Sex in Altersheim: Vorwürfe an Heimleitung

Die Patientenanwältin der Stadt Wien übt Kritik an Personalmangel und Struktur in Wiener Pensionistenwohnhäusern. Aktueller Anlassfall ist der Umgang mit dementen und sexuell aktiven Patienten.

Es geht um einen dementen Patienten, der sexuell hochaktiv war. Laut Zeugenaussagen in einem Arbeitsgerichtsverfahren begrabschte er im Pensionistenwohnhaus Rossau Pflegerinnen und wollte Sex mit dementen Patientinnen, die in derselben Gruppe betreut werden.

Wurden Frauen zugeführt?

Für Aufregung sorgt, wie vorgegangen wurde, wenn eine Frau Ja gesagt hat. „Unsere direkte Teamleitung bzw. Teamleitungen haben uns angeraten, sie ins Zimmer zu begleiten. Dadurch, dass sich ja viele der anderen Bewohner dadurch belästigt gefühlt haben“, so die ehemalige Betreuerin Johanna Annerl gegenüber dem Ö1-Morgenjournal. Belästigt etwa durch sexuellen Handlungen vor den Augen anderer oder belästigt durch anzügliche Aussagen mancher Frauen - mehr dazu unter oe1.ORF.at.

Pflegeheim

ORF.at/Christian Öser

Eine ehemalige Betreuerin erhebt schwere Vorwürfe gegen ein Pensionistenheim

Schwierige Situation für Personal

Zwei Frauen waren es, die öfter mit dem Mann in ihr Zimmer geführt wurden, sagt Diplomsozialbetreuerin Annerl. Aber: „Eine Dame hat im Vieraugengespräch eigentlich immer gesagt, sie will das nicht, wenn ich mit der Dame alleine war. Und wenn aber dieser besagte Mann dabei war, hat sie Ja gesagt. Für mich war dann nicht klar, ob sie es einfach gewohnt ist, bei einem Mann Ja zu sagen. Das war für mich eine sehr schwierige Situation. Ich wusste nicht, ob das einvernehmlich passiert.“

„Anweisung hat es nicht gegeben“

Patientenanwältin Pilz kritisiert aufgrund dieser Aussage auf dem Arbeitsgericht: „Hypersexualität ist ein beschriebenes Krankheitsbild. Da sagt die Fachliteratur nicht, dass man hilflose alte Damen zuführen soll, sondern, dass man dem Herrn helfen soll, sich auch adäquat zu verhalten.“

Doch Gabriele Graumann, für 30 Heime und 9.000 Patienten zuständige Geschäftsführerin der Wiener Pensionistenwohnhäuser sagt, Patient und Patientin seien selbstständig auf das Zimmer gegangen. „Ich schließe aus, dass eine Mitarbeiterin einem Mann eine Frau zugeführt hat. Diese Anweisung hat es nicht gegeben“, so Graumann.

„Personalmangel und Überforderung“

Die ehemalige Betreuerin Annerl bleibt aber bei ihrer Aussage. Man habe wegen Überforderung und Personalmangels nicht besser auf die Frauen und den Mann eingehen können. Zwei Betreuerinnen waren für bis zu 16 demente Personen zuständig. „Da hätte man viel mehr Zeit gebraucht, das Thema anzuschauen.“ Die ehemalige Betreuerin schließt aber auch nicht aus, dass die Frau im Vieraugengespräch aus Scham gesagt hat, sie wolle keinen sexuellen Kontakt mit dem Mann.

Patientenanwältin Pilz meint, nach dem Begleiten auf das Zimmer wäre nötig gewesen, „dass man nachher schaut, ob es psychische oder physische Anzeichen von Gewalt gibt, die vielleicht dadurch entstanden sind, dass sich die Frau überrumpelt, vereinnahmt oder gar vergewaltigt fühlt.“ Womöglich müsse ein Straftatbestand geprüft werden: „Das Im-Stich-Lassen und Quälen einer unmündigen Person.“

Heimaufsicht prüft Vorwürfe

Geschäftsführerin Graumann entgegnet: Wenn für die Betreuerin ein Strafdelikt im Raum gestanden wäre, „dann hätte sie anzeigen müssen“. Nach einem Brief der Patientenanwältin an Gesundheitsstadtrat Peter Hacker von der SPÖ prüft nun die Heimaufsicht den Personalstand und die Vorwürfe.

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