Kusejs Premieren-Saison an der Burg

Der neue Direktor des Burgtheaters, Martin Kusej, hat am Donnerstag seinen ersten Spielplan präsentiert. Der 58-jährige Kärntner Slowene folgt auf Karin Bergmann. Erste Aufführung im September: „Bakchen“ in der Regie von Ulrich Rasche.

„Ich glaube, das ist ein richtig fetter Spielplan, extrem auf Wien zugeschnitten, fürs Burgtheater gedacht und gemacht“, sagte Martin Kusej, am Donnerstag in der Pressekonferenz, bei der der Spielplan für die Burg 2019/2020 präsentiert wurde. „Neue Regisseurinnen und Regisseure, die man in Wien noch nicht kennt“, hat Kusej für das Burgtheater unter seiner Direktion versprochen, „neue Regiehandschriften aus ganz Europa“.

Tatsächlich kommen die Regisseure der Saison aus 13 Ländern. Und etliche haben in Wien noch nicht gearbeitet. „Wir arbeiten in einer flachen Hierarchie.“ Der zentrale Punkt aller Überlegungen sei: „Wien als Brennglas für Europa“.

Kusej holt 30 neue Ensemblemitglieder an Burg

Einen Zuwachs gibt es auch bei den Schauspielern an der Burg: 71 statt zuletzt 63 Schauspieler finden sich ab Herbst im Ensemble. Kusej bringt mit seiner Direktion 30 neue Ensemblemitglieder ans Haus, 19 Verträge wurden nicht verlängert, dazu kommen einige natürliche Abgänge durch Pensionierungen. Aus dem Münchner Residenztheater, wo Kusej Intendant war, bringt er 14 Schauspieler mit.

Burgtheater-Direktor Martin Kusej

APA/ Hans Klaus Techt

Kusej präsentierte am Donnerstag den Spielplan 2019/2020

„Das Ensemble war vielleicht der wichtigste Grund für mich, hier arbeiten zu wollen. Jetzt ist es eine tolle Mischung mit neuen Mitgliedern, die aus den verschiedensten Ecken Europas dazugekommen sind“, so der Neo-Burgtheater-Hausherr.

Er freue sich, dass er den Sprach- und Kulturgedanken seines Programms auch in das Ensembles hinüberführen konnte. „Ich habe überall in Europa wunderbare Schauspieler kennengelernt und mich gefragt, warum es sein kann, dass sie nie am Burgtheater zu sehen sind. Also habe ich ein paar dazu animiert, gefälligst Deutsch zu lernen und nach Wien zu kommen. Es ist mir wichtig, dass das Publikum großartige Schauspieler erleben kann, auch wenn sie den einen oder anderen Akzent haben.“

Start mit Pionier des Maschinentheaters

Mit „Die Bakchen“ des Euripides in einer Inszenierung des für seine eindrucksvollen Neuinterpretationen des Maschinentheaters zweimal Nestroy-Preis-gekrönten deutschen Regisseurs Ulrich Rasche eröffnet Kusej am 12. September seine Direktion am Burgtheater. Auf dem heute vorgestellten Saison-Spielplan 2019/20 finden sich einige Übernahmen aus dem von Kusej derzeit geleiteten Residenztheater.

Kusej bringt u.a. vier eigene Inszenierungen aus München mit und widmet sich in seiner ersten Wiener Neuinszenierung im November Kleists „Hermannschlacht“, die ältere Theaterbesucher noch in Claus Peymanns legendärer und nach Wien übernommener Bochumer Inszenierung (mit Gert Voss und Kirsten Dene) in Erinnerung haben. Unter den neuen Regisseurinnen und Regisseuren befinden sich der Deutsche Kay Voges ebenso wie der Isländer Thorleifur Örn Arnarsson.

Burgtheater von außen

APA/Georg Hochmuth

Die erste Aufführung in der neuen Saison findet am 12. September statt

Mit Arbeits- und Machtstrukturen aus weiblicher Perspektive („Theblondprojekt“ von Gesine Danckwart & Caroline Peters), den Umtrieben rechter Parteien („Tristesses“ von Anne-Cecile Vandalem) oder dem Klimawandel und anderen ökologischen Katastrophen („2020 oder das Ende“ von Alice Birch) werden viele der großen Themen unserer Zeit auf der Bühne behandelt.

