Radio Wien

Tagebuch aus der Sperrzone Tag 8

Tag 8: Alex Jokel, Moderator

Olivia Peter und Alex Jokel
ORF

Liebes Tagebuch:
Mir wurde gestern von einem Kollegen zugetragen, dass es Studien gibt, die belegen, dass erwachsene Personen, die man in Ausnahmesituationen zusammenpfercht, neben Lagerkoller auch Infantilismus entwickeln. Allerdings halte ich meinen Informanten für nicht ganz glaubwürdig. Hat mich auch nach dem Weg zur Sesamstraße gefragt.

Doch zurück zum Wesentlichen: Olivia P. hegt in ihrem gestrigen Tagebucheintrag die Hoffnung, ich sei in sie verliebt. Vielleicht hat sie recht. Als ambitionierter Heimwerker kann ich mich natürlich auch für Ihre Hammerzehen sehr begeistern. Finde ohnehin Vernunftbeziehungen langlebiger. Wir haben darüber im abendlichen Gremium gesprochen. Von einigen Beteiligten wurde angezweifelt, dass wir uns auf Anhieb vertragen würden. Lösung: Schrittweise Annäherung. Ich soll ihr ab jetzt täglich eines meiner Kleidungsstücke vor die Türe legen, damit sie sich an meinen Geruch gewöhnen kann, bevor ich bei ihr einziehe. Möchte allerdings noch etwas abwarten, habe letzte Woche Beyoncè auf Facebook einen Heiratsantrag gemacht und noch keine Antwort bekommen. Wenn ich was auf den Tod nicht ausstehen kann, dann Frauen, die einen hinhalten!

Übrigens! Durfte bereits Olivia´s Eltern via Videotelefonat kennenlernen. Halten mich für einen Schleimer, nachdem ich Ihre Mutter gefragt habe, ob sie ihre Schwester sei, weil sie doch niemals eine 34-jährige Tochter haben könne. Ich bin enttarnt! Wahrscheinlich muss ich die Mitgiftforderung etwas reduzieren.
Verordne mir jetzt selbst eine Zwangspause, weil mir das ganze etwas entgleitet.

Tag 8: Olivia Peter, Moderatorin

Liebes Tagebuch!

Don’t panic. Aber ich bin krank! Es ist nicht das Putzfieber. Diese Scheuermilch ist gerade nochmal an mir vorbeigegangen. Ich hab ihm, dem Putzfieber – Achtung, ganz schlechter Wortwitz – eins ausgewischt. Es ist auch nicht das C-Virus. Es ist viel, viel schlimmer: Ich habe Halsweh! Aber die Kolleginnen und Kollegen sind entzückend. Seit ich ihnen von meinen Halsschmerzen erzählt habe, überlassen sie mir beim Essen einen eigenen Tisch! Ganz für mich allein! Wenn ich abends in den Gemeinschaftsraum komme, stehen sie sogar auf. Und heute morgen, als ich zeitgleich mit Kollegin Vogel zum Duschen ging, hat sie gesagt: „Du, ich komm später wieder! Geh du nur allein!“ So viel Höflichkeit in einem Ferienlager. Einfach schön.

Zudem offenbaren sich die großen Vorteile des Zusammenlebens in freiwilliger Isolation. 1 Krankheit. 13 ExpertInnen. Jeder Ratschlag legt den Charakter der betreffenden Person frei. Kollegin Huemer? Die Fürsorgliche. Sie hat mir ihre „Wärmeflasche“ zur Verfügung gestellt. Anmerkung: Ich muss ihr beizeiten sagen, dass das „Wärmflasche“ heißt. Kollege Polevkovits hat sich unter Tränen von Udo getrennt. Udo, the Bademantel: „Du brauchst ihn jetzt dringender, aber ich werde ihn niemals vergessen!“ Ich habe mich bedankt mit „Merci, cherie!“. Kollegin Weissenböck erscheint bodenständiger Natur. Sie hat mir Schnaps offeriert. Anmerkung: Der Sprudel, den sie unter ihrem Bett lagert, wäre mir lieber gewesen. Aber der ist offenbar schon leer. Unübertroffen das Angebot von Frau Direktorin. Sie will mein Zimmer desinfizieren. Beim Angebot hatte sie fiebrigen Glanz in den Augen. Ich werde annehmen, sonst fällt ihr vielleicht ein, mich stattdessen abzukärchern. Als einziger aus der Reihe getanzt ist natürlich wer? Richtig! Kollege Jokel. Er hat meinen Moment der Schwäche ausgenutzt, um mich in sein Zimmer zu locken. Angeblich stünde da ein total gutes, homöopathisches Mittel gegen Erkältung. Es war unauffindbar.

Etwas abgewinnen konnte die Runde allerdings seinem Vorschlag des Kalbsbutterschnitzel-Schnelltests: Sie wollen mich in meinem Zimmer aufs Fensterbrett stellen und mir dann einen Schubs geben. Wenn ich fliege, bin ich gesund. Wenn ich abstürze, esse ich mein letztes Abendmahl. Das wartet dort – wie die geneigten LeserInnen meines Tagebuchs wissen – ja bereits auf mich.

Bis morgen
Deine Olivia