Arbeiten am Unglücksort
APA/Hans Punz
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Chronik

Weiterer Toter aus Haus geborgen

Nach der Explosion am Mittwoch in einem Haus in Wien-Wieden ist eine weitere Person in dem zerstörten Gebäude tot aufgefunden worden. Die Einsatzkräfte der Wiener Berufsfeuerwehr hatten bis in die Mittwochabendstunden nach einem vermissten jungen Mann gesucht.

Rettungshunde durchkämmten den Schutt im Unglücksbereich, ein Schallortungsteam kam zum Einsatz. Laut Polizeisprecher Paul Eidenberger wurde der tote Mann kurz vor 20.00 Uhr gefunden, Unklarheit herrscht aber nach wie vor über die Identität. Damit hat die Gasexplosion vom Mittwochnachmittag zwei Menschenleben gefordert, neben dem noch nicht identifizierten Toten eine 29-jährige Frau.

Ein 31-Jähriger und ein 54-Jähriger wurden schwer verletzt. Dazu kamen etliche Leichtverletzte. Feuerwehrsprecher Gerald Schimpf schloss aus, dass es weitere Opfer gibt. Zu dem nicht identifizierten Todesopfer wurde eine Obduktion angeordnet.

Explosion in Wien: Verschütteter tot gefunden

ORF-Reporterin Christine Baumgartner sprach mit Feuerwehrsprecher Gerald Schimpf über die jüngsten Ereignisse.

Hohe Einsturzgefahr

Nach wie vor sei die „Gefahr eines Folgeeinsturzes sehr groß“, teilte die Feuerwehr am Nachmittag mit. Um die Gefahr zu verringern, werden einsturzgefährdete Teile gepölzt, Sachverständige seien in die Tätigkeiten eingebunden, sagte Schimpf.

Anrainer der Preßgasse durften am Donnerstagabend für kurze Zeit in ihre Wohnungen zurück. Begleitet von der Feuerwehr und der Akutbetreuung der Stadt Wien konnten Bewohnerinnen und Bewohner der nicht betroffenen Stiege zwei des Hauses an der Ecke Preßgasse/Schäffergasse sowie des Hauses gegenüber des zerstörten Gebäudes in ihre Wohnungen zurück. Die Bewohner sollten notwendigste Dinge wie Geld, Dokumente, Ausweise und dringend benötigte Medikamente mitnehmen.

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Ansicht des teileingestürzten Hauses
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Ansicht des teileingestürzten Hauses
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Das zerstörte Wohnhaus
APA/Mario Pritisanac
Staubwolke nach Explosion
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Das zerstörte Wohnhaus
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Einsatzkräfte am Unglücksort
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Einsatzkräfte am Unglücksort
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Einsatzkräfte am Unglücksort
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Feuerwehreinsatz
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Gasexplosion
APA/EXPA/MICHAEL GRUBER
Gasexplosion
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Gasexplosion
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Gasexplosion
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Gasexplosion
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Gasexplosion
APA/Wolfgang Wagner
Gasexplosion
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Gasexplosion
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Gasexplosion
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Gasexplosion
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Zuvor nahmen Feuerwehr und Baupolizei Sicherungs- und Kontrollmaßnahmen im Zuge einer Begehung vor. Unterdessen wurde für weitere Bergungs- und Sucharbeiten schweres Gerät herangezogen: Ein 50 Tonnen schwerer Bagger sollte große Häuserteile wegräumen und hatte am späten Nachmittag seine Arbeit aufgenommen. Unterdessen wurden mehrere, teilweise schwer beschädigte Pkws abtransportiert. Sie waren im Unglücksbereich von umherfliegenden Trümmerteilen getroffen worden.

29-Jährige tot geborgen

Seit Mittwochabend arbeitete die Feuerwehr fieberhaft an dem Schuttkegel vor dem Haus und jenem im Inneren. Während der äußere Bereich ergebnislos abgetragen wurde, wurde im Haus nahe an der Fassade die Leiche einer 29-jährigen Frau gefunden.

Die Tätigkeit der Feuerwehr wurde insofern erschwert, als immer wieder Teile des Daches in die Tiefe stürzten und Schutt nachrutschte. „Die Feuerwehr bleibt jedenfalls so lange vor Ort, bis das Gebäude komplett abgesichert ist“, so Schimpf. Die Feuerwehr stellte die Sicherungsarbeiten an dem Gebäude über Nacht ein, sie sollen Freitagfrüh fortgesetzt werden. Sobald die Sicherung abgeschlossen ist, übergibt die Feuerwehr die Arbeiten sukzessive an eine Baufirma.

Donnerstagmittag trugen die Einsatzkräfte bereits große Mengen an Schutt händisch ab. Parallel dazu wurde technisches Gerät vorbereitet, um das Material wegzuschaffen. Am teileingestürzten Gebäude selbst begann die Feuerwehr damit, Geschoßdecken, die aufgrund der Explosion übereinander zu liegen gekommen waren, von oben schrittweise abzutragen.

Die Ursache der Explosion ist weiterhin unklar. „Da die Beamten der zentralen Brandermittlung des LKA aufgrund noch nicht abgeschlossener Sicherungsmaßnahmen das Gebäude noch nicht betreten konnten“, berichtete Polizeisprecher Harald Sörös. „Der Gasgeruch ist kein Hinweis auf die Ursache. Das Gas könnte auch nachträglich ausgetreten sein“, sagte Feuerwehrsprecher Schimpf. Auch eine Drohne der LPD Wien kam zum Einsatz, um sich ein Lagebild aus der Luft zu verschaffen.

