Time-Out-Klassen: Ruf nach mehr Personal

„Noch nicht zu Ende gedacht“ ist für den Wiener Bildungsdirektor Heinrich Himmer das von Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) ins Spiel gebrachte Konzept von Time-Out-Klassen. Vor allem brauche es mehr Personal.

Faßmann stellte am Freitag einen neun Punkte umfassenden Plan vor, um Gewalt und Mobbing an Schulen in den Griff zu bekommen: darunter die Einrichtung von Time-Out-Gruppe - mehr dazu in Maßnahmenmix gegen Gewalt an Schulen. Die Frage sei vor allem: „Bekommen wir auch die nötigen Ressourcen, um mit jemandem zu arbeiten“, sagte Himmer am Freitag zu den Plänen.

Bildungsdirektor Heinrich Himmer im "Wien heute"-Interview

ORF

Bildungsdirektor Heinrich Himmer meldet Bedenken an Time-Out-Klassen an

Schon jetzt würden Kinder und Jugendliche bei Problemen temporär aus der Klasse genommen - in sogenannten „Cool-Down-Phasen“. Wenn man dies zu einer permanenten Einrichtung mache, dürfe dies aber nicht als Strafmaßnahme daherkommen. Am Ende des Tages müsse man mit den Betroffenen arbeiten, eine Beziehung aufbauen, so Himmer gegenüber „Wien heute“. Man wisse, dass Kinder, die Gewalt erfahren, Fachkräfte und längerfristige Unterstützung brauchen.

Appell für mehr Kooperation mit Wien

Doch soweit er es bisher mitbekommen habe, werde es nicht mehr Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter geben. Daher sei das nun vorgestellte Time-Out-Modell nur „sehr, sehr schwer“ umsetzbar, so Himmer weiter. Eine gute Zusammenarbeit zwischen dem Bildungsminsiterium und der Wiener Bildungsdirektion sei unbedingt vonnöten. Man müsse gemeinsam darüber nachdenken, so Himmer.

Vor allem müsse geklärt werden, was in diesen Time-Out-Gruppen passieren soll. „Da sollen fünf bis acht Jugendliche drinnensitzen, die sich nicht kennen, aus einem ganzen Bezirk oder Bundesland zusammengefasst, die ganz unterschiedliche Dinge angestellt haben“, so Himmer. „Geht es darum, die zu beaufsichtigen, dass sie sich nicht gegenseitig verletzen? Oder geht es darum, sich mit ihnen oder ihrer familiären Situation auseinanderzusetzen und Beziehungsarbeit zu leisten?“

Bildungsminister Heinz Faßmann nach Ministerrat

APA/Roland Schlager

Laut ÖVP-Bildungsminister Heinz Faßmann soll es nicht mehr Personal geben

Für letzteres brauche es zusätzliches Personal, das nicht absehbar sei. „Wir kämpfen darum, den Ist-Stand zu halten“, so Himmer. Beim konkreten Modell wünscht er sich eine Mitarbeit der Experten aus den Bildungsdirektionen: „Wir sind es ja, die das dann umsetzen müssen.“

Erinnerungen an Winkerlstehen

Kritik an Faßmanns Plänen kam auch von SPÖ-Bildungssprecherin Sonja Hammerschmid. Sie forderte am Freitag per Aussendung 100 zusätzliche Schulpsychologinnen und - psychologen sowie einen weiteren Ausbau von Peer-Mediations-Programmen, bei denen Schülerinnen und Schüler zu Streitschlichtern ausgebildet werden.

Kritisch sieht sie vor allem auch die geplanten Time-Out-Klassen: „Es gilt das Klassengefüge und Schulklima zu stärken und nicht einen Rückschritt zu veralteten Konzepten wie dem ‚Winkerlstehen‘ zu machen.“ Auch NEOS-Bildungssprecher Douglas Hoyos erinnern die geplanten Time-out-Klassen an „‚In-die-Ecke-stellen‘, eine steinzeitliche Bestrafungsmethode an Schulen, die keineswegs zielführend war.“

„Kurzzeitige Symptombekämpfung“

Er fordert stattdessen Disziplinarmaßnahmen für mobbende Schüler, weisungsfreie Mobbing-Meldestellen, mehr Sozialarbeiter und Schulpsychologen sowie eine Ausbildung für Direktoren und die Möglichkeit, „schwarze Schafe“ unter den Lehrern zu kündigen. JETZT-Bildungssprecherin Stephanie Cox ortete noch viele offene Fragen, etwa die Finanzierung und die Autonomie der Schulen bei der Umsetzung.

Neben mehr Schulsozialarbeitern will sie auch gemeinsamen Ethikunterricht für alle Kinder, unabhängig von ihrer religiösen Konfession. Mehr Schulsozialarbeiter und schulpsychologische Betreuung forderte auch die Bundesjugendvertretung, Time-out-Klassen lehnt sie als „kurzzeitige Symptombekämpfung“ ab.

Links: