Peter Pilz im Gespräch mit „Radio Wien“-Moderator Bernie Weihsinger
ORF.at/Benjamin Fischer
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Politik

Pilz: „Staubsaugen gehört zu meinen Pflichten“

Peter Pilz, Spitzenkandidat der Liste JETZT, spricht im persönlichen Interview mit Radio Wien unter anderem über das Geheimnis seiner Ehe und darüber, warum er sich als „bevölkerungspolitischer Totalversager“ bezeichnet.

Fast 40 Jahre ist Peter Pilz mit seiner Frau Gudrun verheiratet – das Datum des Hochzeitstages fällt ihm nicht sofort ein: „Ich war 30 und es war im April und ich frag immer meine Frau, wann es genau ist – und sie sagt, ich glaub, der 21.“

Respekt und „gründliches Streiten“

Der junge Peter Pilz kannte seine Frau vom Kaffeehaus. „Sie saß bei den Feministinnen.“ Die beiden haben sich schlussendlich bei einer Demonstration verliebt, erzählt Pilz im Gespräch mit Radio-Wien-Reporter Bernie Weihsinger. Neben ein bisschen Glück ist das Geheimnis seiner Ehe die „große Liebe“, sagt Pilz: Da kann man sich am Kopf stellen, ohne die geht es nicht. Dann gehört Respekt dazu, Genauigkeit und auch die Fähigkeit miteinander gründlich zu streiten – nämlich, dass etwas Positives rauskommt. Und dann, dass wir dauernd miteinander reden, weil wir uns gegenseitig so interessant finden.“

Peter Pilz über seine Zeit als Journalist

Peter Pilz über seine Ehe

„Ich bin ein bevölkerungspolitischer Totalversager“

Eigentlich wäre Pilz gerne Vater geworden. „Das war eine Zeit lang schon unsere Planung und wir haben gesagt, das wäre schön. Aber ich bin, und ich stehe dazu, ein bevölkerungspolitischer Totalversager, mit dem muss ich leben. Meine Frau und ich mögen Kinder, wir haben zum Glück Neffen, Nichten und Parteifreunde.“

Zuhause ist Pilz der Koch, der – wenn es einmal kein Fleisch sein darf – gerne „gebackene Pilze“ zubereitet. Er kocht jedoch nicht nur, er kauft auch ein, wäscht „selbstverständlich“ das Geschirr ab, putzt die Fenster und „leider gehört auch Staubsaugen zu meinen Pflichten.“ Er teilt sich die Aufgaben im Haushalt mit seiner Frau. „Mit der Wäsche hab ich nichts zu tun, weil die wenigen Versuche sehr wäscheschädlich waren.“

Peter Pilz über Urlaube und das Wandern

Peter Pilz über seine Aufgaben im Haushalt

„Wand vor der Nase ist mir zu wenig“

Als Ausgleich zur Politik ist Pilz gerne auf seiner Alm in er Steiermark oder geht in Kärnten wandern. Am Hochschwab gibt es etwa viele Wanderrouten, die er regelmäßig bestreitet. „Die Kletterei ist nicht meins, das hat mich nie besonders interessiert. Es ist die Geherei, weil sie den Riesenvorteil hat, dass man so viel sieht. Wenn man klettert, hat man immer ein Stückerl Wand vor der Nase und das ist mit zu wenig.“

Pilz war in jungen Jahren einmal Journalist. Gemeinsam mit Karikaturist Manfred Deix, Schriftsteller Christoph Ransmayr und anderen arbeitete er für das „Extrablatt“: "Eine Leidenschaft war damals geweckt und das war investigativer Journalismus: draufkommen wollen, was wirklich passiert. Es riecht was komisch. Du weißt nicht genau, woher kommt der Geruch. Du weißt nur, etwas stinkt. Dann gehst du mal in die Richtung und schaust nach.“

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Peter Pilz im Gespräch mit „Radio Wien“-Moderator Bernie Weihsinger
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Peter Pilz – ganz persönlich, mit „Radio Wien“-Moderator Bernie Weihsinger
Peter Pilz im Gespräch mit „Radio Wien“-Moderator Bernie Weihsinger
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Nicht seine Politik, sondern die Person Peter Pilz stand beim „Radio Wien“-Talk im Mittelpunkt.
Peter Pilz im Gespräch mit Ulrike Dobes
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Bei „Wien Heute“-Moderatorin Ulrike Dobes wurde es politisch.
Peter Pilz im ORF-Landesstudio Wien
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Peter Pilz sprach unter anderem darüber, warum es seiner Meinung nach JETZT – Liste Pilz im Parlament braucht.

