SMZ Süd von außen
APA/Herbert Pfarrhofer
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Chronik

Patient sticht Arzt mit Messer nieder

Ein Kardiologe des Kaiser-Franz-Josef-Spitals in Wien-Favoriten ist am Mittwochvormittag mit einem Messer attackiert und lebensgefährlich verletzt worden. Der Angreifer wurde festgenommen.

Es handle sich um keine oberflächliche Verletzung, das Opfer sei lebensgefährlich verletzt gewesen, hieß es am Nachmittag seitens des Wiener Krankenanstaltenverbund (KAV). Die Polizei geht nach derzeitigem Stand der Ermittlungen von einer Tötungsabsicht aus, es sei ein gezielter Stich in den Bauch gewesen. Zum Motiv lagen am Nachmittag keine Erkenntnisse vor, es hieß aber, dass die Polizei von rein persönlichen Motiven ausgehe. Das Opfer und der Verdächtige, ein 33 Jahre alter Mann aus Sierra Leone und langjähriger Patient des Krankenhauses, kannten einander.

Der Verdächtige mit Asylstatus sei zuvor nicht wegen Gewaltdelikten auffällig geworden. Auch bedrohte er niemand anderen im Krankenhaus. Einziger krimineller Hintergrund sind laut Polizei zwei Vormerkungen wegen geringfügiger Drogendelikte.

Pressekonferenz des KAV nach Messerstich gegen Arzt
ORF/Florian Kobler
Harald Stefan, Deeskalationstrainer, KAV-Generaldirektorin Evelyn Kölldorfer-Leitgeb, Michaela Riegler-Keil, Ärztliche Direktorin, Gerhard Winkler, LK Süd

Der Messerangriff spielte sich vor zahlreichen schockierten Augenzeugen im Wartebereich der Herzambulanz ab, die zum Tatzeitpunkt stark frequentiert war. Als der Arzt den Warteraum betrat, ging der bewaffnete Patient auf diesen los. Er attackierte den 64-Jährigen mit einer 25 Zentimeter langen Klinge und stach ihn in den Bauch. Danach nahm der Verdächtige wieder Platz und wartete auf die Polizei. Er wurde im Wartebereich der Ambulanz widerstandslos festgenommen. Der Arzt wurde notoperiert, er befand sich danach außer Lebensgefahr. Der Kardiologe soll kurz vor der Pensionierung stehen.

Wegweiser Vor dem gebäude
APA/Herbert Pfarrhofer
Im SMZ Süd in Favoriten kam es zu der schweren Messerattacke

Krisenintervention für Mitarbeiter

Der niedergestochene Arzt hatte den Tatverdächtigen im Juni auf der Kardiologischen Abteilung behandelt. Der 33-Jährige war dabei auch einem operativen Eingriff unterzogen worden. Am Mittwoch hatte der Mann allerdings keinen Untersuchungs- oder Behandlungstermin auf der Herzambulanz. Er erschien, „ohne dass etwas ausgemacht war“, meinte Marion Wallner vom KAV.

"Ich bin schockiert über den Angriff auf unseren Kollegen“, sagte die Ärztliche Direktorin Michaela Riegler-Keil. Dem Personal wurde eine Krisenintervention angeboten. „Diese schreckliche Tat zeigt auf traurige Weise, dass selbst gegen diejenigen Gewalt ausgeübt wird, die sich um das Wohl anderer kümmern. Wir werden den Vorfall gemeinsam mit der Polizei lückenlos aufklären und analysieren, ob und wie wir solche Vorfälle künftig vermeiden können“, sagte die KAV-Generaldirektorin Evelyn Kölldorfer-Leitgeb. Sie verwies darauf, dass man im Bereich des KAV zahlreiche Maßnahmen zur Gewaltprävention und zur Verhinderung solcher Ereignisse ergreife. Im Wilhelminenspital wurde die Notaufnahme bereits mit einer Videokamera ausgestattet.

Immer öfter wird Personal in den Wiener Spitälern bedroht, beschimpft und auch körperlich angegriffen. Laut Alexandros Stavrou, Sprecher der Wiener Ärztekammer, liegen der Ärztekammer zahlreiche Berichte über Gewalttätigkeiten in Spitälern, Ambulanzen oder Arztpraxen vor. Zu diesem Thema läuft derzeit auch eine Umfrage unter der Ärzteschaft. Die Ergebnisse und ein Forderungspaket will die Ärztekammer spätestens im August präsentieren. Die Kombination aus einem Mehr an Patienten und immer weniger Ärzten stelle jedenfalls ein beträchtliches Konfliktpotenzial dar, meinte Stavrou. Die damit einhergehenden längeren Wartezeiten würden zu Aggressionen führen, die mitunter „in Schlägereien, Reibereien“ münden.

Opposition: Sicherheitskonzept fehlt

Kritik am KAV übten die Wiener ÖVP und die Wiener FPÖ. Der geschäftsführende FPÖ-Landesparteiobmann und Vizebürgermeister Dominik Nepp sowie ÖVP-Gesundheitssprecherin Ingrid Korosec bemängelten das Fehlen eines Sicherheitskonzepts beim KAV, das der Wiener Stadtrechnungshof bereits 2015 empfohlen habe. Ärzte und Pfleger würden seit Längerem über untragbare Zustände in Wiens Krankenhäusern klagen.