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Wirtschaft

Flüchtlingsrückgang führt zu Kündigungen

Die Zahl der neu ankommenden Flüchtlinge ist 2018 auf den tiefsten Stand seit 2011 gesunken. Wegen des geringeren Betreuungsbedarfs schließen Sozialorganisationen in Wien zahlreiche Flüchtlingsheime. Flüchtlingsbetreuer bangen deshalb um ihre Jobs.

Allein im vergangenen Jahr hat der städtische Fonds Soziales Wien (FSW) 18 Flüchtlingsunterkünfte geschlossen, dieses Jahr folgten bereits bis August 13 weitere Einrichtungen. Der Grund: Seit 2016 sinkt die Zahl der Menschen in Grundversorgung in Wien kontinuierlich, zuletzt von 33.500 (2017) auf rund 26.400 (2018). Anspruch auf Grundversorgung haben Geflüchtete bis vier Monate nach dem rechtskräftigen Abschluss ihres Asylverfahrens. Wer Grundversorgung bezieht, kann in weiterer Folge einen Wohnplatz in einer betreuten Einrichtung annehmen.

Schadensbegrenzung beim FSW

Da der Beraterstab beim FSW mit der Zahl der Menschen in Grundversorgung gesetzlich verknüpft ist, bedeuten weniger Asylanträge automatisch weniger Personal: Während der Flüchtlingskrise im Jahr 2015 stellte der FSW 110 neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ein – fast ein Drittel von ihnen wurde inzwischen wieder gekündigt. Wie FSW-Sprecherin Katharina Ebhart-Kubicek betont, habe der FSW „mit allen Betroffenen Gespräche geführt und ihnen Weiterbildungsmöglichkeiten angeboten.“

Die Kündigungen betreffen neben den Postenstreichungen bei der Asylrechtsberatung vor allem die Betreuerinnen und Betreuer direkt in den Flüchtlingsheimen. Die restliche Belegschaft bekam aber neue Aufgaben im Unternehmen: Sie geben jetzt zum Beispiel Deutschkurse für Fortgeschrittene, stehen Flüchtlingen im Rahmen von Integrationsprojekten beratend zur Seite oder helfen bei der Jobsuche.

Auch Caritas baut ab

Ähnlich gestaltet sich die Situation bei der Caritas, die unter anderem eine Servicestelle für den FSW betreibt und deren Einrichtungen von der Stadt gefördert werden. Die Organisation trennte sich allein im vergangenen Jahr von 45 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in Wien – unter ihnen Sozialpädagoginnen und -pädagogen, Dolmetscherinnen und Dolmetscher und administratives Personal.

„Natürlich gab es intern Möglichkeiten, bei der Caritas zu bleiben“, versichert das Pressebüro der Caritas, „aber viele unserer Flüchtlingsunterkünfte haben wir in Absprache mit den zuständigen Behörden wegen der sinkenden Asylantragszahlen schließen müssen.“ Allerdings beruhte die Flüchtlingshilfe der Caritas im Jahr 2015 stark auf dem Engagement „hunderter“ Freiwilliger – diese Menschen seien also gar nicht von Kündigungen betroffen.

Keine „Kündigungswelle“ bei Volkshilfe

Das gilt auch für Diakonie, Volkshilfe und Wiener Hilfswerk. Sie haben 2015 vor allem mit Freiwilligen ausgeholfen. Die angestellten Flüchtlingshelferinnen und Flüchtlingshelfer haben sie eigenen Angaben zufolge in anderen Bereichen weiterbeschäftigen können. Laut Sprecher Martin Binder-Blumenthal sei die Volkshilfe „ein kleiner Player bei Flüchtlingswohnheimen. Die große Kündigungswelle ist also ausgeblieben.“

Auch bei der Diakonie ist es dieses Jahr noch zu keinen Kündigungen in der Flüchtlingsbetreuung gekommen, im vergangenen Jahr mussten sechs Arbeitnehmer ihren Hut nehmen. „Im Vergleich zu anderen Bundesländern gibt es in Wien noch immer genug Bedarf an Flüchtlingsunterkünften“, meint Sprecherin Roberta Rastl-Kircher. Das Wiener Hilfswerk berichtet indessen von gar keinen Kündigungen.