Ein Mann steht mit Datenbrille und Stuerung im Raum
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Wirtschaft

Brillenhersteller macht Google Konkurrenz

Brillen, die nur mit Augenbewegungen gesteuert werden können und Daten verarbeiten – was klingt wie im Science-Fiction-Film, plant ein Unternehmen in der Seestadt Aspern. Es will erstmals in Österreich Datenbrillen produzieren und Google & Co. Konkurrenz machen.

Man spaziert am Stephansdom vorbei, blickt interessiert hin – das System der Datenbrillen der Wiener Firma Viewpointsystem erkennt das und liefert alle Informationen über den Dom, direkt in das eigene Sichtfeld projiziert. Architekturgeschichte für Wiener und Touristen ist nur ein mögliches Beispiel, wie die Brille angewendet werden kann, die ab Oktober zu Hunderten in der Seestadt produziert werden soll.

Augenbewegungen steuern Brille

Die Augen übernehmen dabei die Steuerung, ähnlich wie eine Computermaus: „Ich kann mit meinen Augen alles, was mich interessiert, auswählen. Ich kann im System eine Videosequenz erstellen, ein Foto machen und ja, ich könnte auch das E-Mail-Menü aufrufen und das Foto gleich verschicken“, sagt Nils Berger, der das Unternehmen seit 2016 leitet. Ursprünglich ging Viewpointsystem aus einem Spin-off der Universität für Bodenkultur Wien hervor.

Eine Datenbrille liegt auf einer Steuerung
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Die Brille wird durch Bewegungen der Augen gesteuert, zur Verarbeitung wird ein Minicomputer am Körper befestigt

Was für manchen im ersten Moment nach Reizüberflutung klingen könnte, ist etwa für Industrieunternehmen ein wichtiges Kommunikationsmittel und ein Problemlöser: Etwa wenn ein österreichischer Hersteller eine Anlage nach Australien liefert.

Datenbrillen aus der Seestadt

Eine Brille, die als Handy dient, Zusatzinfos zum Gesehenen bietet und etwa bei Google verwendet werden soll. Ein Wiener Unternehmen plant das in der Seestadt Aspern bei schon jetzt vollen Auftragsbüchern.

Steht die Maschine still, bräuchte der Techniker wertvolle Stunden für eine Reise um die halbe Welt. „Mit unserem System kann ich innerhalb von fünf bis zehn Minuten durch die Augen des Menschen unterstützen und so ein Problem viel schneller und ohne Kommunikationsschwierigkeiten lösen“, meint Betriebswirt Berger, ein gebürtiger Liechtensteiner.

Google, Microsoft & Co. als Mitbewerber

Solche Datenbrillen kennt man in ähnlicher Form bisher nur von großen Tech-Konzernen wie Google, Microsoft und Sony: Mit fremder Technologie arbeiten kommt für Viewpointsystem nicht infrage: „Wir wollen selber die Kontrolle darüber haben, wie aus unseren Ideen fertige Produkte werden. Und wir werden noch viel schwieriger kopierbar, weil wir niemandem Einblick geben, wie das gefertigt wird.“

3D-Brille
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Zahlreiche Komponenten für die Datenbrillen werden mit einem 3-D-Drucker angefertigt

Die Fertigung erfolgt in dem von der Wirtschaftsagentur Wien neu ausgebauten Technologiezentrum in der Seestadt. Der Hauptsitz des Unternehmens bleibt auch künftig, wie bisher, am Franz-Josefs-Kai. 50 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind am Entstehen der smarten Brillen, die 7.500 Euro aufwärts kosten, beteiligt.

Investition in Wien statt Abwanderung ins Silicon Valley

Ursprünglich gab es den Plan, mit der Fertigung in die USA ins Silicon Valley zu übersiedeln. Dank einer EU-Förderung in der Höhe von 2,3 Millionen Euro entschied man sich aber zu bleiben, wie Firmenchef Berger im ORF-Interview erzählt. So wurden in den vergangenen drei Jahren auch rund zehn Millionen Euro in den Wiener Standort investiert, um startklar für die Produktion zu sein.

Viele Komponenten werden mit dem 3-D-Drucker hergestellt – die Elektronik wird händisch in die Brillen eingearbeitet. Die Auftragsbücher sind voll, die Kundenliste reicht von Coca-Cola und Heineken bis hin zum Maschinenhersteller Plasser & Theurer. Ein Riesenprojekt für die Wiener, das auch große Herausforderungen mit sich bringt: „Wir machen einen Markt, den es so noch nicht gibt, mit einem System, das niemand kennt.“ Geht es nach dem Firmenchef, soll die Datenbrille mit Blicksteuerung in fünf Jahren das Handy ablösen.