Gericht

Bedingte Haft für Küssel-Vertrauten

Der Oststeirer Franz Radl, der in der Vergangenheit wiederholt in der österreichischen Neonazi-Szene in Erscheinung getreten ist, ist am Donnerstag wegen NS-Wiederbetätigung nicht rechtskräftig zu sechs Monaten bedingter Haft verurteilt worden.

Die Geschworenen im Landesgericht Wien sahen es als erwiesen an, dass er an der neonazistischen Website „alpen-donau.info“ mitgearbeitet hatte. Radl meldete Nichtigkeitsbeschwerde an und berief gegen das Urteil. Zudem wurde er wegen des Verstoßes eines gegen ihn verhängten Waffenverbots verurteilt. Die Staatsanwaltschaft gab keine Erklärung ab.

Taten liegen lange zurück: Strafmilderung

Radl, der bereits vor Jahren zu einer bedingten Freiheitsstrafe verurteilt worden war, erhielt eine Folgestrafe von sechs Monaten. Als strafmildernd rechnete die Richterin an, dass die Taten weit zurückliegen sowie die lange Verfahrensdauer. Einen Freispruch gab es zum Vorwurf, er habe das Schlussplädoyer aus der Verhandlung gegen den mittlerweile verstorbenen Neonazi Gerd Honsik aufgenommen.

Radl nutzte die Urteilsverkündung gleich, um ein weiteres Mal während der Verhandlung gegen das Verbotsgesetz zu protestieren. Es handle sich um eine „nicht zulässige Einschränkung der Meinungsfreiheit“, die auch noch verfassungswidrig sei, meinte er. Die lange Verfahrensdauer widerspreche zudem der Europäischen Menschenrechtskonvention.

E-Mail von Küssel auf PC sichergestellt

Zur Hintergrundgeschichte: Radl soll u. a. von 2009 bis 2011 die neonazistischen Homepage alpen-donau.info betrieben und dabei Texte des Rechtsextremen Gottfried Küssel hochgeladen haben. Radl, der zuletzt 2012 in Graz vor Gericht stand, soll laut Anklage unter Anleitung seines Vertrauten Küssel die inhaltliche Ausrichtung der Homepage redaktionell mitgestaltet haben.

So soll er dazu ein „Grundsatzdokument“, das die nationalsozialistische Ausrichtung der Seite dokumentieren soll, vor dessen Veröffentlichung gegengelesen und redigiert haben. Dazu wurde auf seinem Computer eine E-Mail von Küssel sichergestellt, der ihm den Text bereits zusandte, der eine Vereinbarung mit der tschechischen rechtsextremen Bewegung „Narodni Odpor“ (Nationaler Widerstand) darstellen sollte.

Prozess Franz Radl und Richter im Bild
APA/Hans Punz
Angeklagter Franz Radl, Anwalt Andreas Schweitzer im Prozess wegen NS-Wiederbetätigung

Der Angeklagte gab am Donnerstag zwar zu, derartige Inhalte bekommen zu haben, der Text selbst gehöre aber nicht dazu. Inhaltlich konnte sich Radl auch bei der Verhandlung mit dem Inhalt identifizieren. „Ich halte das für meine menschliche Pflicht, zur Aufhebung der Benes-Dekrete beizutragen“, sagte er in seinem Anfangsstatement und: „Wenn die Frau Staatsanwältin meint, das wäre nationalsozialistisch, dann stellen Sie den Nationalsozialismus positiv dar.“ Auch gegen Ende der Verhandlung sprach er vom „Völkermord an den Sudetendeutschen“ durch „antifaschistische Horden“.

Audiodatei mit positiver NS-Darstellung veröffentlicht

Auf dem PC wurde auch eine Audiodatei gefunden, die von einem Diktiergerät aufgenommen wurde. Darauf ist das Schlussplädoyer aus der Hauptverhandlung gegen den bereits verstorbenen Neonazi Gerd Honsik aus dem Jahr 2009 zu hören. Radl soll laut Staatsanwaltschaft als Prozessbeobachter diese Aufnahme – trotz Verbots – angefertigt haben. Die als „Rede“ bezeichnete Äußerung, in der der Holocaust geleugnet und das Vorgehen der NS-Führung unter Hitler propagandistisch positiv dargestellt wird, wurde auf der Homepage alpen-donau.info veröffentlicht.

Beweis dafür sei laut Ankläger eine E-Mail an einen Gesinnungsgenossen mit der Auskunft, die Datei hochgeladen zu haben. Radl soll auch Recherchetätigkeiten für Honsiks Buch „Schelm und Scheusal Meineid. Macht und Mord auf Wizenthals Wegen“ durchgeführt haben. Bei Hausdurchsuchungen wurden ein Notizbuch Radls mit einer dafür angelegten To-do-Liste sowie eine Ausgabe mit einer handschriftlichen Widmung von Honsik sichergestellt, wo er sich „für die unschätzbare Hilfe“ bei Radl bedankt.

Angeklagter: „Waffen waren vergessene Erbstücke“

Der einzige Punkt, in dem Radl am Donnerstag ein Tatsachengeständnis ablegte, war ein Delikt gegen das gegen ihn ausgesprochene Waffenverbot. Bei der Hausdurchsuchung waren eine russische Schrotflinte und ein Teleskop-Schlagstock gefunden worden, die laut dem Angeklagten Erbstücke gewesen seien, die er schlicht vergessen hatte. „Dahin gehend wird er auch zu verurteilen sein“, meinte Radls Verteidiger, der aber die lange Verfahrensdauer als strafmildernd ansieht.

Bei den weiteren angeklagten Delikten sah Radls Anwalt keine handfesten Beweise. Im Falle des Texts über die Benes-Dekrete sei zudem auch Küssel bereits freigesprochen worden. Anders sah dies die Staatsanwaltschaft und erinnerte an die allgemeine Gesinnung des Angeklagten. Die Verbreitung nationalsozialistischen Gedankenguts sei nämlich etwas, „das in unsere heutige Zeit überhaupt nicht passt“.