Gesundheit

Langes Warten auf Krankentransport

Das neue Wiener Rettungs- und Krankentransportgesetz sorgt für Kritik von privaten Fahrtenanbietern, aber auch von Patienten. Laut Patientenanwaltschaft häufen sich Beschwerden über stundenlange Wartezeiten. Die betrauten Rettungsorganisationen seien überlastet, heißt es.

Im April dieses Jahres ist das neue Rettungs- und Krankentransportgesetz in Kraft getreten. Darin wird festgehalten, dass Patienten, die liegend oder in Tragesessel transportiert werden, nur noch von Rettungsorganisationen mit Sanitätern befördert werden dürfen und nicht mehr von privaten Anbietern.

Fahrdienstanbieter GWS ist insolvent

„Genau das hat uns jetzt in den Ruin getrieben“, sagt Walter Stefka, der Geschäftsführer des privaten Krankentransportunternehmens GWS, im Interview mit Radio Wien. 17 Fahrzeuge habe man in Betrieb gehabt und 52 Mitarbeiter – nun musste, wie der „Kurier“ berichtet hat, der Konkurs angemeldet, die Mitarbeiter entlassen werden. „Unser Umsatz ist von einem Tag auf den anderen eingebrochen, im Laufe des Jahres haben wir 70 Prozent Umsatz verloren“, so Stefka.

Fahrtendienst
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In Wien gibt es derzeit sechs anerkannte Rettungsorganisationen, die nun das Hauptgeschäft der Krankentransporte überhaben.

Ist der Patient grundsätzlich gehfähig, die öffentlichen Verkehrsmittel aber nicht zumutbar, dürfen private Anbieter weiterhin aushelfen, so die neue Gesetzeslage. Das sei allerdings zu wenig fürs Geschäft, heißt es auch von anderen Anbietern, wie etwa Hallermobil mit Sitz in der Donaustadt. Auch dort habe es in diesem Jahr erhebliche Gewinneinbrüche gegeben, erzählt der Unternehmenschef, 35 Mitarbeiter mussten gekündigt werden.

Bis zu sieben Stunden Wartezeit auf Transport

Das neue Wiener Rettungs- und Krankentransportgesetz scheint sich aber auch auf die Patienten auszuwirken. Mehrere Stunden Wartezeit für einen Transport zum Arzt oder zu einer Untersuchung ins Krankenhaus sind keine Seltenheit, wie Betroffene berichten. Das bestätigt auch die Wiener Patientenanwältin Sigrid Pilz.

Seit Krankentransporte zu einem großen Teil nur noch von Rettungsorganisationen durchgeführt werden dürfen, hätten die Beschwerden signifikant zugenommen. In einem Fall seien es sogar sieben Stunden Wartezeit gewesen.

Warten auf Krankentransporte

Die Wiener Patientenanwältin Sigrid Pilz bestätigt die Probleme im Interview mit „Wien heute“.

Patienten versäumen Termine

Konkret verzeichnet man bei der Patientanwaltschaft heuer bereits vier Mal so viele Beschwerden, wie im gesamten letzten Jahr. „Es kann nicht sein, und so beschweren sich Patientinnen bei uns, dass man stundenlang wartet auf den Fahrtendienst und dadurch möglicherweise eine Behandlung versäumt. Das ist zum Beispiel bei Dialysepatienten besonders ärgerlich, denn da gibt es nur ein Zeitfenster, in dem sie drankommen“, sagt Pilz im Interview mit Radio Wien.

Die Beschwerden hätten sich in den vergangenen Monaten vermehrt: „Sie haben alle denselben Hintergrund, dass sich die Wartezeiten verlängert haben und dass offensichtlich die Rettungsorganisationen mit der Fülle der Aufträge nicht zurechtkommen.“

Hallermobil Autos am Parkplatz
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Private Fahrtendienstanbieter dürfen seit April keine Liegendtransporte mehr durchführen, da keine Sanitäter im Einsatz sind.

Rücknahme des Gesetzes oder bessere Zusammenarbeit?

Pilz fordert, dass sich hier etwas ändern muss: „Man muss sich abstimmen. Die einen brauchen einen Sanitäter, die anderen haben durch Körperbehinderung oder andere Einschränkungen ein Mobilitätsproblem, und ich ersuche die Organisationen, sich an einen Tisch zu setzen und sich abzustimmen.“

Die privaten Anbieter wollen einen Schritt weitergehen und fordern diesbezüglich die Rücknahme des Gesetzes. Es wird bereits dagegen gerichtlich vorgegangen.

Gesundheitsstadtrat Hacker hält an Gesetz fest

Für das Thema Krankentransporte in der Stadt zuständig ist Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ). Dieser begrüßt auf ORF-Anfrage, den Vorschlag von Patientenanwältin Pilz, einen runden Tisch zu dem Thema einzuberufen. Gleichzeitig betont Hacker, dass die neue gesetzliche Regelung gut sei und daran nicht gerüttelt werden soll.

Im April rechtfertigte Hacker das neue Gesetz im ORF-Interview folgendermaßen: „Wenn es um den Transport von Patienten geht, die umgebettet, umgehoben werden müssen, ist das natürlich eine Tätigkeit, die nicht Taxifahrer machen können. Das müssen qualifizierte Sanitäter machen.“

Rettungsorganisationen begrüßen neues Gesetz

Die sechs anerkannten Wiener Rettungsorganisationen (Arbeiter-Samariter-Bund Wien, Grünes Kreuz Wien, Die Johanniter, Malteser Hospitaldienst, Wiener Rotes Kreuz und SMD – Sozial Medizinischer Dienst Österreich) begrüßten im April die Novellierung des Wiener Rettungs- und Krankentransportgesetzes.

Die Neuregelung sei aus Sicht der gemeinnützigen Rettungsorganisationen ein Meilenstein in der Qualitätssicherung für die Menschen in Wien, hieß es damals. Das Gesetz würde klar regeln, welche Transporte eindeutig eine medizinische Leistung erfordern und somit künftig nur von qualifizierten, anerkannten Organisationen im Rettungs- und Krankentransport durchgeführt werden dürfen.

Gewerkschaft: „Endlich klare Spielregeln“

Zu den Turbulenzen rund um Krankentransporte meldete sich am Dienstag auch die Gewerkschaft Vida zu Wort. In Bezug auf die Millionenpleite der GWS GmbH hieß es in einer schriftlichen Aussendung von Helmut Gruber, dem Wiener Landesvorsitzenden der Gewerkschaft: "Es ist mehr als traurig und beschämend, wenn ein Unternehmen ein Gesetz als Ausrede für sein Versagen her nimmt.“

Der Markt für Patiententransporte in Wien sei groß genug für alle Anbieter. Mit der Gesetzesnovelle zum Wiener Rettungs- und Krankentransportgesetz würden endlich klare Spielregeln am Tisch liegen, so Gruber.