Die Asylunterkunft in Simmering von außen, davor steht ein Auto
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Chronik

Polizist schießt auf Angreifer: Lebensgefahr

Ein Streit zwischen zwei Bewohnern einer Flüchtlingsunterkunft in Simmering ist in der Nacht auf Mittwoch eskaliert. Der Mann attackierte einschreitende Polizisten, die ihn erst durch Schüsse stoppen konnten. Der 39-Jährige ist in Lebensgefahr.

Die Polizisten wurden zu einem Streit in die Unterkunft in Neu Albern gerufen. Ein 39-jähriger Afghane soll dort einen 40-jährigen Iraner mit einem Messer bedroht haben. Als die Beamten am Einsatzort ankamen, nahmen sie einen lautstarken Streit zwischen den beiden Männern wahr, berichtete Polizeisprecher Daniel Fürst am Mittwoch.

Pfefferspray zeigte keine Wirkung

Der 39-jährige Tatverdächtige habe zudem ein Messer in der Hand gehabt. Er soll mit diesem in Richtung der Polizisten gelaufen sein. Die mehrmalige Aufforderung, das Messer wegzulegen und stehen zu bleiben, ignorierte der Mann laut Fürst. „Der Tatverdächtige blieb trotz mehrfacher Aufforderung und dem Einsatz eines Pfeffersprays nicht stehen und ging weiter mit dem Messer auf die Beamten los.“

Waren die Schüsse notwendig?

„Wien heute“-Reporterin Elisabeth Tschank hat Polizeisprecher Daniel Fürst gefragt, ob der Schusswaffeneinsatz notwendig war.

Daraufhin zog einer der Beamten seine Dienstwaffe, schoss mehrmals auf den Mann und traf ihn im Oberkörperbereich. Wie oft geschossen wurde, war laut Fürst noch Gegenstand der Ermittlungen. Der Beamte hätte richtig gehandelt: „Es waren nur wenige Sekunden um eine Entscheidung zu treffen.“ Die ebenfalls angerückten Wega-Beamten kümmerten sich um die Erstversorgung des Mannes, anschließend wurde er von der Rettung in ein Spital gebracht.

Noch keine Befragung

Zunächst hatte es von der Pressestelle der Wiener Polizei geheißen, der 39-Jährige schwebe nicht in Lebensgefahr. Das wurde aber später revidiert. Am späten Mittwochnachmittag schwebte er weiter in Lebensgefahr. Er befand sich im künstlichen Tiefschlaf in einem Wiener Spital. Laut Daniel Melcher, Sprecher der Wiener Berufsrettung, seien die Verletzungen an Ort und Stelle in der Nacht bereits lebensgefährlich gewesen.

Worum es bei dem Streit zwischen den beiden Männern ging, ist derzeit noch nicht bekannt. Es konnte noch keine Befragung durchgeführt werden. Die Tatwaffe, ein Stanleymesser, wurde sichergestellt.

Das Wohnheim der Diakonie bietet Platz für insgesamt 126 Asylwerber, 40 Plätze davon werden an Klienten mit erhöhten Betreuungsbedarf bzw. psychiatrischen Erkrankungen vergeben, heißt es von der Diakonie.

37 Schüsse seit 2012

Wie in derartigen Fällen üblich wird der Schusswaffengebrauch untersucht, und zwar nicht von jener Landespolizeidirektion, in deren Zuständigkeitsbereich die Schussabgabe gefallen ist. In der vorliegenden Causa hat laut Fürst das steirische Landeskriminalamt die Untersuchung des Falles übernommen.

37 Mal haben österreichische Polizisten von 2012 bis 2018 auf Menschen geschossen. Dabei wurden sechs Menschen getötet, zwölf schwer und einer leicht verletzt. Das ging aus Zahlen des Innenministeriums hervor, die am Mittwoch übermittelt wurden. Dabei geht es um Gebräuche der Dienstpistole oder des dienstlichen Sturmgewehres.

Grob lässt sich daraus ableiten, dass pro Jahr Polizisten durchschnittlich etwa 60 Mal zur Waffe greifen. Gezielt auf Menschen schießen sie in der Regel höchstens fünf Mal. Ausreißer waren in dieser Hinsicht die Jahre 2013 und 2016, als sie die Waffen jeweils neun Mal gezielt gegen Menschen einsetzten. 2013 erschoss ein der Wilderei Verdächtiger drei Polizisten und einen Sanitäter in Annaberg (Bezirk Lilienfeld). 2016 tötete ein Supermarkträuber in Wien-Penzing einen Polizisten und wurde selbst von der Exekutive erschossen.