Talente erkennen und fördern

Spezielle Fähigkeiten und individuelle Begabungen von Kindern zu erkennen und im richtigen Ausmaß zu fördern, zählt zu den wichtigsten Aufgaben von Erziehungsberechtigten. „Radio Wien“-Psychologin Karin Busch-Frankl hat Tipps für Eltern.

Viele Eltern sind heute häufig verunsichert, da ihnen durch die Medien und diverse Informationsquellen suggeriert wird, Kinder müssten immer und ständig gefördert werden, um sie leistungsfähiger zu machen und sie besser für den bevorstehenden Lebensweg zu rüsten. Das führt nicht selten dazu, dass viele Kinder einen regelrechten Kursmarathon, von Ballett- und Klavierkursen bis hin zu regelmäßigen Verpflichtungen in diversen Sportvereinen, bewältigen müssen.

Kinder fördern, ohne sie zu überfordern

Abgesehen davon, dass diese Überforderung oft mit der Gefahr sozialer Verwahrlosung aufgrund zu geringer persönlicher Beschäftigung mit dem Nachwuchs einhergeht, wird den individuellen Neigungen und tatsächlichen Interessen der Kinder oft zu wenig Beachtung geschenkt.

„Sinnvoll wäre es für Eltern daher“, erklärt „Radio Wien“-Psychologin Karin Busch-Frankl, „sich einmal zurück zu lehnen und sich die Fragen zu stellen: Was braucht mein Kind wirklich? Wo liegen seine Interessen und Fähigkeiten? Wo braucht es wirklich Förderung und Unterstützung?“ Die kindgerechte Talenteschmiede ist eine filigrane Kunst, die besonderes Fingerspitzengefühl erfordert.

Zwei Kindergartenkinder

Fotolia/Dron

Vorliebe bestimmte Dinge zu tun

Busch-Frankl definiert Talent als besondere Fähigkeit, bzw. Vorliebe bestimmte Dinge zu tun. Talente können sich in vielen Bereichen manifestieren: Mathematik, Sport, Handwerk, Musik, Organisation... Auch genetische Faktoren spielen eine Rolle, wie etwa innerhalb von Familien, in denen z.B. musikalische Virtuosität sehr ausgeprägt ist. Jedoch genügt auch auch in solchen Fällen Talent allein nicht! Hier bewahrheitet sich die Weisheit „Übung macht den Meister“. Selbst talentierste Kinder können keine großartigen Leistungen bringen, wenn sie nicht üben, bzw. gefördert werden.

Sendungshinweis:

Radio Wien Magazin, 17. Juni 2013

Interessant die Tatsache, dass Talente und Begabungen sich nicht zwingend in frühen Jahren zeigen. Gute soziale Fähigkeiten, können sich vielleicht erst in der Oberstufe herauskristallisieren. Es muss auch nicht immer die Spitzenbegabung sein, viele Menschen haben eine allgemein gute Durchschnittsbegabung. Auch diese Fähigkeit des Allrounders ist in vielen Bereichen von großem Wert.

Schulische Leistungen kein Garant für Erfolg

„Du lernst nicht für die Schule, sondern fürs Leben.“ Wer hat diesen Satz in seiner Jugend nicht gehört? Grundsätzlich natürlich völlig richtig. Aber auch ein zweiter Lehrsatz wäre sinnvoll gewesen: Nicht alles, was Du für Dein Leben brauchst, lernst Du in der Schule. Für wichtige Kompetenzen, die man für ein erfülltes, glückliches Leben unbedingt benötigt, gibt es keine Unterrichtsfächer. Wer glaubt, aufgrund der schulischen Leistungen vorhersagen zu können, wie erfolgreich und glücklich das Kind später im Leben einmal sein wird, liegt falsch.

Kinder sollen vieles ausprobieren

Busch-Frankl appelliert an die Eltern, dem Kind die Möglichkeit zu geben, vieles auszuprobieren. Jedes Kind hat einen Forschungsdrang, der unterstützt werden muss und auch eine eigene Geschwindigkeit, neues zu begreifen. Hier gilt es weiters zu beachten, dass es Zeiten der Kreativität und des Stillstandes gibt. Eltern sollten zudem Kreativität zulassen und nicht immer gleich den Nutzen einer Tätigkeit beurteilen.

Nur zu wissen, wo das Talent verborgen ist, reicht nicht aus. Motivation ist der Schlüssel zum Erfolg. Oftmals benötigen Kinder hier Unterstützung und Zuspruch, vor allem wenn es an Mut mangelt oder Ängste vorhanden sind. Wichtig zu wissen ist weiters, dass Kinder Motivation aus sich heraus (wegen der Sache an sich) oder wegen z.B. guter Noten und Lob entwickeln können. Damit wird Durchhaltevermögen mit Glücksgefühl und Sinngefühl verbunden. Sind diese Gefühle vorhanden, werden Kinder mit Begeisterung Aufgaben oder Dinge erfüllen und so ihre Talente fördern

Zwei Kinder spielen im Kindergarten

APA/Herbert Neubauer

Zehn Tipps für die richtige Förderung von Kindern:

  • Kindern Freiraum zur Entfaltung bieten
  • Zeit für Spiel anbieten, Wissensbegierde unterstützen
  • Konzentration und Ausdauer fördern
  • Möglichkeiten zum Entdecken schaffen und Angebote machen
  • Keinen Druck ausüben und Vorsicht vor Überforderung
  • Angst nehmen und Rückschläge als Teil des Lernens erklären
  • Zeit geben, nicht immer müssen sich Talente gleich zeigen, manche Kinder brauchen Zeit, um ihre eigenen Talente herauszufinden
  • Eigene Vorstellungen und Wünsche in den Hintergrund stellen, Reduktion von Perfektionismus, Kind nicht zum „Star“ machen, Kind sein lassen
  • Optimalfall: Talent und Beruf können in Einklang gebracht werden

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