Prozess wird wegen „Befangenheit“ verlegt

Der Strafprozess zur Causa „Blitzkredit“ der BAWAG an den strauchelnden US-Broker Refco im Herbst 2005 wird nicht am Wiener Straflandesgericht stattfinden, sondern in Wiener Neustadt - wegen „struktureller Befangenheit“.

Einer der Angeklagten ist seit kurzem mit einer Staatsanwältin verheiratet, die in der Wirtschaftsgruppe des Hauses beschäftigt ist, schreibt der „Standard“.

Der einstige Banker war im BAWAG-Verfahren rund um die „Karibikverluste“ freigesprochen worden. Auch seine jetzige Frau habe mit dieser und der Causa Refco zu tun gehabt. Die Sprecherin des Landesgerichts für Strafsachen Wien, Christina Salzborn, bestätigte die Verlegung des BAWAG/Refco-Prozesses nach Wiener Neustadt. Das Landesgericht Wiener Neustadt rechnet mit einem Verhandlungsstart im Herbst.

Alle Richterinnen und Richter des Straflandesgerichts Wien sowie dessen Präsident und Stellvertreter seien vom Verfahren ausgeschlossen, weil befangen, zitiert der „Standard“ aus dem OLG-Beschluss. Die Tatsache, dass einer der Angeklagten mit einer Wirtschaftsstaatsanwältin verheiratet sei, könnte wegen der „laufenden Zusammenarbeit“ nach außen hin den Anschein einer Befangenheit erwecken, so der Richter.

Der ehemalige BAWAG-Chef Johann Zwettler

APA/Gerog Hochmuth

Gegen den früheren Bawag-Chef Johann Zwettler und andere wird nun am Landesgericht Wiener Neustadt verhandelt

Ermittlungen seit zehn Jahren

Der Ausschluss eines ganzen Gerichts von einer Causa ist selten. Zuletzt wurde im Jahr 2013 der „Testamentsfälscher“-Prozess aus Gründen einer möglichen Befangenheit der Vorarlberger Justiz nach Salzburg ausgelagert.

Im mutmaßlichen Betrugsfall BAWAG/Refco, in der die Staatsanwaltschaft Wien seit mehr als zehn Jahren rund um einen 350-Millionen-Euro-Kredit ermittelt, ist Anfang März Anklage gegen vier Spitzenmanager der damaligen Gewerkschaftsbank wegen Beitrags zum schweren Betrugs bzw. Untreue erhoben worden.

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