Das ist neuer Rekord. „Alles ist gut gegangen“, freuten sich die Veranstalter. Es habe ungefähr 30 Rettungseinsätze gegeben, sagte Katharina Kacerovsky, Organisatorin der EuroPride 2019, deren Teil die Parade heuer war: „Aber nichts Schlimmes, Kreislaufkollapse.“
Der Zug war heuer rund zwei Kilometer lang. Mitorganisator Moritz Yvon, Obmann der Homosexuellen Initiative (HOSI), war ob der Stimmung „vollkommen baff“. Es mache gerade für jugendliche LGBTIQ-Menschen einen Unterschied: „Dass sie einfach sehen, sie sind nicht allein. Da sind Zigtausende, die so sind wie sie, die ihnen den Rücken stärken.“
Hohe Latte für nächstes Jahr
Angesichts der Rekordzahlen heuer liegt die Latte für die Regenbogenparade im kommenden Jahr naturgemäß hoch, doch Yvon machte klar: Weitere Rekordwerte seien eher nicht zu erwarten. „Die werden nächstes Jahr natürlich nicht bei uns sein, sondern bei unserem Nachfolger in Thessaloniki.“ Dort findet die EuroPride 2020 statt.
Kurz vor dem Start hielt Ex-Bundespräsident Heinz Fischer unter viel Applaus eine kurze Ansprache. Fischer mahnte Zusammenhalt ein: „Gemeinsam können wir sehr, sehr, sehr viel erreichen.“ Ebenfalls kurze Reden hielten u. a. SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner, der grüne Bundessprecher Werner Kogler, SPÖ-Stadtrat Jürgen Czernohorszky und NEOS-Klubobmann Christoph Wiederkehr. Sie alle unterstrichen, sich für die Rechte von LGBTIQ-Menschen – also der homo-, bi-, trans- und intersexuellen Personen – einzusetzen.
EuroPride: Protest unterm Regenbogen
Laut Veranstalter sind am Samstag trotz Hitze etwa eine halbe Million Menschen im Rahmen der Regenbogenparade über die Ringstraße gezogen.
Die sommerlich heißen Temperaturen taten dem Zustrom zur Parade keinen Abbruch: Menschenmassen säumten den Ring, um zu feiern. Heuer gab es 107 Beiträge, also Wägen und Fußgruppen, die die Parade bildeten. Das sind laut Organisatoren um 60 Prozent mehr als im Vorjahr. Bei der Dekoration wurde viel Aufwand betrieben. Ebenso beim Styling: So gab es Engel, Bräute, Paare im Partnerlook, die Regenbogenfarben waren omnipräsent. Ebenfalls mit dabei waren Trommler und Dudelsackspieler sowie Biker-Gruppen.
Conchita Wurst in eigenem Truck
Zu den prominentesten Paradeteilnehmern zählte wohl Song-Contest-Siegerin Conchita Wurst im knallengen, weißen Latexoutfit und mit einem eigenen Truck unterwegs. Regenbogenparaden-Stammgast Hermes Phettberg ließ sich mit einem Mercedes-Oldtimer chauffieren.