Minichmayr und Moretti mit an Board

Die neuen Ensemblemitglieder sind auffallend jung: Die Hälfte ist unter 40 Jahre alt.Der älteste Neuzugang ist Tobias Moretti, der jüngste ist Jan Bülow, der aus dem Schauspielhaus Zürich nach Wien wechselt. Nicht am Haus geblieben sind unter anderem Petra Morzé, Christiane von Poelnitz und Aenne Schwarz - insgesamt gab es bei den Damen sieben Abgänge. Bei den Herren muss man künftig u.a. auf Joachim Meyerhoff verzichten, der laut Kusej nach 14 Jahren am Haus einen Tapetenwechsel wollte.

Burgtheater-Direktor Martin Kusej

APA/ Hans Klaus Techt

Kusej selbst plant vier eigene Inszenierungen an der Burg

Birgit Minichmayr, 1977 in Linz geboren, war bereits lange Zeit am Burgtheater engagiert. 2004 wechselte sie zu Frank Castorf an die Volksbühne am Rosa-Luxemburg-Platz in Berlin. 2007 kehrte sie ans Burgtheater zurück, bevor sie 2011 ans Münchner Residenztheater ging; dann arbeitete sie frei.

Aus dem Münchner Residenztheater bringt Kusej 14 Schauspieler mit, zudem finden sich einige Schauspieler aus Ländern wie Ungarn, Island, Israel oder Luxemburg im Ensemble - für den neuen Direktor „eine tolle Mischung“: „Wir bringen andere Sprachen, andere Auffassungen und andere Kulturen hinein.“

Theaterarbeit basiert auf drei Säulen

Die Vorhaben für die kommenden Jahre stünden auf drei Säulen, erläuterte der designierte Direktor. Diese seien Vielsprachigkeit, eine Auseinandersetzung mit dem „Publikum der Zukunft“ und der digitalen Gesellschaft.

„Hier nehme ich einen extremen Standpunkt ein: Rückbesinnung auf den Menschen, den Schauspieler, das Wesen aus Fleisch und Blut. Das ist unser Kerngeschäft: markante Geschichten mit starken Schauspielern zu erzählen.“ Es sei für ihn eine besondere Herausforderung gewesen, sich dabei „nach 30-jähriger Theatererfahrung zu fragen: Wie wird das weitergehen? Was sind Werkzeuge und Methoden, das sicherzustellen?“

Paradigmatisch für sein Konzept sieht Kusej jenes Stück, mit dem am 13. September im Akademietheater die Saison eröffnet wird: „Vögel“ des im Libanon geborenen Kanadiers Wajdi Mouawad sei "so etwas wie ein Signature Dish, eine Flaggship-Produktion für das, was wir hier versuchen. Es ist ein viersprachiges Stück mit arabischen, englischen, hebräischen und deutschen Textpassagen.

Burgtheater-Direktor Martin Kusej

APA/ Hans Klaus Techt

Kusej setzt auf Vielsprachigkeit in den Stücken

Schwerpunkt auf Jugendarbeit

Es stellt Fragen nach Identität, Herkunft und Kulturen. Das Stück behandelt die Frage: Wer bin ich und warum bin ich das?" Der israelische Regisseur und Schauspieler Itay Tiran, der fix ins Ensemble kommt, inszeniert, das Ensemble sei bereits eifrig am Hebräischlernen.

Dem Diskurs und der Jugendarbeit sind große Schwerpunkte gewidmet. Das Kasino am Schwarzenbergplatz soll als „neuer zentraler Ort für Literatur, Verständigung und Streitkultur“ dienen, erläuterte der zuständige Dramaturg Tobias Herzberg.

Das Burgtheaterstudio, das auch ein eigenes Ensemble aufbaut, bezieht im Vestibül sein Hauptquartier und bietet Labore, Workshops und Aufführungen für alle Interessierte ab 7 Jahren. Als Kooperationspartner in den Bezirken fungieren u.a. Gleis 21 und die Brunnenpassage. Zwei Produktionen für Volksschulkinder werden auch mobil in der Stadt unterwegs sein. Auch Bundesländer-Gastspiele sind angedacht.

Links: