Wenn das Internet zur Sucht wird

Ein Leben ohne Internet und Mails ist für die meisten Menschen nicht mehr vorstellbar. Doch ab wann ist von einer Internetsucht die Rede? „Radio Wien“-Psychologin Karin Busch-Frankl über die Alarmsignale.

Immer mehr und immer öfter online zu sein und alles andere nicht mehr so wichtig zu nehmen - das ist laut Busch-Frankl ein Symptom der Internetsucht. Sie ist wie jede andere Form von Sucht, ein Versuch, ein Bedürfnis durch Ersatz - in diesem Fall das Internet - zu befriedigen. Wissenschaftlich ist Internetsucht noch nicht anerkannt, obwohl das Suchtpotenzial des Internets ohne Zweifel groß ist. Schätzungen zu Folge sind rund drei Prozent der Internetnutzer als süchtig einzustufen.

Kontrollverlust als eindeutiges Zeichen

Erkennbar wird Internetsucht daran, dass sich die Gedanken nur mehr um das Internet drehen. Vor allem der Kontrollverlust sollte einem zum Nachdenken bringen - kann man den Zeitumfang nicht mehr kontrollieren, wird es ernst. Dabei vergessen betroffene Personen teilweise auf Grundbedürfnisse wie zu essen oder zu schlafen. Es kommt in Folge zu Erschöpfungszuständen und meist auch zum sozialen Rückzug, da für den Kontakt mit realen Personen keine Zeit mehr gefunden wird. Weitere negative Konsequenzen können Arbeitsverlust oder schulisches Versagen sein, so Busch-Frankl.

Ein Anzeigen einer Sucht ist auch das Verhalten bei fehlendem Internetzugang. Werden die Menschen unruhig, gereizt oder nervös, kann man durchaus von Entzugs-Symptomen sprechen.

Junger Mann sitzt vor Computer

Fotolia/lassedesignen

Meist kann aber gerade die Internetsucht nicht offen thematisiert werden und Betroffene neigen zum Bagatellisieren. Eltern sollten bei folgenden Signalen aufmerksam werden: Das Kind zieht sich zunehmend zurück, alles dreht sich um das Thema Internet beziehungsweise ein Spiel wird andauernd gespielt. Es kommt zu Schlafstörungen und das Kind wird zunehmend aggressiv, wenn sie ihm das Spielen untersagen wollen.

Hinweis

Die Sucht- und Drogenkoordination Wien hat einen Wegweiser zur Suchtprävention für Eltern von Kindern zwischen sechs und 13 Jahren herausgegeben.

Sucht als Ausgleich

Sucht betrifft vor allem unsichere Personen, Menschen mit einem geringen Selbstwertgefühl und depressiven Neigungen. Oftmals gibt es im Hintergrund ein Problem oder einen Konflikt, der nicht gelöst werden kann und das jeweilige Suchtmittel ist nur das „sichtbare“ Problem. Dieser Konflikt führt aber jedenfalls zu einem psychischen Ungleichgewicht. Sucht dient dann zum Ausgleich dieses Ungleichgewichts.

Junge Menschen neigen besonders dazu, in eine Scheinwelt zu flüchten und den Bezug zur Realität zu verlieren. Nimmt der soziale Rückzug zu, entsteht Aggression. Diese wird in diversen Spielen ausgelebt, jedoch nicht ausreichend abgebaut. Ein wirklicher Ausgleich stellt stattdessen Sport dar.

Was tun im Ernstfall?

Ist man von Internetsucht betroffen, muss man sich wie bei jedem anderen Suchtmittel als ersten Schritt die Sucht per se selbst eingestehen. Dabei ist es sinnvoll, sich einen Zeitplan zu machen und Pausen einzukalkulieren. Die Zeit vor dem PC sollte zunehmend reduziert werden und man sollte versuchen, sich in der frei gewordenen Zeit Gutes zu tun, zum Beispiel spazieren zu gehen oder Freunde zu treffen.

Ohne Leidensdruck ist es für viele Menschen jedoch schwer, das eigene Verhalten zu ändern. Druck von außen, von der Familie oder den Eltern ist zudem meist nicht ziel führend, sondern erzeugt Gegendruck.

Klare Regeln für Kinder

Wenn Eltern meinen, ihr Kind könnte bereits eine Internetsucht entwickelt haben, sollten sie das Gespräch mit dem Kind suchen, Vor- und Nachteile sowie Gefahren besprechen, klare Regeln für die Internetnutzung mit Zeitbeschränkungen vereinbaren und vor allem Alternativen erarbeiten - zum Beispiel Musik, Sport, Kino.

Sendungshinweis

„Radio Wien“-Magazin, 25.6.2012

Wenn bereits eine Sucht nach den zuvor genannten Kriterien entstanden ist, handelt es ich um ein Krankheitsbild und dann sollte man sich schnell professionelle Unterstützung holen.

Links: