Radio Wien

Fragen und Antworten zu den Impfstoffen

In den USA hat der Impfstoff Janssen von Johnson&Johnson eine Notfallzulassung bekommen, in der EU könnte es demnächst soweit sein. Dann gibt es noch den russischen Impfstoff Sputnik – können Sie die Wirkung dieser Impfstoffe erklären?

Johnson&Johnson als auch Sputnik V sind Vektorenimpfstoffe, gehen also in die gleiche Richtung wie der AstraZeneca-Impfstoff. Im Grunde sind die Konstrukte, die Technologie sehr ähnlich. Außer, dass bei AstraZeneca das selbe Adenovirus für die zwei Impfungen verwendet wurde. Beim Sputnik zwei unterschiedliche und bei Johnson&Johnson ein humanes Adenovirus, das nur einmal gegeben wird.

Sind die Impfstoffe untereinander kompatibel? Angenommen ein Impfstoff geht aus, kann man die zweite Impfung von einem der anderen Hersteller bekommen?

Es gibt eine Regel beim Impfen: Die Grundimmunisierung wird immer mit dem gleichen Produkt gemacht. So sind alle Zulassungen und Studien angelegt. Wir kennen dieses Mixen von Impfstoffen in der Grundimmunisierungsphase nicht. Die begonnene Impfserie mit den zwei Dosen soll mit dem gleichen Produkt abgeschlossen werden. Wenn es danach allerdings zu einer Auffrischungsimpfung kommen muss oder soll, kann man auch mit einem anderen Produkt auffrischen. Das ist dann sicher kein Problem.

Man hört immer nur von den Nachteilen des AstraZeneca-Impfstoffes, was sind die Vorteile?

Diese Art der Vektorenimpfstoffe ist ein gut bewährtes System, das wir seit Jahrzehnten kennen. Wir haben bereits sehr viele Menschen bereits mit auf Adenoviren basierenden Vektor-Technologien immunisiert, daher ist diese Technik sehr sicher. Auch die Lagerung von zwei bis acht Grad macht die Verteilung einfacher. Es könnte also sein, dass Sie sich den Impfstoff in der Apotheke besorgen oder gleich zu Ihrem Hausarzt gehen, der Ihnen den Impfstoff dann verabreicht.

Kann man die Impfstoffe eigentlich kombinieren? Also wäre beispielsweise nach einer ersten Spritze von AstraZeneca eine Auffrischung mit Pfizer möglich?

Nein. Dazu gibt es auf der einen Seite keine klinischen Daten und auf der anderen Seite ist es immunologisch tatsächlich so, dass hier dann Unterschiede wieder in der Wirksamkeit und in der Bildung von Antikörpern auftreten kann. Aus heutiger Sicht ist es nicht empfehlenswert, diese beiden zu mischen.

Der AstraZeneca Impfstoff soll in Österreich nur an Personen von 18 bis 65 Jahre geimpft werden. In Italien wird dieser nur bis 55 empfohlen. In der Schweiz wurde die AstraZeneca-Zulassung verschoben. Warum ist das so unterschiedlich?

Erstens ist es so, dass Italien diese Bestimmung mittlerweile aufgelassen hat und ebenfalls bis 65 geht. Die überwiegende Zahl der Länder sagt 18-64, einfach deshalb, weil für diese Altersgruppe wirklich valide Zahlen zur Wirksamkeit vorgelegt worden sind. Wenn Sie heute einen Impfstoff registrieren lassen wollen, dann müssen Sie der Arzneimittelbehörde nicht nur zur Verträglichkeit entsprechende Daten vorlegen, sondern Sie müssen auch die Wirksamkeit beweisen. Und das gelingt im Moment – und das wird sich ändern – nur für die Altersgruppe 18-64, weil die anderen Gruppen zu klein waren, um diesen Nachweis zu führen. Es laufen aber mittlerweile zwei riesige Studien sowohl in Großbritannien als auch in den USA, die schon in Bälde Aussagen darüber zulassen werden, ob diese Wirksamkeit, die wir von 18-64 gesehen haben, auch in den älteren Altersgruppen vorkommt. Und nach allem, was man bisher so hört, dürfte das der Fall sein.

Wirkt der Impfstoff viel schlechter als die anderen zugelassenen?

