Justizwachebeamter geht einen Zellengang entlang
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Politik

Justizanstalt Josefstadt stark überbelegt

990 Häftlinge können im Hauptgebäude der Justizanstalt Josefstadt untergebracht werden. Im Durchschnitt waren über die letzten Jahre jedoch etwa 1.150 in Österreichs größtem Gefängnis inhaftiert. Gefordert wird ein Neubau.

7.000 treten jedes Jahr im Haus in der Wickenburggasse 18 ihre Haft an. Ungefähr gleich viele werden wieder entlassen. Die Kapazitätsgrenze ist schon seit Jahrzehnten überschritten. Eine Herausforderung für die Justizwachebeamten, schildert Gewerkschafter Albin Simma: „Wir reden in der öffentlichen Diskussion von einer 60-Stunden-Woche. Da können unsere Kollegen nur sarkastisch lachen, das ist schon lange nicht mehr möglich. 70, 80, 90 Stunden sind an der Tagesordnung – das ist einfach nicht mehr tragbar.“

Justizwachebeamter öffnet eine Tür
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Stellenweise bis zu 90 Stunden müssen Justizwachebeamte laut Gewerkschaft arbeiten

Er ist Vorsitzender der Justizwachegewerkschaft und kommt von der ÖVP-nahen Fraktion Christlichen Gewerkschafter (FCG). Er sieht auch einen deutlichen Mangel an Justizwachebeamten. „Man sieht, wenn die Belastung monatelang gleichbleibt, dass sie sich krankmelden und einfach nicht mehr können.“ Seit Jahren würde die Personalvertretung auf die schlimmen Arbeitszustände hinweisen, sagt Simma.

Offiziell 990 Plätze

Offiziell gibt es 990 Haftplätze im Haupthaus der Justizanstalt Josefstadt. Durchschnittlich sind in den letzten Jahren 1.150 Personen gleichzeitig hier in Haft gewesen. In der Außenstelle Wilhelmshöhe sind weitere 50 Personen untergebracht. Um damit umgehen zu können, fordert Simma zehn bis 15 Prozent mehr Personal – also mindestens 50 zusätzliche Justizwachebeamte.

Mit zehn Personen sind manche Zellen belegt, geplant wären sechs, kritisiert Anstaltsleiterin Helene Pigl. Sie leitet das Gefängnis seit zwölf Jahren. Leerstehende Zellen gibt es nur, wenn sie für Neuankömmlinge vorbereitet werden. Die Überbelegung führt auch zu Konflikten. „Es hat sich in der Belegung nicht so viel von der Zahl geändert. Aber es ist schwieriger geworden, weil die Insassen auffälliger werden.“ Ein Grund sind die unterschiedlichen Nationalitäten der Inhaftierten.

Eine Gefängniszelle von innen mit einem Doppelbett, einem Tisch und einem Fernseher
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Diese Zweierzelle ist regulär belegt, manche Zellen müssen sich aber bis zu zehn Personen teilen

Bodycams in Novelle vorgesehen

Von den Justizwachebeamten wird gefordert, „im Vorfeld dafür zu sorgen, dass man Insassen umsiedelt, um die Spannungen abzubauen“, erklärt Pigl. Dennoch kann es – wenn auch selten – zu kritischen Situationen und Konflikten kommen. Eine Möglichkeit, um die Sicherheit zu erhöhen, sieht man in zusätzlicher Sicherheitsausrüstung, etwa mit Bodycams.

Gefordert wurden diese schon lange, aus einem Testbetrieb wurde vorerst nichts. In einer Stellungnahme des Justizministeriums gegenüber wien.ORF.at heißt es: „Den geplanten Testbetrieb von Bodycams für Justizwachebeamte gibt es derzeit noch nicht, da ein derartiger Eingriff in die Persönlichkeitsrechte eine gesetzliche Grundlage erfordern. In der geplanten Novelle zum StVG (Strafvollzugsgesetz, Anm. d. Red.) ist eine Bestimmung für den Einsatz von Bodycams vorgesehen.“ Diese wurde jedoch vom früheren ÖVP-Justizminister Josef Moser erarbeitet, eine Umsetzung ist derzeit offen.

Neues Gefängnis mit maximal 500 Plätzen

Für Konflikte sorgen auch fehlende Angebote in der Freizeit. Die Aktivitäten für die Gefängnisinsassen sind beschränkt. Außer einem täglichen Hofgang und Terminen vor Gericht gibt es wenig Abwechslung. Um das Problem in den Griff zu bekommen, wird ein zusätzlicher Neubau gefordert: „Eine wirkliche Entlastung wäre aus meiner Sicht, ein neues Gefängnis zu bauen“, sagt Pigl. Simma stimmt zu: „Unsere Forderung ist schon seit Langem, schon seit über zehn Jahren, einen Neubau im Bezug auf die Justizanstalt Wien-Josefstadt.“

Gefängnishof der Justizanstalt Josefstadt
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Der tägliche Hofbesuch ist oft die einzige Abwechslung für die Insassen

Jedoch kein Gefängnis in der Größe der derzeitigen Justizanstalt Josefstadt, sondern eher ein kleines mit einer Kapazität von maximal 500 Insassen, so Simma. Laut Pigl sollte das am Rande der Stadt entstehen. Durch die dichte Verbauung in der Innenstadt gibt es nämlich kaum Tageslicht in den Zellen.

Forderung nach neuem Gefängnis

Österreichs größtes Gefängnis ist seit Jahren überbelegt. Personalvertreter und Anstaltsleitung kritisieren die chronische Überbelegung schon lange. Jetzt fordern sie ein neues Gefängnis.

Generalsanierung ab 2020

Im Justizministerium plant man anders, wie es in einer schriftlichen Stellungnahme heißt: „Strafgefangene werden derzeit so schnell wie möglich in andere Justizanstalten verlegt. (…) Die Lage entspannt sich bereits, was sich auch längerfristig in den Zahlen niederschlägt.“

Die vom Justizministerium überlieferten Zahlen belegen das jedenfalls aktuell noch nicht. Zum Stichtag 1. Juli gab es 2015 1.133 Häftlinge und diese Zahl blieb bis zum 1. Juli 2019 (1.165 Häftlinge) relativ konstant. Im kommenden Jahr startet eine Generalsanierung des Hauses, dabei muss die Justizanstalt abschnittsweise gesperrt werden – damit gibt es noch weniger Platz.