Ein Smartphone auf dem die Anzahl der Schritte angezeigt wird
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Wissenschaft

Stadt will mit Kulturangeboten CO2 sparen

Mit einem „Anreizsystem“ will die Stadt Wien zukünftig dazu animieren, CO2-Emissionen zu reduzieren. Mittels einer App sollen Teilnehmer nach „Wien Tokens“ – einer Art digitale Gutschrift – schürfen und diese in Kultureinrichtungen einlösen.

Ein Grundgedanke des Vorhabens ist die Entwicklung eines Systems zur Belohnung für ökologisches Agieren. Umgesetzt wird das von der Stadt Wien geförderte Projekt vom Team der Leiterin des Instituts für Kryptoökonomie an der Wirtschaftsuniversität (WU) Wien, Shermin Voshmgir, in Kooperation mit Forschern der Technischen Universität (TU) Wien.

Mit Schritten zu Vergünstigungen

Im konkreten Fall werde eine eigene Blockchain-basierte App entwickelt, die etwa jene Sensoren im Smartphone nutzt, mit denen Schritte gezählt werden. Bewegt man sich viel autofrei, sammelt man digitale Gutpunkte in Form der „Wien Tokens“, die dann – ganz analog – in teilnehmenden Museen oder anderen kulturellen Institutionen gegen Vergünstigung oder die Teilnahme an speziellen Veranstaltungen eingelöst werden können.

Noch befinde man sich am Anfang der Entwicklung, wie Kulturstadträtin Veronica Kaup-Hasler (SPÖ) und Voshmgir betonten. Das Ganze sei gewissermaßen ein Experiment dahingehend, ob mit einem solchen spielerischen Bonussystem Menschen auch tatsächlich längerfristig zu klimaschonenderem Verhalten motiviert werden können. Die Ausrichtung auf Anreize unterscheide das Vorhaben grundlegend von Ansätzen, die in Richtung „Social Score Card“ – also Einsatz von Technologie zur Sanktionierung unerwünschten Verhaltens, wie etwa in China – gingen.

Anwendungen auch für andere Bereiche

Durch den Blockchain-Ansatz, in dessen Zentrum die Verschlüsselung und die egalitäre Verwaltung der Daten stehen, werde man auch sicherstellen, dass niemand die Informationen missbräuchlich verwendet. Im Gegensatz zum aktuellen Internetprotokoll könne die auf der Blockchain-Idee fußende „nächste Generation des Internets“ Privatsphäre und Datenschutz garantieren, so Voshmgir.

Das Wiener Projekt nach dem Motto „CO2-Reduktion für Kultur“ sei vielleicht auch ein erster Schritt in Richtung Anwendung der Blockchain im Verwaltungs- oder Governancebereich. Funktioniere das System, könne man damit möglicherweise auch Themen wie Müllvermeidung und Reduktion des Stromverbrauchs angehen.

Test nächstes Jahr möglich

An Akzeptanz sollte es nicht fehlen, da hier keine Unternehmens-, sondern vor allem wissenschaftliche Interessen im Vordergrund stünden und Forschungsinstitutionen die Entwickler seien. „Die Forschungsfrage ist für uns das Wichtigste“, betonte Voshmgir, die sich einen Test in einem kleinen, geschlossenen Nutzerkreis im kommenden Jahr vorstellen kann. Das System müsse jedenfalls „gut abgesichert und gut erklärt werden“, sagte Kaup-Hasler.

Mittelfristig möchte die Stadträtin, die über ein jährliches Wissenschaftsbudget von 43 Mio. Euro verfügt, „Wien als Zentrum des ‚Digitalen Humanismus‘“ etablieren, wozu eine neu gestartete jährliche Förderausschreibung für einschlägige Forschungsprojekte in der Höhe von 320.000 Euro beitragen soll. Auch die Ansiedlung von Teilen der in Budapest ansässigen Central European University (CEU) sei in diesem Zusammenhang zu sehen.

Wissenschaftsmuseum „links der Donau“

Ein Hauptaugenmerk soll zudem auf dem „lustvollen Vermitteln von Wissenschaft“, etwa im Rahmen des Ausbaus des Angebots an „Science Centers“, liegen. Vorstellen könne sich die Wissenschaftsstadträtin auch „ein Museum links der Donau“, das der Wissenschaftsvermittlung gewidmet wäre. Im Gegensatz zum Technischen Museum, dessen Fokus auf der Technologiegeschichte liegt, sollte in einem solchen Haus der Schwerpunkt stärker auf neuesten Entwicklungen liegen, so Kaup-Hasler.