Feuerwehrmann bei Bergungsarbeiten verletzt

Ein Feuerwehrmann verletzte sich bei den Bergungsarbeiten. Es dürfte sich jedoch um keine lebensbedrohliche Verletzung handeln. Während der Nacht waren etwas mehr als 100 Feuerwehrleute im Einsatz, wobei ständig rotiert wurde, um diese bei der großen Hitze und der anstrengenden händischen Arbeit abzulösen. Durch den direkten Einsatz schweren Geräts wären etwaige Überlebende gefährdet worden. In den Morgenstunden des Donnerstags waren nur noch 35 Mann an Ort und Stelle, da man im Innenbereich auch nicht mehr zum Einsatz bringen konnte, so Feuerwehrsprecher Christian Feiler.

Von der zerstörten Fassade fielen durch die Arbeiten immer wieder neue Brocken auf die Straße. Nach der Detonation klaffte ein riesiges Loch in dem mehrgeschoßigen Gebäude. Wohnbereiche zwischen dem zweiten und vierten Stock wurden weggerissen, Bauteile und Inventar auf die Straße geschleudert.

Zwei Schwerverletzte

14 Verletzte gibt es bisher, darunter zwei Schwerverletzte. Ein 31-jähriger Hausbewohner, der sich zum Zeitpunkt der Explosion in seiner Wohnung befand, dürfte von herabfallendem Mauerwerk getroffen worden sein. Der Mann erlitt Knochenbrüche, Rissquetschwunden und schwere innere Verletzungen. Laut Wiener Krankenanstaltenverbund (KAV) stabilisierte sich sein Zustand noch am Abend, Lebensgefahr war keine mehr gegeben.

Bei dem zweiten Schwerverletzten handelt es sich um einen 54 Jahre alten Mann, der von Glassplittern getroffen wurde und Schnittverletzungen davongetragen hat. Laut Polizei handelt es sich um einen Bewohner des gegenüberliegenden Hauses. Die zwölf Leichtverletzten wurden teilweise in häusliche Pflege entlassen. Der andere Teil musste zur Beobachtung und zur weiteren medizinischen Behandlung in verschiedenen Krankenhäusern bleiben.

In unmittelbarer Nähe der Unglücksstelle befinden sich eine Volksschule und eine Neue Mittelschule. Wie ein Anrainer der APA mitteilte, sollen sich 30 bis 40 Minuten vor dem Unglück noch Kinder und Eltern, die ihre Kleinen von der Nachmittagsbetreuung abholten, auf der Straße befunden haben. Später wurden die Schulen vorübergehend geöffnet, wo in Sicherheit gebrachte Bewohner und besorgte Angehörige mit Essen und Trinken versorgt wurden.

Gasleitungen zuletzt 2018 kontrolliert

Am Mittwoch war nach 16.30 Uhr ein lauter Knall Hunderte Meter weit zu hören. Beobachterinnen und Beobachter berichteten von einer Staubwolke, die an der Ecke Preßgasse/Schäffergasse in die Höhe stieg. Auch Trümmer sollen durch die Luft geflogen sein. Die letzte Überprüfung der Gasleitungen des Hauses habe 2017 und 2018 durch einen Installateur stattgefunden, hieß es aus dem Büro der Wohnbaustadträtin Kathrin Gaal (SPÖ). Wiener Wohnen habe bis zur Explosion keine Hinweise auf Gasgeruch, Probleme mit Gas oder Ähnliches aus der Wohnanlage erhalten.

Gerhard Fida, Geschäftsführer der Wiener Netze, schloss eine Undichtheit in der Hausleitung aus. Das hätten Messungen der Gaskonzentration im Keller des betroffenen Gebäudes in der Preßgasse ergeben, sagte Fida. „Es besteht keine unmittelbare Gefahr. Wir haben alle Leitungen in den benachbarten Straßen überprüft“, betonte der Geschäftsführer.

Bei dem Haus handelt es sich um eine in den Jahren 1950/1951 vom Architekten Hanns Kunath entworfene Gemeindebauanlage mit insgesamt 30 Wohnungen. 22 Wohnungen, in denen 42 Personen gemeldet sind, wurden beschädigt oder zerstört. Das gesetzliche Prüfintervall von Gasleitungen liegt bei zwölf Jahren, informierte die Stadträtin. Die letzte Sanierung der Wohnanlage erfolgte 2006/2007.

Ersatzquartiere für Mieter

Die Stadt Wien organisierte Ersatzquartiere für sämtliche betroffene Bewohner der einsturzgefährdeten Wohnhausanlage. Am Donnerstagvormittag stand am Unglücksort ein Bus des Stadtservice Wien bereit, um Interessenten die Notquartiere zu vermitteln. In Koordination mit der Gruppe Sofortmaßnahmen hatte man in kurzer Zeit ein entsprechendes Angebot geschaffen.

„Bis jetzt hat sich noch niemand gemeldet“, berichtete Florian Weis, der Sprecher des Stadtservice. Die betroffenen Bewohner dürften die vergangene Nacht bei Freunden, Verwandten oder Bekannten verbracht haben.