Radio Wien

Fragen zu Corona: Medizinisches

Die Antworten von Assoc. Prof. Priv.-Doz. Dr. Christoph Steininger, Virologe Meduni Wien

Ich habe einen Termin beim Zahnarzt, darf ich hingehen?

Steininger: Soziale Kontakte müssen derzeit auf ein absolutes Minimum reduziert werden, dazu gehören auch Arztbesuche. Sollten Sie also einen Zahnarzt-Kontrolltermin geplant haben, sagen Sie ihn ab! Nur wenn es dringend und unbedingt erforderlich ist, sollten Sie Arztbesuche wahrnehmen.

Stimmt es, dass etwa 70 bis 80 Prozent der Menschen am Ende infiziert sein werden?

Steininger: Das ist eine Schätzung. Wir wissen es nicht genau wie viele Menschen sich am Ende der Pandemie infiziert haben. Es ist einfach nicht abzuschätzen. Wir wissen nur, wenn eine gewisse Zahl an Menschen in der Bevölkerung infiziert ist, das Virus keine empfänglichen Menschen mehr findet und damit ganz schlecht oder gar nicht mehr weitergegeben werden kann. Das hängt sehr von der Virusinfektion ab.

Ist eine Übertragung durch Bargeld möglich?

Steininger: Ja, es ist immer ein Thema und man muss sich im täglichen Leben immer überlegen, wie man Kontakte mit dem Virus möglichst minimieren kann. Das soll jetzt nicht heißen, dass man Geldscheine nicht mehr verwenden soll, aber auch hier gilt: Hände sorgfältig desinfizieren oder zumindest waschen, nachdem man Geldscheine ausgetauscht hat.

Halten wir uns in Österreich an die Maßnahmen?

Ja, ich finde, dass sich 99 Prozent der ÖsterreicherInnen gut daran halten. Und ich finde es auch ganz interessant, dass sich eine soziale Entwicklung herauskristallisiert, dass Menschen, die sich nicht daran halten, von den anderen zumindest „schief beäugt“ werden und dadurch auch ein Gruppendruck entsteht.

Stimmt es, dass Ibuprofen gefährlich ist?

Ja, es gibt eine vorläufige Studie zu dem Thema, allerdings in einer extrem geringen PatientInnenzahl. Ich würde mich nicht trauen da jetzt schon eine klare Empfehlung abzugeben. Und die Empfehlung der WHO habe ich auch so verstanden, dass man sicherheitshalber darauf hinweist, dass es diese Möglichkeit gibt, aber die Fakten sind definitiv noch nicht ausreichend, dass man hier eine klare Stellung bezieht.

Werden wir in vier Monaten eine „After Corona“ Party feiern?

Also die vier Monate, von denen wir hoffen, dass das Größte überstanden ist, das ist eine positive Schätzung und auch Hoffnung von mir. Bitte nageln Sie mich in vier Monaten nicht darauf fest. Vielleicht sind wir sogar schon früher erfolgreich, wenn die Maßnahmen, die jetzt getroffen worden sind, wirklich gut greifen.

Könnte es auch länger als vier Monate dauern?

Ja, wir sehen in China ist das relativ rasch besser geworden, aber wir wissen alle nicht, wie die Situation sich in China weiterentwickelt, wenn die Barrieren heruntergefahren werden. Ob es dann wieder neue Fälle gibt und wie sich das entwickelt.

Muss ich beim Spazierengehen die Straßenseite wechseln?

Nein, absolut nicht. Es ist wichtig, dass sich keine Gruppen bilden, aber gerade im Freien wo Luftzug besteht, wo das Virus ohnehin nicht lange in der Luft überleben kann, muss man sich keine Sorgen machen.

Sind die jetzt getätigten Maßnahmen wichtig?

Ja, ich finde diese Maßnahmen sehr wichtig. Auch in der Konsequenz sind sie sehr wichtig, weil nur wenn man hier wirklich sehr konsequent vorgeht, kann man wirklich eine Veränderung und einen positiven Einfluss erwarten.

Soll ich vom Hausarzt verschriebene Medikament weiterverwenden?

Ja, dann tun Sie das bitte. Es hat auch Diskussionen gegeben bezüglich Bluthochdruckmedikamenten. Auch da ist diese Diskussion gestartet worden über theoretische Überlegungen aus Laborexperimenten. Mittlerweile gibt es da schon eine Stellungnahme von relevanten, internationalen, kardiologischen Gesellschaften, also Herzspezialisten, die klar stellen: Man soll nicht aufhören, diese Medikamente zu verwenden und man soll sich auch nicht große Sorgen machen.

Sind Behälter von Essenslieferanten (z.B. Pizzaschachteln) Überträger und somit gefährlich?

Da muss man die Kirche im Dorf lassen. Es ist wesentlich gefährlicher, wenn man hier beginnt nachzudenken, dass man verhungert, als, dass man sich infiziert. Man weiß, dass auf Papier und Karton das Virus schon einige Stunden überlebensfähig ist, aber die Wahrscheinlichkeit ist so gering, dass ich da keine Sorge hätte, wenn ich so eine Pizzaschachtel annehme.

Norbert fragt: „Ist man nach der Genesung immun gegen das Virus?“

Nach derzeitigem Wissensstand ist man immun und kann nicht mehr infiziert werden. Ganz sicher wissen wir das aber noch nicht, weil wir noch keine immunologischen Tests für das Corona Virus zur Verfügung haben.

Kann man z.B. „Öffis“ über Klimaanlage desinfizieren?

Möglich ist vieles, die Frage der Sinnhaftigkeit stellt sich da. Klimaanlagen sollten kein Problem sein, weil fast alle Klimaanlagen Filter eingebaut haben, die Bakterien und hoffentlich auch Viren herausfiltern sollen.

Wie geht es mit den immunologischen Studien voran?

Meines Wissens wird gerade ein Test in den USA evaluiert und es gibt viele andere Gruppen, inklusiver meiner, die an dieser Fragestellung arbeiten.

Können Blutspenden von bereits genesenen Corona-Patienten das Immunsystem eines Empfängers auf das Corona-Virus vorbereiten?

Auch das ist eine Frage von Studien die gerade laufen. Es gibt ja auch die Möglichkeit, dass man Antikörper von einem Menschen, der eine ausgeheilte Infektion hat, einem Kranken gibt. Da wissen wir aber noch nicht, wie effektiv diese Art der Therapie ist. Bei SARS war das nicht sehr effektiv.

Kann man Gesichtsmasken wiederverwerten?

Masken kann man wieder aktivieren oder wieder nutzbar machen, allerdings nur in den dafür vorgesehenen Labors oder Einrichtungen wie in Krankenhäusern. Man kann im normalen Haushalt mit keinem der verfügbaren Mitteln eine Maske wieder sterilisieren oder reinigen, sodass man sie wiederverwenden könnte.

Kann man Haushaltsdinge, zum Beispiel Zeitungen, im Backrohr desinfizieren?

Das bringt gar nichts. Ist völlig übertrieben und auch teilweise nutzlos. Wichtig ist, dass man sich die Hände immer wieder wäscht. Dass man Obst und Gemüse mit Wasser gut abspült. Dass man im Haushalt Oberflächen mit den üblichen Seifen und Reinigungsmitteln reinigt. Und dass man, wenn man Zeitung liest, nicht die Angewohnheit hat, dass man den Finger befeuchtet bevor man umblättert.