Nein, er wirkt nicht viel schlechter. Er wirkt etwas schlechter, wobei das aber mit Vorsicht zu genießen ist. Es geht hier um die absolute Verhinderung von Erkrankungen. Was für uns aber genau so wichtig ist, ist ob er relativ gut wirkt. Das bedeutet, ob er schwere Erkrankungsfälle oder Todesfälle verhindern kann. Und da scheint er den anderen Impfstoffen um nichts nachzustehen. Sie müssen das ein bisschen mit der Grippeimpfung vergleichen: Bei der Grippe-Impfung gehen wir ja auch davon aus, dass sie in nur ungefähr 50 Prozent der Fälle tatsächlich in der Lage ist, eine Erkrankung gänzlich zu verhindern. Aber bei einer deutlich höheren Zahl von geimpften in der Lage ist, Komplikationen durch die Influenza zu verhindern. Und so müssen Sie das auch bei der COVID-19-Impfung von AstraZeneca sehen: Es geht hier um einen relativen Schutz, der mindestens so wichtig ist, wie der Absolute.

Bei der Corona-Impfung soll die mRNA in Lipid-Nanopartikel eingehüllt sein. Wo gelangen diese Partikel hin? Lagern sie sich irgendwo ab und verursachen Schäden oder werden sie vom Körper entsorgt?

Gute Frage. Lipid-Nanopartikel umhüllen sozusagen den eigentlichen Impfstoff. Dieser besteht ja aus einem kleinen Teil eines Erbguts des Virus. Das wird dann in die Zelle eingebracht, in der Regel in die Muskelzellen, wo geimpft wird. Damit dieses kleine Erbgut dort hin kommt, braucht es ein stabiles Umfeld. Das sind diese kleinen Fettpölsterchen – Lipid-Nanopartikel. Die sind ultraklein, deswegen heißen sie Nanopartikel. Und die werden wie andere Fette wie beispielsweise Cholesterin von der Zelle aufgenommen und bereiten dort überhaupt keine Probleme. Sie werden ganz normal abgebaut und dann in die Zelle integriert.

Wie wirkt die Impfung eigentlich?

Allgemein wirkt die Impfung so, dass die „Spikes“, also die Stacheln auf der Virusoberfläche, mit einem Bauplan nachgemacht werden. Dieser wird verabreicht an den Körper und der kann das dann wie einen dreidimensionalen Bauplan für ein Haus lesen. Der Körper erkennt dann, dass etwas Fremdes da ist. Das natürliche Abwehrsystem produziert ständig so etwas wie Greifarme, die das ständig abtasten. Wenn der Körper mal gelernt hat, wie das ausschaut, sind diese Greifarme da und startbereit, wenn etwas kommt. Dieser Bauplan und was sich daraus ergibt verschwindet wieder, aber der Memory-Effekt im Körper bleibt.

Kann ich mir den Impfstoffanbieter aussuchen?

Wiener Impfkoordinatorin Birgit Fykatas-Guthvon: Das obliegt jetzt nicht dem einzelnen Bürger selbst, sondern das hängt auch mit der Logistik des Impfstoffs zusammen. Man muss das ja bündeln, damit man ja keinen Verwurf hat. Das liegt also an der Impfstelle per se und an dem vor Ort impfenden Arzt.

Wie hoch ist der jeweilige Impfschutz nach der ersten bzw der zweiten Impfung? Bin ich gleich nach der ersten Minute nach der Impfung geschützt oder dauert das bis die Wirkung einsetzt?

Es dauert eine Zeit lang. Aus den Daten, die man gesehen hat – gerade für den von Biontech-Pfizer – erkennt man, dass man nach der ersten Impfung zu etwa 50 Prozent geschützt ist. Und bis man einen ausreichenden Schutz hat und sich die Antikörper entwickelt haben, dauert es bis zu 21 Tage.
Das heißt, definitiv zwei Impfungen machen. Und danach hat man jedenfalls beim Impfstoff von Biontech und Pfizer oder dem von Moderna einen Schutz von ungefähr 90 Prozent.

mRNA – was heisst das eigentlich? Wie wirkt diese Impfung?

Das m steht für messenger oder Boten-RNA. RNA ist eine Form des Erbgutes. Wir Menschen tragen die DNA. Viren können DNA oder RNA haben. Der Coronavirus hat eine RNA als Erbgut. In dem Fall ist es so, dass man das Protein bildet, gegen das die Immunantwort gerichtet ist. Das stellt man synthetisch her und das wird dann verimpft. Und in den Zellen wird dann anhand dieses Bauplanes dieses Oberflächeneiweiß gebildet, gegen das dann die Immunantwort gerichtet ist.

