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ORF.at/Dominique Hammer
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AK-Tipp

Unbezahlte Überstunden

2018 haben alle ArbeitnehmerInnen in Österreich insgesamt 255 Millionen Mehr- und Überstunden geleistet. Davon wurden allerdings 43 Millionen nicht bezahlt und zwar weder in Geld noch gab es dafür Zeitausgleich. Unbezahlte Überstunden sind diesmal das Thema in „Ganz auf Ihrer Seite“ mit den Expertinnen der Arbeiterkammer Wien.

43 Millionen unbezahlte Überstunden! Das ist so viel, als würden wir gute zwei Monate im Jahr kein Geld und keinen Zeitausgleich für unsere Überstunden bekommen, also ab 31. Oktober. Um auf diesen Umstand aufmerksam zu machen hat die Arbeiterkammer und der ÖGB den „Überstunden-Zahltag“ ausgerufen. Das allerwichtigste ist zunächst, Arbeitszeitaufzeichnungen zu führen, und zwar regelmäßig, lückenlos und auf die Minute genau. Und bitte Beginn und Ende Ihrer gesamten Arbeitszeit notieren und nicht bloß Tagessummen.

Sie können die Arbeitszeiten in einen Kalender eintragen oder am Computer eintragen oder in einer eigenen Liste. Diese Aufzeichnungen sind nämlich im Streitfall vor Gericht entscheidend. Der Arbeitgeber hat übrigens die Pflicht, Arbeitszeitaufzeichnungen zu führen, kann aber diese Aufgabe auch an den Mitarbeiter übertragen. Führt man die Aufzeichnungen im Auftrag des Arbeitgebers, muss man diese in der Regel beim Arbeitgeber abgeben. In diesem Fall sollte man sich aber jedenfalls auch selbst eine Kopie aufheben.

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ORF.at/Dominique Hammer
43 Millionen Überstunden in Österreich werden unbezahlt geleistet

Bestätigung, Gericht, Jobverlust

Sie müssen Ihre Arbeitszeitaufzeichnungen zum Beispiel nicht von ihrem Chef unterschreiben lassen. Sie müssen eben minutengenau, vollständig und immer auf dem letzten Stand sein. Dann sind sie auch vor Gericht glaubwürdig. Eine Bestätigung durch Unterschrift des Vorgesetzten erleichtert aber natürlich den Beweis vor Gericht und ist daher besser – ist allerdings nicht überall üblich.

Man muss bei offenen Überstunden nicht gleich zu Gericht. Offene Überstunden sollte man allerdings auch im laufenden Arbeitsverhältnis immer wieder einfordern, am besten schriftlich. Denn viele Arbeitsverträge aber auch Kollektivverträge sehen für die Einforderung von Überstunden sehr kurze Verfallsfristen vor. Das bedeutet, dass Überstundenansprüche verfallen, wenn Sie die Überstunden nicht rechtzeitig einfordern. Wenn Sie Ihre Überstunden aber erst einmal nachvollziehbar eingefordert haben, hemmt das den Verfall und bringt Zeit mit dem Arbeitgeber zu verhandeln, bevor man zu Gericht geht.

Sendungshinweis:

„Radio Wien am Vormittag“, 7.11.2019

Wenn Sie gekündigt werden, weil Sie berechtigte Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis einfordern, können Sie die Kündigung bei Gericht anfechten. Für eine solche Kündigungsanfechtungsklage gelten jedoch extrem kurze Fristen, nehmen Sie daher in einem solchen Fall sofort Kontakt mit Ihrer Fachgewerkschaft oder Ihrer Arbeiterkammer auf.

Überstundenpauschale und All-In Vertrag

Prüfen Sie nach, ob mit Ihrer Überstundenpauschale auch tatsächlich alle Überstunden abgedeckt sind, die Sie geleistet haben und fordern Sie Ihren Arbeitgeber auf, nachzuzahlen, wenn das nicht der Fall ist. Ein Überstundenpauschale soll die durchschnittlich anfallenden Überstunden abdecken und die Abrechnung erleichtern.

Arbeitnehmer dürfen dadurch aber nicht schlechter gestellt werden, als durch die Einzelabrechnung. Daher wird meist am Ende des Kalenderjahres überprüft, ob mit der bezahlten Pauschale die gesamte Mehrleistung abgedeckt ist. Ist das nicht der Fall, muss es eine Nachzahlung ergeben. Stellt sich schon unter dem Jahr heraus, dass sich die Pauschale nicht ausgeht, sollte man bereits früher aktiv werden und eine Nachzahlung oder Aufstockung verlangen.

Viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer freuen sich erst einmal, wenn Sie mit einem All-In-Vertrag ein hohes Entgelt verhandelt haben. Aber wenn Sie viele Überstunden leisten, dann wird der Stundenlohn immer geringer, sodass Sie sogar unter das Mindestentgelt laut Kollektivvertrag fallen können. Der Arbeitgeber ist auch hier verpflichtet, jedes Jahr eine Deckungsrechnung durchzuführen, ob mit dem All-In-Gehalt auch tatsächlich Ihre gesamten Leistungen abgedeckt sind. Wenn Sie das nachprüfen lassen wollen: Lassen Sie sich von Ihrer Fachgewerkschaft oder von der Arbeiterkammer beraten.

Unbedingt Arbeitszeitaufzeichnungen führen

Um die eingangs erwähnten Arbeitszeitaufzeichnungen zu führen, bietet die Arbeiterkammer einen Arbeitszeitkalender für 2020 an, den kann man bereits jetzt vorbestellen, er wird Mitte November erhältlich sein. Der AK Arbeitszeitkalender ist recht handlich, man kann ihn überallhin mitnehmen, damit man seine Arbeitszeit auch wirklich immer tagesaktuell eintragen kann. Aber es gibt auch den AK Arbeitszeitspeicher. Mit diesem kann man die Arbeitszeiten direkt am Smartphone erfassen: Sie finden ihn in der AK App Frag uns!