon Jahre zurück liegt ein Todesfall in der Lobau, als eine Joggerin von einem umfallenden Baum getroffen wurde, der auf einem privaten Grundstück gestanden war.

Gesetzliche Regelungen sind eine Sache. Es gibt aber auch noch den gesunden Menschenverstand. Abstand von Bäumen zu halten, die sich im Sturm biegen, bei starkem Wind nicht in den Wald zu gehen: Das sind Verhaltensweisen, die jeder verantwortungsvolle Spaziergänger von Haus aus mitbringen sollte.

Links: