Kraftwerk Simmering
ORF.at/Roland Winkler
ORF.at/Roland Winkler
Chronik

Biomassekraftwerk in Simmering steht still

Das Wald-Biomassekraftwerk in Simmering steht seit Mittwoch um 22.00 Uhr wegen fehlender finanzieller Förderungen still. Um das Thema ist heute eine politische Auseinandersetzung entbrannt.

Bis am Mittwochabend sind im Wald-Biomassekraftwerk noch Holz-Hackschnitzel aus den Wälder rund um Wien verbrannt worden. Mit der dadurch gewonnen Energie wurden 48.000 Wiener Haushalte mit Strom und 12.000 mit Wärme versorgt. Seit der Eröffnung des Kraftwerks 2006 sind dadurch laut Wien Energie jährlich 144.000 Tonnen CO2 eingespart worden.

Förderung nun Ländersache

Wegen des niedrigen Strompreises war der als klimafreundlich geltende Biomasse-Betrieb aber nur wirtschaftlich, weil die Wien Energie pro Kilowattstunde rund zehn Cent an Förderung bekommen hat. Diese Förderung ist jetzt ausgelaufen. Die ehemalige türkis-blaue Bundesregierung hatte auf Bundesebene keine Nachfolgeregelung des Ökostromgesetzes für feste Biomasse beschlossen.

Stattdessen wurde durch ein Biomassegrundgesetz die Verantwortung für eine weitere Förderung an die Länder übertragen. Die Stadt Wien arbeitet nun an einer Lösung, heißt es. Wenn eine vorliegt, kann das Kraftwerk laut Wien Energie jederzeit wieder hochgefahren werden. Bis dahin wird aus dem 120 Meter hohen Kamin kein Rauch aufsteigen.

Polit-Hickhack um Biomassekraftwerk

Die Abschaltung des Biomassekraftwerks hat am Donnerstag für einen politischen Schlagabtausch gesorgt. Umweltstadträtin Ulli Sima (SPÖ) sah die Schuld der vorübergehenden Stilllegung bei Ex-Umweltministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP). Das Ministerium adressierte indes an die Stadt, dass das Abdrehen des Kraftwerks vermeidbar gewesen wäre.

„Denn die Rahmenbedingungen für den Weiterbetrieb des Biomassekraftwerks wurden von der vorigen Bundesregierung zeitgerecht und ordnungsgemäß geschaffen“, hieß es in einer Ministeriumsaussendung. „Offenbar hat es die Wiener Stadtregierung bisher verabsäumt, das Biomasse-Grundsatzgesetz rechtzeitig umzusetzen.“ Wien werde folglich in den nächsten Monaten weniger Energie aus erneuerbaren Quellen zur Verfügung stehen, was ein „Rückschlag für den Klimaschutz“ sei.

Köstinger und Sima im Clinch

Ex-Ministerin Köstinger hatte zuvor ebenfalls darauf hingewiesen, dass die ehemalige türkis-blaue Bundesregierung rechtzeitig Rahmenbedingungen gesetzt habe, um die 47 Biomasse-Anlagen in Österreich vor dem Aus zu retten und eine Übergangslösung zu schaffen, bis das neue Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz in Kraft tritt. Wien habe diese aber nicht umgesetzt.

„Dass die Ex-Ministerin nun ihr eigenes Versagen der Stadt Wien in die Schuhe schieben möchte, ist eine Frechheit“, antwortete Sima postwendend. Die Stadt habe damals eine „tragfähige Lösung“ für die Biomasseförderung finden wollen, was von Köstinger aber abgelehnt worden sei. Wien arbeite aber „mit Hochdruck“ an einem Landesgesetz, das noch im Sommer fertiggestellt werde, hieß es in einer Aussendung. Allerdings brauche es dann noch die Notifizierung der EU, was bis zu eineinhalb Jahre dauern könne.

NEOS und FPÖ kritisieren SPÖ

Die FPÖ nahm einstweilen Sima in die Pflicht. „Wer Biomasse abdreht, dreht Atomstrom auf“, schlussfolgerte der blaue Vizebürgermeister Dominik Nepp. Das Herunterfahren des Biomassekraftwerks in Simmering komme nicht überraschend: „Die Wiener FPÖ hat davor schon im Februar gewarnt, nachdem SPÖ-Bundesräte aus reinem Trotz und reiner Willkür die Ökostromnovelle der damals schwarz-blauen Bundesregierung gekippt haben.“ Nach dem Auslaufen der Förderungen Ende Juli habe es Sima verabsäumt, für die weitere Finanzierung zu sorgen.

NEOS verurteilte wiederum das „parteipolitische Hickhack“. „Die SPÖ trägt hier eine große Mitverantwortung. Es ist unverständlich, dass die SPÖ seit Anfang des Jahres nicht an einer konstruktiven Lösung für die Biomasse interessiert ist und die Kompromissvorschläge für eine Übergangslösung zu Fall gebracht hat“, urteilte Klimaschutzsprecher Stefan Gara.