Brand in Zelle: Häftlinge verurteilt

Im Prozess um eine Brandstiftung im Polizeianhaltezentrum am Hernalser Gürtel sind die Angeklagten am Freitag für schuldig erkannt worden - wegen Sachbeschädigung, Gemeingefährdung und Körperverletzung.

Sie wurden nicht - wie angeklagt - wegen versuchter Brandstiftung, sondern wegen schwerer Sachbeschädigung, fahrlässiger Gemeingefährdung und fahrlässiger Körperverletzung verurteilt.Die Angeklagten erhielten bei einem Strafrahmen von bis zu zwei Jahren Freiheitsstrafen zwischen sechs und zwölf Monate.

In zwei Fällen wurden die Strafen zur Gänze auf Bewährung ausgesprochen, ein Angeklagter bekam von seinen neun Monaten drei bedingt nachgesehen. Den unbedingten Strafteil hat er bereits unter Anrechnung der U-Haft verbüßt. Die übrigen Angeklagten, darunter ein 21 Jahre alter Afghane, von dem die Idee zum Feuerlegen ausgegangen sein soll, fassten unbedingte Strafen aus. Ausschlaggebend dafür war in diesen Fällen ein getrübtes Vorleben in Form rechtskräftiger Vorstrafen.

Abgebranntes Zimmer

Landespolizeidirektion Wien

Die Männer hatten Matratzen und Bettzeug in Brand gesteckt

Brand vor Abschiebung

Der Brand in einer Zelle im Polizeianhaltezentrum (PAZ) Hernals wurde unmittelbar vor der Abschiebung von drei der sechs Insassen gelegt, die damit offenbar die zwangsweise Rückführung in ihre Heimat verhindern wollten. Das ging aus fremdenpolizeilichen Unterlagen hervor, die am Freitagnachmittag bei der Verhandlung erörtert wurden.

Das Feuer war am 14. September gegen 22.30 Uhr ausgebrochen. Einer der Insassen der Zellen hätte am nächsten Tag außer Landes gebracht werden sollen, die Abschiebung von zwei Mitgefangenen wäre am 17. bzw. 19. September angestanden. Laut Anklage waren zwei der drei Betroffenen die treibenden Kräfte bei der Brandstiftung.

Zweifel an Gefahr einer Feuersbrunst

Dass die Gefahr einer Feuersbrunst - wie von der Anklage inkriminiert - tatsächlich bestand, dürfte aber fraglich sein. Zweifel daran nährte jedenfalls ein Brandermittler des Bundeskriminalamts, der am Tatort Ursachenforschung betrieben hatte. „Es war weit entfernt von einem Vollbrand. Es hat gerade zu brennen begonnen“, erklärte der Experte bei seiner Zeugenbefragung. Einen Brandsachverständigen hatten in dem Verfahren weder die Staatsanwaltschaft noch das Gericht von Amts wegen bestellt.

Dem sachkundigen Zeugen zufolge war das Feuer an vier verschiedenen Stellen ausgebrochen, indem im Bereich der Betten Matratzen, Decken und Handtücher angezündet wurden. In der Zelle wären „hohe Brandlasten“ vorhanden gewesen, die theoretisch zu einem Vollbrand hätten führen können. Die Ausbreitung von Heißgasen wäre im Bereich des Denkbaren gewesen, auch eine Zündung hätte es unter Umständen geben können. Auf die Frage nach der Wahrscheinlichkeit des Entstehens einer Feuersbrunst, meinte der Bundeskriminalamt-Beamte: „Das kann ich nicht sagen.“

Die Sanierung der in Mitleidenschaft gezogenen Zelle kostete jedenfalls 73.000 Euro. Das gab ein Vertreter der Bundesimmobiliengesellschaft zu Protokoll, die eine Zeugenladung erhalten hatte.

Brandstiftung in Zelle in Wien

Am Freitag lief der letzte Verhandlungstag nach dem Brand im Polizeianhaltezentrum. Auf der Anklagebank saßen fünf Afghanen und ein Iraner.

„Unter Einfluss von Medikamenten“

Nachdem beim Prozessauftakt am vergangenen Freitag vier Angeklagte vernommen worden waren, kamen nun jene beiden zu Wort, die aus Sicht der Staatsanwaltschaft die treibenden Kräfte waren. Ein 21-jähriger Afghane soll die Idee zum gemeinschaftlichen Anzünden der Sechsmannzelle gehabt haben, ein 30 Jahre alter Iraner - in Deutschland zweimal wegen Schlepperei verurteilt und daher mit Hafterfahrung - soll ihn darin bestärkt haben, weil er davon ausgegangen sei, dass die Schubhäftlinge damit ihrer Abschiebung entgehen könnten.

Der 21-Jährige versicherte allerdings dem Schöffensenat, er sei damals unter dem Einfluss von Medikamenten gestanden und habe zunächst gar nichts mitbekommen. Plötzlich habe man ihn gezwungen, einen Abschiedsbrief mitzuverfassen. Dann hätten zwei Mitgefangene einen Kasten vor die Zellentür geschoben, die Fenster geschlossen und ihre Betten angezündet: „Sie hatten geplant, Feuer zu legen. Ich wusste nicht, was da passiert.“ Der Aufforderung, ebenfalls sein Bettzeug zu verbrennen, sei er nicht nachgekommen: „Ich habe sofort den Alarmknopf gedrückt.“

Der Iraner, der am 19. September und damit fünf Tage nach dem Feuer abgeschoben hätte werden sollen, behauptete, er habe es nicht ernst genommen, als er von einem Mithäftling von der beabsichtigten Brandstiftung hörte. Er war erst am 14. September gegen 13.00 Uhr in die Zelle verlegt worden, die knapp neuneinhalb Stunden später abgefackelt wurde. „Ich dachte, er macht nur einen Spaß“, sagte der 30-Jährige. Er sei unter dem Einfluss von Antidepressiva gestanden: „Ich war total müde. Ich habe nicht geglaubt, dass sie das machen werden.“ Er habe sich an den inkriminierten Tathandlungen nicht beteiligt

Prozess nach Brandstiftung in Polizeianhaltezentrum am Gürtel

APA/Herbert Neubauer

Am ersten Verhandlungstag hat sich nur ein Angeklagter zur Gänze schuldig bekannt

Beamte teilweise erheblich verletzt

Schon beim Prozessauftakt hatten die Angeklagten - fünf Afghanen und ein Iraner - unterschiedliche Angaben dazu gemacht. Drei bekannten sich nicht schuldig, sie hätten mit dem Brand nichts zu tun gehabt. Zwei bekannten sich teilweise und einer zur Gänze schuldig.

Der Brand in der Zelle hatte einen großen Feuerwehr- und Polizeieinsatz ausgelöst. 50 Insassen des Anhaltezentrums mussten in Sicherheit gebracht werden. Die sechs Schubhäftlinge selbst erlitten bei dem Brand Rauchgasvergiftungen, einer auch schwere Verbrennungen. Bei der Rettung der sechs Männer verletzten sich auch drei Beamte zum Teil erheblich - mehr dazu in Schubhäftlinge legten Brand in Zelle.

Die Schubhäftlinge hatten vor den Brandstiftungen auf Deutsch einen Abschiedsbrief mit ihren Abschiebeterminen aufgesetzt. In dem Schreiben verwiesen sie sinngemäß darauf, dass alles keinen Sinn mehr mache und sie keine Zukunftsperspektive hätten - mehr dazu in Zelle angezündet: Anklage wegen Brandstiftung.