Weil das mit dem Zählen der Ziesel gar nicht so einfach ist, werden die Tiere in Stammersdorf gerade vorübergehend eingefangen. Die Tiere werden mit Erdnussbutter und Apfelstücken in die Falle gelockt, danach untersucht, gechipt und sofort wieder freigelassen. Damit soll herausgefunden werden, wie sich der Wohnbau auf die Zieselpopulation auswirkt.
Bausysteme elektronisch erfasst
„Wir schauen, wie oft fangen wir die Tiere, wie viele und vor allem wo fangen wir sie?“, so Zieselexpertin Ilse Hoffmann von der Universität Wien. Zusätzlich werden die Bausysteme der Nagetiere gezählt. Jeder Bau besteht aus mehreren Löchern und Tunneln und wird in der Wiese selbst mit einem Plastikstöpsel markiert, aber auch elektronisch erfasst. So kann die Zieselexpertin über die GPS-Daten die Bausysteme jederzeit wiederfinden.
Kot soll Auskunft über Stress geben
Auch Haar- und jetzt auch Kotproben werden gesammelt. Im Labor soll damit festgestellt werden, ob die Ziesel durch die Baustelle und die hier oft freilaufenden Hunde gestresst werden. Hoffmann: „Vor allem wenn die Hundefrequenz hoch ist, ist der Stress so hoch, dass die Tiere dauernd flüchten und nicht mehr zum Fressen kommen. Das kann besonders in der Säugezeit kritisch sein. Wenn die Weibchen nicht mehr genug Energie aufnehmen können, um ihre Junge zu ernähren, ist der Wurf tot.“ Die Ziesel werden daher mit Zäunen geschützt – vor Hunden, aber auch Baggern.

Erschütterungen werden gemessen
Weiters werden bei der Baustelle sämtliche Erschütterungen gemessen. Damit will man verhindern, dass die Ziesel in Ruhephasen – etwa im Winter – beim Schlafen gestört werden, sagte Thomas Knoll.
Der Ziviltechniker für Landschaftsplanung begleitet die Bauprojekte seit Jahren und versucht, den Nutzungskonflikt in Stammersdorf zu lösen. „Wir können nicht sagen, dass Wohnen nicht wichtig ist, und wir können nicht sagen, dass die Tiere nicht wichtig sind. Wir müssen es schaffen, beiden wichtigen öffentlichen Interessen Platz und Raum zu geben.“ Momentan funktioniert das ganz gut, ist er überzeugt. Rund 200 Ziesel leben aktuell direkt neben der Baustelle – und rund 50 auf den Ausgleichsflächen.
Nächste Bauphase ab 2021 denkbar
Bis jetzt wurden 580 Wohnungen umgesetzt. „Gleichzeitig ist der Bestand der Ziesel durch die Pflegemaßnahmen nicht zurückgegangen“, so Knoll. Die Bauträger sind optimistisch, dass bald Hunderte Wohnungen mehr gebaut werden können.
Zieselzählung in Stammesdorf
In Stammersdorf wird neben dem Heeresspital der Wohnbau intensiv vorangetrieben. Doch dort leben Ziesel. Sie werden jetzt gezählt – weil nur weiter gebaut werden darf, wenn es den geschützten Nagetieren gut geht und sie Ausgleichsflächen besiedeln.
„Ab 2021 könnte die Absicht umgesetzt werden, einen nächsten Bauabschnitt umzusetzen“, so Knoll. „Aber nur dann, wenn es uns gelingt, und das sieht momentan sehr gut aus, dass der Zieselbestand, den wir ursprünglich vorgefunden haben, nicht schlechter, sondern möglicherweise sogar besser wird.“