Schon am Vormittag herrschte auf dem Areal beim Burgtheater reger Zulauf. Menschen in Regenbogenoutfits – von Socken über T-Shirts bis zum Hut – strömten auf den zum PrideVillage umfunktionierten Rathausplatz, der neben Gastroangeboten auch zahlreiche Infozelte von Parteien und Gruppierungen beherbergte. Aus den Lautsprechern schallte bereits Partymusik. Auf dem Ring selbst positionierten sich bereits die ersten Gruppen und Wägen.
"Demonstration für Gleichberechtigung
Mit einer halben Stunde Verspätung ging es gegen 12.30 Uhr los. Die Parade ging vorbei an Parlament, Heldenplatz und Staatsoper. Anschließend führte die Strecke über den Stubenring zum Schwedenplatz und auf den Franz-Josefs-Kai. Beim traditionellen „Moment des Gedenkens“ kam die Parade zum Stillstand, und die Teilnehmerinnen und Teilnehmer erinnerten sich an jene Menschen, die an Aids starben oder Opfer eines Gewaltverbrechens wurden. Schließlich ging es vorbei an der Börse und der Universität zurück zum Rathausplatz.
Etwas Wirbel gab es zuletzt, da die Teilnahme der Jungen ÖVP (JVP) Wien nicht erwünscht war. Die Organisatoren befürchteten, dass dabei die „eigene Profilierung“ und Werbung im Vordergrund stehe. Auch wenn die Regenbogenparade auf den ersten Blick wie eine riesengroße Party scheint, soll sie eine wichtige und ernste Botschaft vermitteln, betonten die Veranstalter: Eigentlich ist sie eine Demonstration für die Gleichberechtigung von LGBTIQ-Menschen. Sie fand heuer zum 24. Mal statt.
Van der Bellen: „Integraler Teil der Gesellschaft“
Mit der Abschlusskundgebung auf dem Rathausplatz wurde am Abend zumindest der offizielle Teil beendet. Zum ersten Mal in der Geschichte der Parade sprach dabei ein Bundespräsident. Alexander Van der Bellen kam mit seiner Frau Doris Schmidauer und richtete unter viel Applaus seine Worte an das Publikum. Das Staatsoberhaupt unterstrich dabei: „Lesben, Schwule, Bisexuelle, Trans, Intersex und queere Personen leben inmitten unserer Gesellschaft und werden auch weiterhin ein sichtbarer, respektierter und integraler Teil unserer Gesellschaft sein.“ Und weiter: „Die Würdigung der Vielfalt und deren Respekt und Akzeptanz sind ein wesentliches Element von Demokratien.“

Ludwig: „I love you all“
Seine nachfolgende Rednerin war EU-Justizkommissarin Vera Jourova. Sie hob ihren Einsatz für den Gleichberechtigung von LGBTIQ-Personen auf europäischer Ebene hervor. Der Wiener Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ), ebenfalls in Begleitung seiner Frau, machte anschließend klar: „Liebe ist frei und dafür werden wir uns einsetzen.“ Und schließlich rief er der Menge entgegen: „I love you all!“

Nach den politischen Reden wurde als Überraschungsgast Melanie Geymonat auf die Bühne gebeten. Sie und ihre Freundin waren Opfer jener Prügelattacke in einem Bus in London, der vor einer Woche für große Empörung in Großbritannien sorgte. Sie wurde vom Publikum mit Standing Ovations begrüßt und Katharina Kacerovsky, Organisatorin der EuroPride, deren Teil die Regenbogenparade heuer ist, versicherte ihr volle Unterstützung: „Du bist nicht alleine.“ Zum Abschluss gab es noch einen musikalischen Auftritt von Conchita Wurst.
200 Teilnehmer bei Gegenveranstaltung
Fast schon traditionell fand am Tag der Regenbogenparade auch der „Marsch für die Familie“ in Wien statt. Während es bei der Parade um die Gleichberechtigung der homo-, bi-, trans- und intersexuellen Personen ging, wurde beim Familienmarsch am Samstag u. a. das traditionelle Bild von Ehe nur zwischen Mann und Frau hochgehalten. Laut Polizei nahmen rund 200 Menschen teil.

Einer der Mitorganisatoren ist der ehemalige PEGIDA-Sprecher Georg Immanuel Nagel. Am Rednerpult stand neben anderen auch die nicht amtsführende Stadträtin Ursula Stenzel (FPÖ). Sie sicherte den Teilnehmern ihre politische Unterstützung zu. Der „Marsch für die Familie“ verlief friedlich. Die Polizeipräsenz war hoch. Die Beamten begleiteten den Zug vom Treffpunkt beim Ballhausplatz, durch die Innenstadt bis zum Stephansplatz, wo die Schlusskundgebung abgehalten wurde.