Eine Frau mit Laptop am Schoss, die einen Vertrag unterschreibt
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AK-Tipp

Alles zur beruflichen Umorientierung

Die berufliche Umorientierung und die Weiterbildung ist diesmal das Thema mit den Expertinnen der Arbeiterkammer Wien. Was es da alles gibt und was man beachten muss, wenn man sich beruflich neu orientieren will, hängt auch von der aktuellen eigenen Situation ab.

Für Arbeitnehmerinnen gibt es die Möglichkeit eine Bildungskarenz oder Bildungsteilzeit mit dem Arbeitgeber zu vereinbaren. Das heisst für einen befristeten Zeitraum gar nicht zu arbeiten oder die Arbeitszeit herabzusetzen, um sich der Ausbildung zu widmen. Ist man arbeitslos, kommt insbesondere ein Fachkräftestipendium in Betracht, wobei dieses auch Arbeitnehmerinnen in Anspruch nehmen können, wenn der Arbeitgeber einer Karenzierung zustimmt. Beim Fachkräftestipendium ist genau geregelt, welche Ausbildungen vom AMS anerkannt werden. Dabei handelt es sich um Ausbildungen im Bereich Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik und im Bereich Gesundheit, Pflege und Sozialberufe.

Auf der Homepage des AMS findet sich eine Liste, auf der die anerkannten Ausbildungen aufgelistet sind. Für Ausbildungen während einer Bildungskarenz oder Bildungsteilzeit gibt es solche Einschränkungen nicht. Um während er Ausbildung einen Anspruch auf eine Leistung vom AMS zu haben, muss ich aber bei einer Bildungskarenz einen Nachweis über die tatsächliche Teilnahme an einer Weiterbildungsmaßnahme von 20 Wochenstunden oder zehn Wochenstunden bei einer Bildungsteilzeit erbringen. Handelt es sich bei der Weiterbildung um ein Studium muss man nach sechs Monaten einen Erfolgsnachweis mittels ECTS-Punkten erbringen.

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Für die Zeit der Bildungskarenz gibt es das Weiterbildungsgeld

Lebenshaltungskosten bei Weiterbildung

Für die Zeit der Bildungskarenz gibt es das Weiterbildungsgeld, das bei Vorliegen aller gesetzlichen Voraussetzungen vom AMS ausbezahlt wird. Das Weiterbildungsgeld gebührt für maximal ein Jahr in der Höhe des Arbeitslosengeldes. Während einer Bildungsteilzeit gibt es das Bildungsteilzeitgeld vom AMS und natürlich den Lohn oder das Gehalt für die Teilzeitbeschäftigung. Das Bildungsteilzeitgeld ist ein Fixbetrag. Nämlich für maximal zwei Jahre täglich 86 Cent für jede volle Arbeitsstunde, um die man die wöchentliche Normalarbeitszeit reduziert hat.

Das Fachkräftestipendium beträgt rund 1.000,- EUR monatlich. Arbeitslose erhalten das Fachkräftestipendium in Höhe ihres Arbeitslosengeldes beziehungsweise Notstandshilfe, wenn diese Leistung höher ist. Man erhält die Förderung für die Dauer der Ausbildung, maximal aber drei Jahre.

Es gibt auch finanzielle Unterstützung für Kurskosten. Darüber erkundigt man sich am besten beim Wiener ArbeitnehmerInnen Förderungsfonds (WAFF). Für Aus- und Weiterbildungen im digitalen Bereich gibt es zum Beispiel den AK Digi-Winner für Wiener Arbeitnehmerinnen. Mit dem Digi-Winner fördern AK und waff Kosten von bis zu 5.000 Euro. Den Antrag stellt man online beim Waff.

Vorausetzungen für Unterstützung

Beim Weiterbildungs- beziehungsweise Bildungsteilzeitgeld muss man, neben einer entsprechenden Vereinbarung mit dem Arbeitgeber, jedenfalls die Voraussetzungen für den Anspruch auf Arbeitslosengeld erfüllen, also innerhalb einer bestimmten Frist genug Beschäftigungszeiten nachweisen können. Außerdem darf die vereinbarte Bildungskarenz beziehungsweise die Bildungsteilzeit eine bestimmte Mindest- und auch Maximaldauer nicht unter- oder überschreiten.

Sendungshinweis

„Radio Wien am Vormittag“, 23.6.2022

Bei der Bildungskarenz sind das mindestens zwei Monate bis zu einem Jahr, bei der Bildungsteilzeit mindestens vier Monate bis zu zwei Jahre. Und man muss davor mindestens sechs Monate beim Arbeitgeber beschäftigt gewesen sein. Bei der Bildungsteilzeit darf sich in diesen sechs Monaten die Normalarbeitszeit nicht geändert haben und ich muss die Arbeitszeit während der Bildungsteilzeit um 25 bis 50 Prozent reduzieren.

Der Antrag muss spätestens am ersten Tag der Bildungskarenz beziehungsweise -teilzeit beim AMS gestellt werden. Beim Fachkräftestipendium müssen bestimmte Beschäftigungszeiten vorliegen, man muss zur Ausbildung zugelassen werden und man muss das Fachkräftestipendium vorab mit dem AMS vereinbaren.

Vorgangsweise und und Anspruch

Leider passiert es immer wieder, dass Menschen bereits eine Karenzierung mit dem Arbeitgeber vereinbart haben, dann aber trotzdem kein Weiterbildungsgeld, vom AMS erhalten. Um keine böse Überraschung zu erleben, ist es wichtig, sich vorab genau zu überlegen, welche Ausbildung will ich machen? Kann ich damit die geforderten Wochenstunden nachweisen? Oder ist es mir möglich, nach sechs Monaten die geforderten ECTS –Punkte im Studium zu erreichen? Wenn man diese Fragen für sich beantwortet hat, sollte man mit dem AMS Kontakt aufnehmen und abklären, ob man damit die Voraussetzungen für das Weiterbildungsgeld oder Fachkräftestipendium erfüllt.

Umfassende Informationen zu den Voraussetzungen für die AMS-Leistung bzw Förderung findet man auf der Homepage des AMS und auch auf der Seite der AK Wien. Als Arbeitnehmerin bin ich bei allen drei Varianten auf die Zustimmung meines Chefs angewiesen. Ein Problem ist auch, dass das Geld, das man vom AMS erhält, meist vom vorherigen Einkommen abhängt und nicht sehr hoch ist. Weiterbildung ist damit de facto oft nur etwas für Besserverdienerinnen.

Aus Sicht der Arbeiterkammer reicht das bestehende Angebot nicht aus. Wir setzen uns daher dafür ein, dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitsuchende einen Rechtsanspruch auf Aus- und Weiterbildung und gleichzeitig auf ein Qualifizierungsgeld erhalten, mit dem man finanziell wirklich abgesichert sind.