ÖBB Cityjet, Sujetbild, Bahnsteig
ÖBB/Philipp Horak
ÖBB/Philipp Horak
Verkehr

Pendler stellen ÖBB vor Herausforderung

Da die Zahl der Fahrgäste stetig steigt, mangelt es an Zügen – und Gleisen. Der Verkehrsclub Österreich (VCÖ) kritisiert, man habe den Ausbau der Schieneninfrastruktur in Österreich jahrzehntelang verschlafen.

Zum Schulstart wird es wieder etwas enger. „Öffis“ und Züge in und um Wien werden wieder weit mehr benutzt als während der Ferien, vor allem zu Stoßzeiten – und das nicht immer zur Freude der Fahrgäste. Längerfristig plane man hier einen Ausbau der bestehenden Strecken sowie kürzere Intervalle, erklärt ÖBB-Konzernsprecher Robert Lechner im Ö1-Morgenjournal. Aber auch kurzfristig lässt sich etwas nachjustieren – mehr dazu in oe1.ORF.at.

Fast 30 Prozent mehr Pendler

Lechner denkt hier beispielsweise an den Einsatz von Kundenlenker, die dafür sorgen, dass Fahrgäste schneller ein- und aussteigen. Zudem sollen in den nächsten zwei Jahren mehr als 20 neue Cityjet-Ganituren zum Einsatz kommen, die die alten S-Bahn-Garnituren mit Einstiegsstufen ersetzen.

Langfristig, so Lechner, rechne man mit einem deutlichen Anstieg der Fahrgastzahlen – was grundsätzlich erfreulich sei, aber für die ÖBB auch einiges an Nachbesserungsbedarf bedeutet. Schon in den vergangenen zehn Jahren war die Zahl der Pendler um fast 29 Prozent angestiegen, an den Langzeitprognosen für das Jahr 2040 werde gerade noch gerechnet. Durchschnittlich stieg die Zahl der Fahrgäste in der Vergangenheit um rund drei Prozent jährlich, „2018 war wieder ein besonders starkes Jahr mit sechs Prozent“, erklärt der ÖBB-Sprecher. Das liege auch an der aktuellen Klimadebatte und dem Trend hin zur Bahn. Demnach erwartet man auch zukünftig kräftigen Zuwachs.

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ÖBB/Chris Zenz
Sollten die Fahrgastzahlen wie erwartet auch weiter kräftig steigen, muss das Schienennetz künftig stärker ausgebaut werden

Um die Vorgaben der Klimaziele zu erreichen, seien Investitionen in den öffentlichen Verkehr unvermeidbar – die steigenden Fahrgastzahlen seien grundsätzlich also eine positive Entwicklung, findet auch Christian Kratzer vom VCÖ. Während jedoch beispielsweise in der Schweiz bereits Ende der 1980er vermehrt auf den Ausbau des Schienennetzes gesetzt wurde, habe man diese Entwicklung in Österreich verschlafen. Hier habe der Fokus zu lange auf den Bau von Autobahnen und Schnellstraßen gelegen, „in der Vergangenheit wurde der Nahverkehr von der Verkehrspolitik teilweise stiefmütterlich behandelt“, kritisierte Kratzer im Ö1-Morgenjournal.

Eine S-Bahn statt 850 Pkws

Auch die ÖBB hätten hier zu lax agiert, ihre Forderungen gegenüber der Politik nicht deutlich genug formuliert. Umso mehr komme es jetzt darauf an, entschlossener aufzutreten. So fordert der VCÖ-Sprecher, es müsse bereits heute begonnen werden, „die Schieneninfrastruktur der Zukunft“ zu planen. Das Schienennetz 2040 müsse bereits heute auf der Agenda stehen. In diesem Zusammenhang sieht Kratzer insbesondere beim Ausbau der Schnellbahnstrecken in Wien viel Luft nach oben. „Zwei verbundene S-Bahn-Züge“, erklärt der VCÖ-Sprecher können etwa 850 Pkws ersetzen. Hier sehe er viel „Potenzial, auch um Staus zu vermeiden“.

Laut ÖBB-Sprecher Lechner sind auf der Schnellbahn-Stammstrecke Wiens täglich rund 600.000 Menschen unterwegs, wobei man auch hier noch mit einer Steigerung rechnet. Wie Lechner erklärt, arbeite man derzeit an einer Überarbeitung des Fahrplans, der Fahrplanwechsel soll im Dezember vollzogen werden, hier werde es auch „zusätzliche Angebote für Pendlerinnen und Pendler in der Ostregion geben“. Genaueres könne er derzeit jedoch noch nicht sagen.

ÖBB offen für Diskussion

Längerfristig plane man seitens der ÖBB einen Ausbau der stark befahrenen Südstrecke. Demnach sollen künftig Mödling und Wien mit sechs Gleisen verbunden sein. Vonseiten der ÖBB sei man bereit für die Debatte, Lechner merkt jedoch an, auch Bund und Ländern müssten sich dieser Diskussion stellen.