Was für Unterschiede gibt es zwischen den Impfstoffen AstraZeneca, Moderna und Biontech/Pfizer?

Vorne weg: Es gibt bislang keine Unterschiede in der Schutzdauer. Die Impfstoffe von Biontech/Pfizer und Moderna nutzen eine neuartige Technologie von RNA-Impfstoffen. Das Coronavirus ist ein RNA-Virus, also eine Form des Erbgutes. Wir Menschen haben die DNA, Viren können DNA, aber auch RNA haben. Die Impfung enthält einfach einen kleinen Teil dieser RNA, die eben diese Information trägt, um einen bestimmen Bestandteil des Virus zu bilden. Man nutzt diese Systeme, um dieses kleine Partikelchen zu bilden und gegen das wird dann die Immunantwort gerichtet.

Bei AstraZeneca warten wir noch auf die Zulassung, die wird vermutlich Ende Jänner kommen. Der ist ein wenig anders, er benutzt einen Trägervirus, das Adenovirus. Das ist eine ganz gängige Plattform, die benutzt man schon recht lange für Impfstoffe und bei anderen Therapien, wie der Gentherapie. Wo man dieses Trägervirus benutzt, um einen gewissen Teil, eigentlich derselbe Teil der in der RNA drinnen ist, in die Zelle zu transportieren und dort wird wiederum das Partikelchen gebildet.

AstraZeneca wirkt laut Studien zu 70 Prozent. Heißt das, dass man sich dann zu 30 Prozent anstecken kann und schwerer erkranken kann?

Das ist schwierig abzuleiten aus den Studien: Es gibt drei ganz wichtige Charakteristika, die ein Impfstoff haben muss. Er muss sicher sein, er muss einen ausreichenden Antikörpertiter machen – heißt, er muss ausreichend Antikörper produzieren – und er muss wirksam sein. Jetzt haben wir bei SARS-CoV-2 relativ wenig Erfahrung, wie hoch jetzt dieser Antikörpertiter wirklich sein muss, damit man von einem Schutz sprechen kann.

Dann gibt es noch die Wirksamkeit. Da schaut man sich in der Studie an, wie viele Menschen, die geimpft sind im Vergleich zu denen, die nicht geimpft sind, also ein Placebo bekommen haben, erkranken trotzdem. Daraus schließt man dann auf den Wert. Im Prinzip muss man sagen, es sind immer drei Dringe: Nicht nur auf die Wirksamkeit achten, sondern auch ist ein ausreichender Antikörpertiter da und ist er auch sicher.

Ist die Ablehnung von Astrazeneca begründet?

Die Wirksamkeitsreduktion betrifft die ältere Altersgruppe. Die kommen jetzt bereits mit Moderna und Biontech dran und da sollte die Wirksamkeit von 95 Prozent reichen, um die Personengruppe über 70 durchgeimpft zu haben. Die Wirksamkeit von AstraZeneca ist viel höher in den jüngeren Alterskohorten. Wenn man jünger ist, ist es egal was man bekommt.

Haben die Impfstoffe tierische Inhaltstoffe?

Nein, in diesem Fall nicht. Das gibt es bei Ei-basierten Impfstoffen, wie zum Beispiel FSME, die werden auf Ei gezüchtet oder Albumin ist manchmal ein stabilisierender Inhaltsstoff. Die jetzt daliegen, da sind keine tierischen Inhaltsstoffe verwendet worden.

Wann treten Nebenwirkungen auf? und: Welche können das sein?

Die Nebenwirkungen treten meistens unmittelbar nach der Impfung auf, das heißt, in wenigen Stunden oder Tagen. Maximal geht man davon aus, dass die Nebenwirkungen innerhalb von fünf Wochen auftreten können. Alles danach ist meistens nicht auf den Impfstoff zurückzuführen. Gängige Nebenwirkungen bei dem Impfstoff sind, dass man eine Rötung oder eine Schwellung bei der Einstichstelle hat, dass die Einstichstelle ein wenig weh tut, besonders wenn man sich auf den Arm legt. Es kann sein, dass man sich müde fühlt in den ersten Stunden, Kopfschmerzen, Glieder- oder Muskelschmerzen, in seltenen Fällen auch leichtes Fieber hat.