Pilz will „Stachel im riesigen türkisen Hintern“ sein

Pilz sieht trotz schlechter Umfragewerte „gute Chancen“ wieder ins Parlament zu kommen. Er will „Stachel im riesigen türkisen Hintern“ sein. Und: Alle seine politischen Mitbewerber könne man kaufen.

Bei den vergangenen Wahlen schaffte es Pilz mit seiner neuen Liste auf 4,41 Prozent, jetzt liegt er laut aktuellen Umfragen bei ein bis zwei Prozent. Für die Nationalratswahl am 29. September zeigt er sich dennoch optimistisch, denn in Politpension werde er nicht gehen. „Wir sind die Einzigen, bei denen man sagen kann: uns kann man nicht kaufen, uns kann man nur wählen. Alle anderen können Sie kaufen, uns nicht“, so Pilz im „Wien heute“-Interview mit Ulrike Dobes. Auf den Wiedereinzug will er dann aber doch nicht – seine Gemeindebauwohnung – verwetten.

Allerdings werde er im Wahlkampf in jedem Bierzelt und bei jedem Jahrmarkt sein, um mit den Leuten zu sprechen. „Ich werde versuchen, sie zu überzeugen, dass es diese Kontrolle braucht. Und dass dieser riesige türkise Hintern – der uns noch eine Periode droht, mit Parteibuchwirtschaft, mit politischer Korruption und anderem auch – einen ordentlichen Stachel braucht im Parlament“.

U-Ausschuss wegen Ibiza-Video

Nach wie vor sieht sich der ehemalige Grüne als Aufdecker, weshalb er einen Ibiza-Untersuchungsausschuss, gleich am Tag der Angelobung des neuen Nationalrates, einsetzen will, wie er sagt. „Ich habe mehr als einen Verdacht. Erstens, diese Tarnvereine, über die Spenden in Millionenhöhe gewaschen wurden, die gibt es. Und bei den ganzen Horten-Geschichten (Anm.: gemeint ist Milliardärin Heidi Horten) und so sehen wir ja, dass immer mehr vom Ibiza- Video ja wirklich stimmt“.

Den U-Ausschuss zu dem Ibiza-Video will er auch wegen der Möglichkeit, ÖVP-Chef Sebastian Kurz unter Wahrheitspflicht befragen zu können. „Kurz wird uns erst die Wahrheit sagen, wenn wir ihm klar machen können: Sie sitzen da im U-Ausschuss und wenn Sie die Unwahrheit sagen, droht eine Gefängnisstrafe. Dann glaube ich, dass sogar Sebastian Kurz uns die Wahrheit sagt“.

Das gesamte Interview

Das Interview mit JETZT-Spitzenkandidat Peter Pilz und Ulrike Dobes in der ungekürzten Version.

„Das Geld ist weg, ist verbrannt!“

Weiters hat Pilz die privaten Pensionskassen ins Visier genommen. Denn diese hätten allein im Jahr 2018 eine Milliarde Euro verspekuliert. „Das kann man sich ja gar nicht vorstellen – das Geld ist weg, ist verbrannt! Wenn es irgendwo Sicherheit geben muss, dann ist es bei den Pensionistinnen und Pensionisten“, so Pilz. Die Pensionskassen wehren sich gegen die Vorwürfe. Das kurzfristige Jahres-Ergebnis 2018 sei aufgrund der schlechten Situation auf den Kapitalmärkten negativ gewesen und habe daher teilweise zu Kürzungen geführt. In guten Jahren komme es hingegen zu Erhöhungen, hieß es vom Fachverband der Pensionskassen.

Im Wahlprogramm der Liste JETZT wird gefordert, ein Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) in Kunst und Kultur zu investieren. Das wären etwa 3,8 Milliarden Euro. Pilz meint zu der hohen Summe: „Der weitestmögliche Kulturbegriff bringt ein Land in Bewegung“. Das Geld solle „von der Integration bis zur Motivation der Menschen, ihr Leben kulturell zu gestalten“, eingesetzt werden.

Gegen befristete Mietverträge

Wie auch die SPÖ und die Grünen hat auch die Liste Jetzt das Wohnungsthema in ihrem Programm. Pilz will gegen befristete Mietverträge vorgehen. Denn die Befristung sei eine „ständige Gefährdung für junge Familien, die es nicht in ein unbefristetes Mietverhältnis geschafft haben“.

Das alles kann JETZT aber erst mit dem Einzug in den Nationalrat konkretisieren. Ob das der jüngsten Partei wieder gelingt, zeigt sich am 29. September. Die Vorwürfe gegen Listen-Gründer Pilz wegen sexueller Belästigung – die Ermittlungen wurden eingestellt –, zahlreiche Personalrochaden und Namenswechsel könnten das aber erschweren.