Die „Zweite Geige“ sein

Warum ist man oft „die Zweite Geige“ für den Partner und kann man auch als „Zweitfrau“ oder „Zweitmann“ glücklich oder zumindest zufrieden sein - Tipps hat Kommunikationsexpertin Nana Walzer.

Warum man oft „die Zweite Geige“ ist, liegt daran, dass es so viele Möglichkeiten gibt, wie man bzw. frau hintenangestellt werden kann: Zum Beispiel die Frau nach der Ex zu sein, die der Partner noch nicht überwunden hat. Oder die zweite Ehefrau zu sein, wobei die erste Ehe vielleicht tiefe Wunden hinterlassen hat.

Sendungshinweis:

„Radio Wien am Nachmittag“, 22.11.2018

Oder man kommt erst an zweiter Stelle nach der Arbeit. Wie viele Partner bringen kaum Energie für ihr Gegenüber auf, weil sie ihre Arbeitssituation voll in Beschlag nimmt. Manchmal ist es auch eine Patchworksituation, die eine neue Partnerin auf die hinteren Ränge der Aufmerksamkeit verweist. Etwa wenn kleinere Kinder da sind, die verständlicherweise den Vorrang haben. Und dann gibt es natürlich auch den „Klassiker“, also die Geliebte neben einer Hauptfrau oder Freundin zu sein.

Mann lacht über tablet Frau schaut genervt

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Schlechtes Gefühl, als „Zweite(r)“

Das Schlüsselelement von Beziehungen ist Vertrauen. Natürlich sehnen wir uns auch nach Anerkennung, danach gesehen werden, Wertschätzung zu erfahren. Aber im Kern geht es um ein vertrauensvolles Miteinander. Und wer unter Selbstzweifeln leidet, kommt mit der Rolle als Zweite oft schlecht zurecht. Wir müssen uns selbst zunächst voll vertrauen können. Dann können wir auch besser unterscheiden, warum wir uns in der Position einer „Zweiten“ befinden und was wir selbst dazu beigetragen haben.

Wir können uns fragen, warum wir uns einen solchen Partner ausgesucht haben. Was daran gut ist. Vielleicht die viele Freizeit? Vielleicht die Bestätigung alter Vorurteile, die wir uns selbst gegenüber haben wie, dass wir es ja gar nicht wert sind, geliebt zu werden? An einer Partnerschaft sind immer zwei beteiligt. Selbst wenn wir hinters Licht geführt wurden und herausgefunden haben, dass jemand eigentlich schon vergeben ist, sollten wir uns fragen: was hat das mit mir zu tun? Warum lasse ich mich so täuschen? An welchem Irrglauben halte ich fest, welche Typen suche ich mir aus, welche Erwartungen werden damit erfüllt?

Als „Zweite Geige“ zufrieden sein?

Selbstverständlich. Allerdings nur, wenn diese Position auch wirklich ist, was man selbst will – oder wenn es realistischen Spielraum für eine Entwicklung der Partnerschaft gibt. Solange man selbst lernen und wachsen kann und will, kann man sich auch freiwillig in einer weniger optimalen Situation aufhalten. Es ist nie zu spät, dass wir als Menschen reifer und beziehungsfähiger werden, sofern wir dies wollen. Sinnlos ist es dann, wenn die eine etwas völlig anderes als der andere will.

Ein paar wichtige Punkte zur Zufriedenheit als „Zweitfrau“: Auf die eigenen Bedürfnisse achten und nicht jedem Wunsch des anderen klein beigeben. Verständnis für die Situation es Partners aufbringen, aber auch klare Grenzen ziehen. Es gibt einen deutlichen Unterschied zwischen Partnerschaft und Therapie oder zwischen hochemotionalen Beziehungen und dem Ausagieren von vergangener Frustration und Enttäuschung am Partner. Schuldzuweisungen sollten vermieden werden. Stattdessen geht es um Verantwortung.

Die Erkenntnis, dass nicht der andere, sondern ausschließlich man selbst für das eigene Glück und die eigene Zufriedenheit verantwortlich ist, ist die größte Befreiung. Mit der Unabhängigkeit vom anderen kommt nämlich das Gefühl für die Selbstbestimmung und damit wiederum geht ein höheres Selbstwertgefühl und Selbstbewusstsein einher. Und ja, das macht uns wiederum attraktiver für Menschen mit einem guten Selbstgefühl. In einem solchen Resonanzfeld ist es einfacher sich selbst und anderen positiv zu begegnen und Zufriedenheit in sich selbst und mit anderen zu erfahren.

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Nana Walzer