Die Kanzleien platzen jetzt schon aus allen Nähten. Die Mitarbeiter müssen buchstäblich über Aktenberge steigen, wie jüngst ein Besuch der APA zeigte. Es mangelt vor allem an nichtrichterlichem Personal. 2010 waren am Landesgericht 65 Richter und 117 nichtrichterliche Mitarbeiter beschäftigt. Mittlerweile wurden die Richterplanstellen auf 80 erhöht, was vor allem auf Wirtschaftsgroßverfahren wie den BUWOG-Prozess zurückzuführen ist.
Nichtrichterliches Personal reduziert
Dagegen wurden im nichtrichterlichen Bereich 13 Stellen gestrichen. Dass bei reduziertem Personalstand ein Mehr an Arbeit zu bewältigen ist, bedeutet für die betroffenen Mitarbeiter beinahe unzumutbare Arbeitsbedingungen, wie ein Blick hinter die Kulissen beweist.

So werken im Jugendteam, das Strafverfahren gegen Jugendliche und junge Erwachsene verwaltet, bis zu acht Kanzleikräfte auf engstem Raum und im Sommer zusätzlich unter belastenden klimatischen Bedingungen. Während die Verhandlungssäle am Landesgericht mittlerweile klimatisiert sind, staut sich in den anderen, teilweise sanierungsbedürftigen Räumen die Hitze.
Kein Platz im Aktenlager
Im Aktenlager im Erdgeschoss werden in schier endlos scheinenden Fluchten in meterhohen Schränken sämtliche Gerichtsakten der vergangenen 17 Jahre verwahrt. Seit 2014 sind für jeden Jahrgang sieben überdimensionale Schränke erforderlich, die in keiner Wohnung Platz fänden. „Der Umfang der Akten nimmt zu. Die Verfahren werden immer komplexer“, erläutert die Betriebsausschussvorsitzende Nicole Baczak.
Über eine dreiviertel Million Akten beherbergt das Haus auf 2.300 Quadratmetern insgesamt, denn weitere 33 Jahrgänge ruhen im Keller. Gerichtsakte müssen 50 Jahre aufbewahrt werden, ehe sie entweder vernichtet werden oder in den historischen Bestand des Stadt- und Landesarchivs übernommen werden. Schon jetzt ist klar, dass es für den Jahrgang 2019 im Aktenlager keinen ausreichenden Platz geben wird. Wohin man ausweichen wird, ist noch unklar. Möglicherweise findet man im Arbeits- und Sozialgericht Unterschlupf.

Mangel an Schriftführern
Eine dramatische Entwicklung droht bei den Schriftführern, wo es im heurigen Jahr weitere sechs Abgänge geben wird. Damit stehen dem Landesgericht für Strafsachen nur mehr elf professionelle Kräfte zur Verfügung. Drei weitere sind dauerhaft für das BUWOG-Verfahren abgestellt, in dem ein Ende nach über 100 Verhandlungstagen nicht in Sicht ist.
Wöchentlich werden am Landesgericht bis zu 250 Verhandlungen durchgeführt, einzelne Schriftführerinnen kommen daher bis zu viermal pro Woche zum Einsatz. In komplizierten, ganztägigen Wirtschaftsverfahren kann das von einer einzelnen Fachkraft erstellte Protokoll einer einzigen Hauptverhandlung 183 Seiten umfassen, wie ein Beispiel vom vergangenen Frühjahr belegt.

Service-Center nur eingeschränkt geöffnet
Auch im Service-Center, das Verteidigern, Angehörigen von U-Häftlingen, Behörden und interessierten Bürgern zur Verfügung steht, ist das Arbeitspensum enorm. „Wir beantworten 140 bis 185 Anfragen täglich“, hält die Vorsitzende des Dienststellenausschusses, Martina Pichler, fest. Da dafür nur 1,75 gerichtliche Planstellen – also nicht einmal zwei ganztägig einsetzbare Mitarbeiter – zur Verfügung stehen, mussten die Öffnungszeiten des Service-Centers zuletzt eingeschränkt werden.