Wohnpark Alterlaa
ORF
ORF
Lifestyle

Baden auf dem Dach hat Zukunft

Ein Pool auf dem Dach? Ab den 1970er Jahren wurde das auf einigen Wiener Sozialbauten Realität. Jahrzehnte nach der Eröffnung der ersten Dachschwimmbäder finden einzelne Wohnbaugenossenschaften wieder Gefallen an der Idee.

Wenn die Temperatur am Wochenende verlässlich über 30 Grad klettert, muss sich Johann Brichta nur im Bademantel in den Aufzug stellen und kann wenige Momente später ins Wasser eintauchen. Auf den acht Dächern des Heinz-Nittel-Hofes, einem Gemeindebau in Floridsdorf, stehen Bewohnerinnen und Bewohnern in den Sommermonaten kostenlos und exklusiv Dachschwimmbäder zur Verfügung.

Im Wohnpark Alterlaa in Liesing gibt es insgesamt 22 Saunen und 14 Bäder, von denen sich sieben auf dem Dach der Gebäude befinden. Hier kümmert sich sogar ein vierköpfiges Team um die Instandhaltung und Pflege der Pools.

Heinz-Nittel-Hof, Johann Brichta
ORF
Für Brichta gibt es „mit Sicherheit schlimmere Wohnungen“ als seine Gemeindebauwohnung mit Dachpool

Glück auf der Spur

Die Dachschwimmbäder gehören zu den Markenzeichen des Architekten Harry Glück (1925–2016), der beide Wohnhausanlagen entwarf. Er wollte damit „Luxus im sozialen Wohnbau“ und der breiten Masse ein „Wohnen wie die Reichen“ ermöglichen. Rund 50 Jahre nach Eröffnung des ersten Wohnturms in Alterlaa scheinen sich die von ihm geprägten Dachpools wieder steigender Beliebtheit zu erfreuen.

Allein die Wohnungsgenossenschaft Wien Süd spricht von zwölf Wohnhausanlagen mit Dachpools in ihrem Bestand, fünf davon sind jünger als fünf Jahre. Laut Sprecher Martin Strommer „gibt es einen Grundsatzbeschluss der Geschäftsführung: In Zukunft bekommen alle neuen Wohnhausanlagen Dachbäder, bei denen es sich technisch einrichten lässt. Das ist ab einer Größe von 120 Wohnungen realistisch.“ Doch wozu das Ganze? Die Genossenschaft mache damit eine sonst tote Fläche für Mieterinnen und Mieter zugänglich, so Strommer. Bis jetzt kämen die hochgelegenen Bäder jedenfalls gut an: „Wir bekommen nur positive Rückmeldungen.“

Wohnpark Alterlaa
ORF
Jeden Tag inspizieren Stefan Gierolla und sein Team die insgesamt 14 Bäder im Wohnpark Alterlaa

Baden wie im Einfamilienhaus

Bei der Gesiba, dem gemeinnützigen Bauträger der Stadt, sind es derzeit 26 Wohnhausanlagen mit Schwimmbädern auf dem Dach. Einige davon stehen noch nicht lange: Im Pool in der Altmannsdorfer Straße in Meidling zum Beispiel baden die Mieterinnen und Mieter des darunterliegenden Wohnhauses erst seit 2017.

Auch wenn aktuell keine derartigen Wohnprojekte in Planung seien, kann sich Gesiba-Generaldirektor Ewald Kirschner eine Zukunft für Dachschwimmbäder vorstellen: „Wir machen das immer wieder gerne.“ Ab 200 darunterliegenden Wohnungen sei so ein Dachpool wirtschaftlich zu betreiben.

Was auch für die Pools spreche: Wer genug Freizeiteinrichtungen im eigenen Haus auffinde, sei nur noch in Ausnahmefällen auf ein eigenes Auto angewiesen. Außerdem fungierten die Bäder als „sozialer Kommunikationsraum“ und „gerade für die Gesiba sind die Pools ein wichtiges Asset. Wir haben Leute, die nur wegen den Bädern bei uns einziehen wollen“, sagte Kirschner.

„In jedem Kleingarten steht ein Schwimmbecken“

Pools gehören vor allem in der heutigen Zeit zum Lebensstandard vieler Menschen dazu, meint auch Stefan Gierolla, einer der vier Schwimmbadtechniker in Alterlaa: „Und warum sollten diejenigen, die keinen eigenen Garten haben, in eines der öffentlichen Bäder fahren müssen? So können sie auch im eigenen Haus baden.“ Und obwohl der Betrieb und die Wartung der Schwimmbäder sehr aufwendig sei – die unterschiedlichen Häuserblöcke wurden teilweise in einem Abstand von zehn Jahren fertiggestellt, womit sich allein bei der Filtertechnik der Dachpools viel unterscheide –, zahle die durchschnittliche Mieterin dafür „nicht die Lawine“.

Es geht ums Geld

Die Betriebskosten der hochgelegenen Bäder werden zusammen mit Warmwasser und Heizung monatlich mit der Miete verrechnet. In Alterlaa machen sie durchschnittlich 2,37 Euro pro Quadratmeter Wohnfläche aus. Insgesamt kommt die Bruttomiete damit auf 8,50 Euro pro Quadratmeter.

Der Aufwand sowohl für Miete als auch die Pflege der Dachschwimmbäder sei es deshalb „auf jeden Fall wert“ – das zeige schon allein die lange Warteliste für Wohnungen im Wohnpark, so Martin Mussy, stellvertretender Betriebsleiter in Alterlaa.

Wiener Wohnen, das neben dem Heinz-Nittel-Hof zwei weitere Wohnhausanlagen mit Dachpools betreibt, plant unterdessen keine neuen Dachschwimmbäder auf Gemeindebauten. Sprecher Markus Leitgeb verwies auf die gesetzlichen Vorschriften, nach denen die Bruttomiete im „Gemeindebau neu“ nicht 7,50 Euro pro Quadratmeter übersteigen darf. „Bei aktuellen Projekten geht es also darum, wie man auch architektonisch die Kosten möglichst gering halten kann. Swimmingspools werden also auch in Zukunft eher die Ausnahme im Gemeindebau bleiben.“

Wohnpark Alterlaa
ORF
Blick auf einen der Dachpools in Alterlaa

Auch diejenigen, die von einem privaten Pool auf dem eigenen, umgebauten Hausdach träumen, können sich laut Wolfgang Amann vom Institut für Immobilien, Bauen und Wohnen (IIBW) wenig Hoffnung auf baldige Abkühlung über den eigenen vier Wänden machen: „Mit normalen, statischen Bedingungen sind Pools auf dem Dach von Privathäusern nicht machbar. Außerdem ist die Abwässerung ungeklärt – soll das Wasser denn die Dachrinnen hinunterfließen?“ So würde die Errichtung eines Pools auf dem Dach eines bereits bestehenden Wohnhauses spätestens an den Behörden scheitern.