Lainzer Tiergarten seit 100 Jahren offen

Vor 100 Jahren, im April 1919, durfte die Wiener Bevölkerung das Erholungsgebiet Lainzer Tiergarten betreten. Unter dem Namen „Thier- und Saugarten“ wurde es erstmals 1457 urkundlich erwähnt, wie nun eine Ausstellung zeigt.

Vom privaten Jagdgebiet der Habsburger bis hin zum heutigen Erholungs-und Naturschutzgebiet: In den vergangenen 100 Jahren hat sich der Lainzer Tiergarten stark gewandelt. Die Ausstellung „100 Jahre Lainzer Tiergarten“ im Infozentrum beim Lainzer Tor befasst sich mit dieser Entwicklung und gibt einen Einblick in vergangene Zeiten. Das Freizeitgebiet existiert nämlich nicht erst seit 1919: Unter dem Namen „Thier- und Saugarten“ wird es bereits 1457 zum ersten Mal urkundlich erwähnt.

„Armer Schlucker“ und „Traumschloss“

Unter Kaiser Joseph II. entstand zwischen 1782 bis 1787 eine ungefähr 22 Kilometer lange Mauer um das Gebiet. Errichtet von Maurermeister Philipp Schlucker prägte das Projekt damals auch den Begriff „armer Schlucker“: Denn die Wiener befürchteten, dass der Maurermeister verarmte. Er hatte nämlich ein sehr geringes Preisangebot gemacht. Diese Befürchtung entsprach aber nicht der Wahrheit.

Rund 100 Jahre später errichtete Kaiser Franz Joseph im Tiergarten für seine Frau Sisi die Hermes-Villa. Mit dem Geschenk wollte er seine Gattin dazu bewegen, öfters in Wien zu bleiben. Sie reiste ja bekanntlich sehr gerne. Ob das Vorhaben gelungen ist, ist nicht bekannt. Immerhin aber soll die Kaiserin die Villa als „Schloss der Träume“ bezeichnet haben.

Hermes Villa

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Für Kaiserin Sisi war die Hermes- Villa das „Schloss der Träume“

Besuche waren streng reguliert

Die Wienerinnen und Wiener durften im April 1919 erstmals den Lainzer Tiergarten besuchen - aber auch das nur unter strengen Eintrittsbestimmungen. In der Ausgabe der „Illustrierten Kronen Zeitung“ vom 19. April 1919 war zu lesen: „Der Besuch des Tiergartens findet im Allgemeinen nur unter Führung gruppenweise statt. Bis auf weiteres werden an Sonntagen und Feiertagen Gruppen um 9 Uhr vormittags vom Lainzer Tor und um halb 3 Uhr nachmittags vom Pulverstampftor (Auhof) aus geführt werden.“

Damals dauerte eine Wanderung ungefähr vier Stunden. Heute können Besucherinnen und Besucher so lange spazieren gehen, wie sie wollen. Auch muss sich niemand mehr verpflichtend zu einer Führung durch den Tiergarten anmelden.

Vom Luftreservoir zum Biosphährenpark

Die Zukunft des Lainzer Tiergartens war von 1920 bis 1950 oft ungewiss. 1941 wurde das Gebiet zwar zum ersten Mal als Naturschutzgebiet bezeichnet, aber erst in den vergangenen zwei Jahrzehnten etablierte sich das Areal als Erholungs- und modernes Naturschutzgebiet.

Die Idee dazu existierte aber bereits 1919: Die Arbeiterzeitung berichtete von der Absicht des damaligen Vizebürgermeisters Max Winter, "dass der Tiergarten für die Gemeinde Wien als großes Luftreservoir erhalten bleibe, während andererseits für Siedlungszwecke der Osten der Stadt in Aussicht genommen werden solle.“

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Der Lainzer Tiergarten ist ein geschützter Lebensraum für gefährdete Tier- und Pflanzenarten

Heute, 100 Jahre später, ist der Lainzer Tiergarten Teil des Biosphärenparks Wienerwald. Er bietet den Menschen Erholungsmöglichkeiten, Tieren ein Rückzugsgebiet und ist ein geschützter Lebensraum, in dem die Natur sich selbst überlassen bleibt. Der hohe Anteil von Totholz bietet vielen gefährdeten Tierarten einen Lebensraum, wie etwa dem Hirschkäfer, dem Alpenbock oder dem Scharlachkäfer. Gefährdete Pflanzenarten sind ebenso geschützt. Die beachtlichen Eichen- und Buchenwälder sind nach wie vor ein besonderes Merkmal des Lainzer Tiergartens.

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