Ein Viertel aller Volksschulkinder ist übergewichtig, Tendenz steigend, sagte „Enorm in Form“-Projektleiterin Nina Kienreich. Sie bezeichnet zu wenig Bewegung und Fehler bei der Ernährung als Hauptgründe dafür: „Die häufigsten Ernährungsfehler sind einerseits die Portionsgrößen, dass Kinder einfach Erwachsenenportionen essen, und dann kommt dazu, dass zusätzlich sehr viel zwischen den Mahlzeiten gesnackt wird.“ Aber auch Stress spielt eine große Rolle, etwa durch unklare Familienverhältnisse oder durch eine fehlende Zuwendung der Eltern.
Seit sechs Jahren bietet die Wiener Gebietskrankenkasse (WGKK) ihr Programm „Enorm in Form“ für Zehn bis 14-Jährige bereits an. Weil aber immer mehr Eltern darum gebeten hätten, wird das Abnehmprogramm nun ausgeweitet. Wobei es in erster Linie aber nicht darum geht, möglichst rasch möglichst viel an Gewicht zu verlieren: „Das übergeordnete Projektziel ist eine langfristige Veränderung des Lebensstils der Kinder – insbesondere der Ernährung“, sagt Claudia Wojnarowski, medizinische Leiterin des Programms. Daher werden auch die Eltern intensiv in das Programm miteinbezogen.
Start im Herbst 2019
Ab kommenden September wird das Programm auch für übergewichtige Kinder zwischen sechs und neun Jahren angeboten. Bedingung für eine Teilnahme ist, dass die Kinder bei der WGKK mitversichert sind und ein bestimmter Bodymaßindex. Das Programm läuft über sechs Monate hinweg und beginnt mit einer medizinischen und psychologischen Einstiegsuntersuchung sowie einem diätologischen Einzelgespräch. Im Falle eines besonderen psychotherapeutischen Betreuungsbedarfs wird dieser an der Sigmund Freud Universität angeboten.
Das Programm selbst ist in Module gegliedert. Jedes Modul besteht aus zweimal 45 Minuten Schulung in der Gruppe über Ernährung und psychosoziale Themen. Eltern werden intensiv miteinbezogen, denn es sind ja sie, die ein gesundes Verhalten vorleben und gegenüber dem Kind durchsetzen sollen, allerdings werden Eltern und Kinder für die Schulungen getrennt. Bei jeder Schulung wird die Körperzusammensetzung der Kinder mittels Bioimpedanz-Messung kontrolliert. Parallel dazu müssen die Kinder ein Bewegungsangebot absolvieren. Abgerechnet wird über die E-Card, für den Sport sind 75 Euro zu bezahlen. Start ist am 17. September, der Einstieg ist aber jederzeit möglich.
Pokale und Urkunde für die Sieger
Erst vor Kurzem haben 33 Kinder und deren Eltern den erfolgreichen Abschluss der heurigen Sommersemesterkurse bei einem Fest im Sportzentrum Spenadlwiese im Prater gefeiert. Als erfolgreiches Vorbild war die österreichische Hürdensprinterin Beate Schrott mit dabei, motivierte die Kinder, ihren Weg fortzusetzen und übergab ihnen Pokale und Urkunden – am Ende des Programms waren somit alle Kinder Sieger.
Laut WHO soll sich die Zahl adipöser Kinder bis zum Jahr 2025 verdoppeln.
Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes, Krebs und Atemwegserkrankungen verursachen heute in Europa bereits 77 Prozent der Krankheitslast und 86 Prozent der vorzeitigen Sterblichkeit. „Führende Risikofaktoren sind ein überhöhtes Körpergewicht sowie der übermäßige Verzehr von kalorienreicher Nahrung, gesättigten Fetten, Transfettsäuren, Zucker und Salz bei zu geringem Konsum von Obst, Gemüse und Vollkornprodukten“, so Kurt Widhalm, Kinderarzt und Präsident des Österreichischen Akademischen Instituts für Ernährungsmedizin. In Europa ist laut WHO bereits jedes dritte Kind im Alter von sechs bis neun Jahren adipös.